Cäsars Druide
sedecim«, scherzte ein Legionär, was soviel bedeutet wie: Attica macht's für 16 As. Offenbar tauschten sie gerade Berichte von der erotischen Front aus. Als ein Mann aus der Holzbaracke neben der Brücke trat, standen sie sofort stramm, als habe man ihnen ein Pilum durch den Rachen gebohrt. Der Kerl schien ein Offizier zu sein. Er trug einen Muskelpanzer nach griechischem Vorbild, versilberte Beinschienen und einen etruskisch-korinthischen Helm mit Federn. Er erinnerte mich stark an ein gepanzertes Huhn. Merkwürdigerweise roch er aufdringlich nach süßem Blütenstaub. Er fragte mich auf lateinisch, was ich hier wolle. Freundlich antwortete ich in fließendem Latein, daß ich Kontakt zu römischen Händlern suche. Er war offenbar überrascht, daß ich in seiner Sprache sprechen konnte. Auch die anderen Legionäre starrten mich verblüfft an. Anscheinend dachte man in Rom, Barbaren würden lediglich Grunzlaute von sich geben. Irgend etwas in der Art von ›bar-bar‹. Der Offizier gab mir mit einer Handbewegung zu verstehen, ich solle wieder auf die andere Seite des Flusses verschwinden. Ich zückte darauf ein paar Sesterzen, die ich für den Besuch der römischen Provinz zu opfern bereit war, und fragte: »Kann mir jemand das Quartier der Händler zeigen?«
Der Offizier nahm mir die großen Messingmünzen aus der Hand und zeigte links den Fluß hinunter.
»Dort findest du die Hyänen und Aasgeier des römischen Imperiums.« Jetzt sprach er plötzlich Keltisch! Vermutlich war er schon längere Zeit hier stationiert. Die Legionäre grölten vor Lachen und ließen uns passieren. Ich war wirklich enttäuscht. Ich hatte mir römische Soldaten größer und imposanter vorgestellt. Dabei waren sie eher von kleinem Wuchs. Nicht Zwerge, wie die Germanen behaupteten, aber doch erheblich kleiner als Kelten. Und dann diese Waffen und Rüstungen! Irgendwie alles geborgt! Nichts eigenes! Und daß man einen Offizier mit einigen Sesterzen bestechen konnte, enttäuschte mich maßlos. Bei uns Kelten wäre das eine Beleidigung gewesen, die in einem tödlichen Zweikampf geendet hätte. Aber hatte mir der Weinhändler Kretos nicht erzählt, daß in Rom alles käuflich war?
Das Lager der römischen Händler lag abseits der Wohn- und Handwerksviertel. Ich traute meinen Augen kaum. Ich hatte einen kleinen Markt erwartet, aber vor mir breitete sich eine Zeltstadt aus, die doppelt so groß war wie das eigentliche Oppidum! Das halbe Mittelmeer hatte sich vor den Toren dieser eher unbedeutenden Stadt versammelt! Es war unglaublich. Überall hatten die Händler ihre Zelte aufgeschlagen und ihre Waren ausgebreitet: farbige Stoffe, Baumwolle, roh oder verarbeitet, veredelte Häute, Pelze und Felle, Gewänder, Tuniken, Togen, Tücher, Satteldecken, Borten und Gürtel mit Metallbeschlägen, unzählige Töpferwaren, Amphoren in allen Größen und für jeden Zweck, Geschirr aus Campania und natürlich Schmuck aus Gold, Silber, Elfenbein und kostbaren Steinen: Karneol, Jaspis, Chrysopras, Onyx, Sardonyx. Ich kannte nicht alle Namen, aber ein syrischer Händler, der sich Titianos nannte und den iranischen Vornamen Mahes trug, erklärte mir bereitwillig Namen und Verwendungszweck der verschiedenen Steine. »Das ist der Rubin, der Saphir, der Turmalin, der Smaragd, das hier sind Perlen aus Indien und das ist Elfenbein. Dieser Elfenbeinzahn wiegt über 300 Librae, es gehört dem Loxodonta africana, das ist ein riesengroßes, graues Tier, das soviel wiegt wie acht Hengste zusammen.«
Ich schaute Mahes Titianos etwas skeptisch an und befühlte diesen Elfenbeinzahn. »Ich kenne all die Geschichten von Hannibal und seinen Elefanten, aber das ist schon zweihundert Jahre her. Ich frage dich deshalb: Gibt's diese Tiere wirklich, ich meine, hast du jemals so ein Tier gesehen?«
»Natürlich«, schrie Mahes Titianos, »das sind nicht bloß Geschichten! Elefanten sind nicht einfach Riesenpferde mit Riesenzähnen. Elefanten sind Elefanten. Es ist wahr, daß Hannibal mit diesen Tieren über die Alpen gezogen ist.«
Wanda und ich mußten lachen.
»Warst du dabei?« fragte Wanda. Ich schaute sie befremdet an. Es stand ihr nicht zu, sich zu äußern, ohne ausdrücklich dazu aufgefordert worden zu sein. Aber irgendwie benahm sie sich überhaupt nicht mehr wie eine Sklavin, seit wir die römische Provinz betreten hatten.
»Glaubt mir, es ist alles wahr, was ich euch erzähle. Der Loxodonta africana kann bis zu siebzig Jahre alt werden, und man kann ihn ganz
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