Cäsars Druide
Delegation verließ das Lager.
Labienus trat zu mir und reichte mir zwei Silberdenare. »Komm morgen wieder, zu Beginn der siebten Stunde.« Das war so um die Mittagszeit.
»Braucht ihr morgen einen Dolmetscher?« fragte ich erstaunt, bereits ein Komplott witternd.
»Aulus Hirtius will dich sehen.«
»Aulus Hirtius?«
»Er leitet den Schriftverkehr des Prokonsuls in dessen Schreibkanzlei.«
Labienus reichte mir eine versiegelte Pergamentrolle und schmunzelte. »Das ist für einen Kelten die einzige Möglichkeit, lebend ein römisches Lager zu betreten. Also, trag es bei dir, wenn du morgen vor der Porta praetoria stehst.«
Ich kehrte mit Wanda zu Niger Fabius zurück und erzählte ihm, was ich soeben gesehen und gehört hatte. Ich wollte gerade diesen Aulus Hirtius erwähnen, als der Centurio Silvanus das Zelt betrat. Draußen standen ein paar Legionäre rum.
»Niger Fabius, kaufst du meinen Männern ungemahlenes Korn ab? Jeder hat zwei Librae …«
»Und wieviel seid ihr?« lächelte Niger Fabius.
»Wir sind fünfzehn.«
»Wofür brauchen deine Männer Geld?« lachte Niger Fabius.
»Du wirst es nicht glauben, Niger Fabius, aber damit kaufen sie gebackenes Brot. Sie sind zu faul, um ihre Kornration zu mahlen. Statt Korn zu mahlen, wollen sie auf den Feldern Barbarinnen vögeln.«
Ich muß gestehen, daß ich die derbe Sprache der Legionäre nie gemocht habe. Und für diesen parfümierten Zolloffizier Silvanus hatte ich ohnehin nie etwas übriggehabt. Er hatte mir heute Arbeit verschafft, sicher, aber nicht, um mir zu helfen, sondern um sich beim Lagerpräfekten einzuschmeicheln.
»Silvanus«, sagte ich, »wieso lassen sich die Legionäre auf ein derart schlechtes Tauschgeschäft ein? Ein fertiges Brot kostet soviel wie zwei Tagesrationen Weizen!«
Silvanus winkte ab. »Im Lager ist das Goldfieber ausgebrochen. Alle reden vom Krieg und von der bevorstehenden Beute. Sie haben Kopf und Verstand verloren und beginnen sich zu verschulden. Jeder rechnet mit zwei bis drei Sklaven und einer Handvoll Gold. Jeder sieht sich schon als Crassus im Kettenhemd!«
Die Soldaten, die draußen vor dem Zelt standen, brachten den Weizen in Säcken herein. Niger Fabius bezahlte. Mit einem Teil des Erlöses kaufte Silvanus Reis und Safran. Offenbar hatte ihm das Reisgericht geschmeckt.
»Wo bleiben eigentlich die Legionäre der zehnten Legion?« fragte Niger Fabius. »Die würden in einer Stunde all meine Vorräte aufkaufen.«
Silvanus grinste übers ganze Gesicht.
»Sie bauen am Flußufer einen Damm mit vorgelagertem Graben. Neunzehn Meilen lang und sechzehn Fuß hoch. Von Genava hinüber zum Jura.«
»Das kann ja ein Lebenswerk werden«, spottete ich, bemüht, nicht die Fassung zu verlieren.
»Cäsar hat bereits zusätzliche Männer rekrutieren lassen. Sie roden Bäume und errichten in regelmäßigen Abständen feste Türme.«
»Glaubt Cäsar denn wirklich, daß wir ohne seine Einwilligung den Fluß durchqueren?« Ich war richtig wütend. Dieser schmächtige Zwerg von Prokonsul rüstete unverdrossen zum Krieg, obwohl keiner mit ihm kämpfen wollte.
»Wenn ihr versuchen würdet, den Fluß zu überqueren, würdet ihr Cäsar einen großen Gefallen tun«, grinste ein Legionär, der mechanisch ein Lorbeerblatt zwischen den Zähnen kaute. »Wenn ihr es nicht tut, werden wir uns am Schluß noch als Kelten verkleiden müssen, damit es ein bißchen Krach gibt und die in Rom zusätzliche Legionen bewilligen.«
Am nächsten Morgen saß ich mit Wanda am Ufer und schaute zu, wie ein paar tausend Legionäre unter präziser Anleitung ihrer Centurionen routiniert und diszipliniert einen Graben aushoben. Den Aushub verwendeten sie gleich für den dahinterliegenden Damm. Es grenzte einmal mehr an Zauberei. Ich verstehe, wieso manchmal Händler erzählen, daß Rom die Welt mit dem Spaten erobert. Eine römische Legion besteht nicht aus Individualisten, sondern aus einem gesichtslosen, monumentalen metallenen Bauwerk, das wie eine Lawine durch die Wildnis rollt und alles platt macht, was sich ihm in den Weg stellt.
Der Primipilus hatte sich inzwischen zu uns gesellt, und zusammen kommentierten wir den Fortgang der Arbeiten.
Lucius Speratus gab mir einen freundlichen Klaps auf die Schulter und zeigte dann in die Ferne: »Schau mal Korisios, der Turm steht bereits.«
Es war wirklich unfaßbar. Am Ufer war ein hölzerner Turm mit drei Stockwerken errichtet worden. Eigenartig gekleidete Bogenschützen kletterten flink die Leiter
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