Cäsars Druide
ganz deutlich, daß es ihm gutging. Ich glaube, er lachte über Wanda und mich.
Verucloetius blieb unvermittelt stehen, und ich sah, daß sich hinter wildem Gestrüpp der Eingang einer Höhle verbarg. Verucloetius teilte behutsam die Zweige, die den Zugang zur Höhle schützten. Er ließ die Zweige, die er zur Seite bog, nicht einfach zurückschnellen, nein, er wartete, bis ich den Zweig ergriff und ihm folgte. Selbst in den Zweigen wohnt der Geist der Götter. Es schien mir plötzlich, als hörte ich ein Summen und Plätschern, ich dachte an irgendwelche Stimmen, doch es war das Sprudeln einer Quelle, die neben dem Höhleneingang entsprang und in einen Bach mündete. Aus dem Wasser ragten unförmige, kunstlos geschnitzte Statuen, die in morschen Baumstümpfen steckten. Das Holz war vermodert und blaß. Dieser Ort gehörte den Göttern.
Ich nahm den goldenen Torques unseres Dorfältesten Postulus aus meinem großen Lederbeutel und opferte ihn dort, wo sich das Quellwasser plätschernd mit dem Bach vereinte. Ich spürte wieder die Wärme von Onkel Celtillus, ja, ich hatte sogar diesen penetranten Geruch von Knoblauch und unverdünntem römischem Wein wieder in der Nase. Wir hatten die Anderswelt betreten. Im Gegensatz zu anderen Völkern trennen wir die Welt der Lebenden nicht von der Welt der Toten. Es sind Parallelwelten, die an heiligen Orten fließend ineinander übergehen. Höhlen, Seen und schwarze Quellen dienen als Eingang, aber oft genügt ein Wind, ein Nebel oder der nächtliche Schrei einer Eule, um zu sehen, was dem gewöhnlichen Menschen ein Leben lang verborgen bleibt.
Wir rasteten in einem niedergebrannten Gehöft, das die Bewohner bereits verlassen hatten. Verwilderte Hunde streunten um eine Feuerstelle herum, in der offenbar noch Eßbares schmorte. Ich setzte mich mit Lucia auf einen umgestürzten Pfosten, den die Flammen verschont hatten, und vertrieb mir die Zeit mit der Schleuder. Obwohl ich nicht die weichen, rhythmischen Bewegungen anderer Leute habe, hatte ich es mittlerweile zu einer hohen Zielsicherheit gebracht. Ich traf einen Ast auf hundertfünfzig Pes Entfernung. In der Regel. Irgendwie hatte ich es im Gefühl und war ziemlich stolz, als ich den einen Hund in den Hintern traf. Jaulend rannte er davon und riß gleich das ganze Rudel mit. Mit Pfeil und Bogen konnte ich wesentlich besser umgehen, aber selten bot sich mir die Möglichkeit, mich an beweglichen Zielen zu versuchen.
Seit ich mit Verucloetius den Wald mit der heiligen Quelle betreten hatte, hatten wir nicht mehr miteinander gesprochen. Ich spürte aber verstärkt seine Nähe und glaubte hier und da seine Gedanken zu lesen. Möglicherweise hatte er mich prüfen wollen. Er wollte wissen, ob die Götter mich annahmen und mit mir und zu mir sprachen. Mit der Opferung des goldenen Torques hatte ich bewiesen, daß ich die Stimmen der Götter vernommen hatte. Um Druide zu werden genügte es nicht, die heiligen Verse zu kennen. Es waren die Götter, die sich für einen entscheiden mußten. Denn es lag an ihnen, ob sie durch meine Stimme das Schicksal meines Stammes leiten, ob sie durch meine Hände heilen und ob sie meine Augen für die Geheimnisse des Universums öffnen wollen. Instinktiv griff ich nach dem Amulett, das mir Onkel Celtillus geschenkt hatte. Ich empfand wieder das gleiche Glücksgefühl wie an der heiligen Quelle.
Schweigend ritten wir zurück. Wanda hatte uns schon erwartet. Sie reichte mir ein paar Felle für die Nacht. Sie schaute mich nicht an. Ich ergriff ihre Hand, während die andere das Amulett von Onkel Celtillus berührte. Ich wußte, daß sie jetzt Onkel Celtillus spürte. Sie schien überrascht, ja heiter, und lächelte mich an. »Du bist ein Druide«, sagte sie erstaunt, mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Angst.
Am nächsten Tag führte mich Verucloetius erneut in einen heiligen Wald, der an ein Sumpfgebiet grenzte. Er zeigte mir ein paar jener Pflanzen, über deren Wirkung er mir bereits einiges erzählt hatte.
»Das hier ist die Sumpfpflanze Samolus. Derjenige, der sie pflückt, darf nicht zurückschauen; er muß die Pflanze dort aufbewahren, wo man die Getränke lagert. Vor allem aber muß er den göttlichen Akt mit der linken Hand ausführen.«
Sorgfältig legte er die Pflanze in ein weißes Tuch und führte mich weiter. An einem kleinen Bach setzte er sich hin und wusch sich die Füße. Darauf warf er Brotstückchen ins Bachbett und goß Wein aus einem kleinen Lederschlauch ins Wasser. Er
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