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Cäsars Druide

Titel: Cäsars Druide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cueni Claude
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Schritte genähert hatten, sahen wir eine Einheit von syrischen Bogenschützen mit spitzen Helmen. Ihre Kleidung war orientalisch: lange, dunkelgrüne Tuniken, die bis zur Ferse reichten, darüber ein überlanges Kettenhemd mit zackenartigem Abschluß. Sie spannten ihre kurzen Reflexbögen und legten Pfeile auf. Ich reichte dem leitenden Wachposten die Papyrusrolle, die Labienus mir gestern gegeben hatte. Der Posten zog einen Offizier zu Rate, der mich aufmerksam musterte. Dann gab er einem keltischen Reiter den Befehl, uns zur Kanzlei zu bringen. Der Kelte hieß Cuningunullus und war Häduer. Obwohl in römischen Diensten, trug er immer noch die karierte keltische Wollhose, die an den Knöcheln mit einem Lederriemen zugeschnürt war. Auch Schwert und Lanze waren keltisch. Selbst in römischen Diensten war er noch stolz darauf, ein Kelte zu sein, und wenn er unter römischen Standarten gegen Kelten kämpfte, würde er vermutlich als stolzer Kelte kämpfen, wie mein Vater damals in römischen Diensten als stolzer Kelte gekämpft hätte, wenn nicht diese unsägliche Geschichte mit der Muschel gewesen wäre, an der er sich einen Zahn ausgebissen hatte.
    »Ich habe gehört, du bist Druide«, sagte Cuningunullus. Ich nickte. Dieses würdevolle Schweigen war mir mittlerweile zur Gewohnheit geworden.
    »Gibt es ein Kraut, das den Augen hilft, die Berge wieder klar zu sehen?«
    »Nein«, entgegnete ich knapp.
    »Aber die Römer kennen Hunderte von Salben …«, gab er ungeduldig zurück.
    »Die Römer kennen deshalb Hunderte von Salben, weil keine davon etwas taugt.« Cuningunullus grinste übers ganze Gesicht. Offenbar leuchtete ihm meine Antwort ein.
    »Siehst du die Berge hinter einem Schleier, oder siehst du Zwillinge?« fragte ich Cuningunullus.
    »Verschleierte Zwillinge«, brummte der Häduer zögernd.
    »In deinen Augen leuchtet die gelbe Farbe. Es ist nicht das Gelb der Sonne, sondern das Gelb eines stinkenden Eis. Du solltest weniger saufen, Cuningunullus.«
    Der Häduer blickte mich verwirrt an. Offenbar hatte er es nicht für möglich gehalten, daß jemand ihn auf den ersten Blick als notorischen Säufer entlarvte. Er grinste. »Ich werd's versuchen, Druide. Als Dank möchte ich dir dafür einen Rat geben. Ich habe gehört, daß du das Gespräch zwischen der helvetischen Delegation und dem Prokonsul übersetzt hast und daß dich Aulus Hirtius, der Leiter von Cäsars Schreibkanzlei, gerne verpflichten würde. Ich rate dir, dieses Angebot anzunehmen. Unsere Väter konnten bloß als Söldner anheuern. Aber wir können als Auxiliareinheiten in Cäsars Dienste treten. Wir haben immer genug zu essen, wir werden großzügig entlohnt, und nach Abschluß unserer Dienstzeit erhalten wir sogar das römische Bürgerrecht. Deine Nachkommen werden römische Bürger sein! Denk an deine Kinder, und nimm das Angebot an, Druide.«
    »Ich weiß«, gab ich eher gelangweilt zurück, denn es konnte ja nicht sein, daß ein gewöhnlicher Kelte einem Druiden etwas beibringen konnte, »einige Söldner kriegen sogar Muscheln zu essen.«
    Cuningunullus schüttelte unwirsch den Kopf. Es ärgerte ihn, daß er den Sinn meiner Worte nicht verstand.
    »Na ja«, brummte er, »wenn du in Cäsars Dienste trittst, kann dir kein Kelte mehr auf den Kopf scheißen. Seit wir Häduer uns mit Rom verbündet haben, werden wir in ganz Gallien geachtet.«
    Ich schmunzelte und sagte: »Ich denke nicht, daß Cäsar lange hierbleiben wird. Somit wäre meine Anstellung von sehr kurzer Dauer.«
    »Cäsar hat Boten nach Aquileia geschickt. Dort überwintern die siebte, achte und neunte Legion. Das sind achtzehntausend Mann. In einem Gewaltmarsch läßt er sie über die Alpen kommen.«
    Ich versuchte krampfhaft mein Lächeln zu behalten, aber es schien mir einzufrieren und sich zu einem zitronensauren Schmollmund zu verzerren. Somit würde Cäsar in wenigen Wochen bereits vier Legionen haben, also rund vierundzwanzigtausend Legionäre.
    Cuningunullus hielt vor einem großen Offizierszelt und meldete mich bei der Wache an. Ich wurde bereits erwartet. Die Wache schob die linke Zeltplane beiseite und bat mich einzutreten. Es war ein großes Zelt, das auf einem mit Holz verschalten einstufigen Podest ruhte. So hatte man auch bei Regen stets trockene Füße. An den Wänden standen stabile hölzerne Gestelle, in denen Pergamentrollen aufbewahrt wurden. In der Mitte waren vier große Arbeitstische zu einem Viereck angeordnet. Im Hintergrund waren Liegesofas und ein

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