Cäsars Druide
öffentlich keine Sklavin küssen. Aber Niger Fabius war unser väterlicher Freund. Sogar Lucia hatte sich angewöhnt, zu seinen Füßen zu liegen.
»Du hast heute keine Gäste, Niger Fabius?«
»Nein, mein Freund, jetzt haben alle viel zu tun. Fünfzigtausend Legionäre sind im Anmarsch. Das ist kein Heer mehr, das ist eine lebendige Stadt. Und wenn sie länger als einen Monat irgendwo kampieren, findest du im Umkreis von hundert Meilen weder Hirsch noch Hase, weder Korn noch Fisch. Und wenn sie einen weiteren Monat bleiben, schießen rund um das Militärlager herum Häuser, Märkte und Proviantdepots wie Unkraut aus dem Boden. Wenn die Armee weiter zieht, hinterläßt sie eine funktionierende Stadt, die langsam wieder schrumpft. Deshalb, mein junger Freund, habe ich heute keine Gäste.«
Am nächsten Morgen gab ich Wanda Geld, damit sie Lebensmittel und zwei frische Pferde kaufen konnte. Ich bat sie auch, ihr Haar mit einer Vitta, einer roten Wollbinde, zusammenzubinden.
»Wieso, Herr?«
»Dann lassen dich die Römer in Ruhe.«
»Wegen einer roten Wollbinde?«
»Na ja«, entgegnete ich ungeduldig, »nimm Lucia auch mit. Das wird auch ein bißchen nützen.« Ich wollte ihr nicht sagen, daß verheiratete Römerinnen rote Wollbinden tragen.
Als Wanda gegangen war, bat ich Niger Fabius um sauberes Wasser und die Erlaubnis, es selber kochen zu dürfen. Er willigte ungern ein, denn es ist nicht gut, wenn Sklaven sehen, daß Herren solche Arbeiten verrichten. Dennoch ließ mich Niger Fabius gewähren und verscheuchte seine neugierigen Sklaven, damit ich in Ruhe arbeiten konnte.
»Übrigens«, sagte er noch, »Kretos hat nach dir gefragt, er sucht seine beiden Sklaven. Er war ziemlich wütend …«
Ich hatte keine Zeit für Kretos. Ich kaufte bei einem römischen Händler einen Mörser, eine Reibschale mit Ausgießer und einen unbenutzten Trinkschlauch. Dann kehrte ich in das Zelt von Fabius Niger zurück. Mit den vorsichtigen Bewegungen eines Anfängers begann ich ein Kraut nach dem andern mit dem Mörser in der rauhen Schale zu bearbeiten, während vor mir das Wasser kochte. Nur das Bilsenkraut ließ ich ungestampft. Meine Freunde und Verwandten wären stolz auf mich gewesen. Ich hoffte inbrünstig, sie würden irgendwo dabeisein und mir zusehen. Ich konzentrierte mich auf meinen Körper, so, wie es mir Santonix beigebracht hatte, und spürte allmählich die Wärme in meinen Muskeln, ohne daß dabei jedoch die Aufmerksamkeit für die Zubereitung der Mixtur vermindert worden wäre.
Als ich die Kräuter im heißen Wasser aufgekocht hatte, ließ ich den Sud erkalten und füllte ihn dann in einen neuen Trinkschlauch. Am nächsten Morgen wollte ich hinausreiten, Richtung Massilia, und an einem heiligen Ort mit den Göttern in Verbindung treten. Sie sollten mir den Weg weisen. Da ich eine kultische Handlung vorbereitete, durfte ich die Nacht nicht mit Wanda verbringen. Ich wollte es ihr in dem kleinen Zelt, das uns Niger Fabius zur Verfügung gestellt hatte, erklären, doch als ich vor ihr kniete und ihr erklärte, wieso man zwischen der Zubereitung einer geheimen Mixtur und der Anrufung der Götter keiner Frau beiwohnen durfte, strich sie mir verständnisvoll über die Schenkel, bis ich so erregt war, daß sie mich mühelos auf ihr Schlaffell ziehen konnte. Ich muß gestehen, daß mich kein schlechtes Gewissen plagte. Wenn Wanda mich ansah, hing ich wie ein Fisch am Köder, erregt zappelnd und nur noch von dem Wunsch besessen, in sie einzudringen. Jede ihrer Berührungen fesselte mich, und ihre Stimme machte mich heiter und glücklich, wie ein gutgelagerter Falerner. Und wenn das den Göttern nicht paßte, dann hätten sie uns halt anders machen sollen. Gegen Morgen schliefen wir ein, erschöpft und ineinander verschlungen.
Ich ritt alleine südwärts. Lucia hatte ich zu Wandas Schutz zurückgelassen. Wir Kelten haben zahlreiche heilige Orte. Einige sind regelrechte Wallfahrtsorte, die von der ganzen Bevölkerung gekannt, geschätzt und besucht werden, andere wiederum kennen nur die Druiden. Aber im Grunde genommen wohnen die Götter überall. Man spürt sie, wenn man die Wälder betritt. Ich versuchte mich auf den bevorstehenden heiligen Akt zu konzentrieren, aber immer wieder hörte ich Wandas Stimme, roch den Duft ihres Haares, und mir war, als seien meine Hände noch feucht von ihren Schenkeln. Ich weiß nicht, ob ich mit meinen Gedanken die Geduld der Götter auf eine harte Probe stellte, aber Wanda war wie
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