Cäsars Druide
Unwetter!«
Kretos spielte den Betrübten. Dann schaute er scheinheilig zu Wanda rüber und zog die Augenbrauen hoch.
»Kommt überhaupt nicht in Frage!« schrie ich.
»Dann bleibt dir nichts anderes übrig, als dich selbst in die Sklaverei zu verkaufen«, entgegnete Kretos in ähnlich scharfem Ton.
»Bist du von Sinnen, Kretos? Ich soll mich in die Sklaverei verkaufen?«
Kretos hatte sich wieder beruhigt. »Wir befinden uns hier auf römischem Boden. Hier gelten römische Gesetze. Vielleicht findest du einen Silberwechsler, der dir Geld leiht. Aber auch bei ihm wirst du Sicherheiten hinterlegen müssen …«
Er schaute wieder zu Wanda rüber.
»Woher weißt du eigentlich, daß deine beiden Sklaven nicht einfach abgehauen sind? Vielleicht hast du sie schlecht behandelt? Und ich muß dir auch sagen, Kretos, daß die beiden nicht gerade den hellsten Eindruck machten. Vielleicht haben sie den Nachhauseweg nicht gefunden. Wie kommst du überhaupt auf deine achtzehnhundert Sesterzen?«
»Entscheidend ist, was in unserem Vertrag steht, Korisios. Selbst wenn die beiden Dummköpfe nur hundert Sesterzen wert gewesen wären: In unserem Vertrag stehen zweimal neunhundert Sesterzen. Und es spielt auch keine Rolle, ob die beiden abgehauen oder im Fluß ersoffen sind. In unserem Vertrag steht nur, daß du bezahlst, falls sie nicht mehr zurückkommen. Du kannst sie auch suchen gehen …«
»Das werde ich tun«, antwortete ich trotzig. Ich brauchte Bedenkzeit. Kretos warf unseren Vertrag auf den Tisch und setzte sich neben mich auf das Liegesofa. Er legte seinen Arm um meine Schultern. »Junger Freund, wir wollen doch nicht wegen achtzehnhundert Sesterzen streiten, oder?«
»Das meine ich auch«, sagte ich, »aber wenn wir Freunde sind, sollten wir auch nicht davon sprechen, daß ich mich in die Sklaverei verkaufen muß, um meine Schulden zu begleichen.«
»Korisios, du wolltest doch stets ein großer Händler in Massilia werden. Erinnerst du dich noch, wie ich dir die Rendite eines Frachtschiffes erklärt habe? Hm? Erinnerst du dich? Du leihst dir Geld, kaufst sechstausend Amphoren mit Weinkonzentrat, mietest ein Schiff mit Besatzung …«
»Ich weiß, ich weiß«, entgegnete ich abwehrend, »Schiffe haben drei schlechte Angewohnheiten: Sie kentern. Schiffe, die nicht kentern, werden von Piraten überfallen, und Schiffe, die weder kentern noch überfallen werden, werden das Opfer von Stürmen.«
Ich machte das Spiel mit. Vielleicht konnte ich Kretos dadurch etwas nachgiebiger stimmen.
»Und was passiert mit den sechstausend Amphoren, Korisios?«
»Sie gehen unterwegs zu Bruch. Was nicht zu Bruch geht, wird von der Besatzung gesoffen. Und die tausend Amphoren, die für einen Gewinn ausreichen würden, gehen mit dem Schiff verloren.«
»So ist es, Korisios, und du sagtest stets, daß dich diese Risiken reizen würden. Wenn du tatsächlich Händler werden willst, mußt du als erstes lernen, Risiken abzuschätzen und für Verluste einzustehen. Aber du mußt auch lernen, Mißerfolge auszubaden. Ich habe deinem Onkel Celtillus damals versprochen, daß ich aus dir einen Händler machen würde, solltest du jemals nach Massilia kommen. Was du jetzt lernst, Korisios, ist deine erste Lektion. Deshalb bestehe ich darauf, daß du mir die achtzehnhundert Sesterzen bezahlst.«
Jetzt wollte dieser Kretos seine Geldgier auch noch als erzieherische Maßnahme tarnen! Ich habe einfach immer die Tendenz, Menschen viel zu positiv zu bewerten.
»Du hast drei Möglichkeiten, Korisios. Du beschaffst dir Geld bei einem Silberwechsler, du verkaufst mir deine Sklavin, oder du trittst in Cäsars Schreibkanzlei ein und kassierst die Einstellungsprämie von dreihundert Sesterzen.«
Er meinte es tatsächlich ernst. »Was soll ich mit dreihundert Sesterzen?« rief ich verzweifelt.
»Damit bezahlst du die Zinsen«, entgegnete Kretos sachlich. Zinsen! Die Geldgier dieses Kerls war wirklich grenzenlos.
»In Cäsars Schreibkanzlei würde ich dreihundertdreißig Silberdenare …, eintausenddreihundertzwanzig Sesterzen im Jahr verdienen. Davon brauche ich bestimmt sieben- bis achthundert zum Leben. Dann bleiben mir noch sechshundert Sesterzen.«
»In drei Jahren hättest du alles zurückbezahlt.« Kretos war die Ruhe selbst.
»Drei Jahre! Für die beiden dümmsten Sklaven der römischen Republik!«
»Ja«, sagte Kretos, »da hast du recht. Die beiden wollten ursprünglich Händler werden, haben sich verschuldet und mußten sich deshalb in die
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