Cäsars Druide
Latrinendienst einigermaßen gerecht geregelt war. Das ist mit ein Grund, wieso ein Legionär nach Beendigung seiner Dienstzeit kaum Erspartes hatte. Er erhielt zwar seine zweihundertfünfundzwanzig Denare im Jahr, aber davon wurden sechzig Denare für Ernährung und weitere sechzig für Stroh zum Schlafen, Kleidung, Schuh- und Lederzeug, Lagerfeste und Bestattungsverein abgezogen. Somit blieben ihm rund hundert Denare für Bestechungsgelder. Die fünfundsiebzig Denare, die er zu Beginn seiner Dienstzeit als Antrittsgeld kassierte, mußte er ohnehin gleich wieder für Ausrüstung und Bewaffnung ausgeben. Was soll's? Die Armee war wie eine große Mutter, die all ihre Söhne fürsorglich in die Arme schloß. Und Rusticanus war ein angenehmer Mensch. Nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen. Nur der Gedanke an sein Ausscheiden aus der Armee. Aber gegen diese düsteren Gedanken verschrieb er sich allabendlich einen Krug Falerner. Dazu gallische Würstchen mit diesem luftigen, hellen Brot. Er wies mir ein Offizierszelt in der Nähe von Aulus Hirtius' und Gaius Oppius' Unterkunft zu.
Das römische Heerlager zog immer mehr Händler an, und die für den Straßendienst abkommandierte vierte Kohorte hatte alle Hände voll zu tun, diesen Hyänen verständlich zu machen, daß die Zufahrtswege zum Lager für den militärischen Nachschub frei bleiben mußten. Links und rechts dieser Zufahrtsstraßen wuchsen die ersten Holzhütten aus dem Boden: Garküchen, Wirtshäuser und Bordelle. Auch die Konkubinen und unehelichen Kinder der Legionäre hatten mittlerweile das Lager erreicht. Besondere Aufmerksamkeit erregten die eintreffenden Sklavenhändler mit ihren Privatarmeen, die ganz offensichtlich mit den exotischen Rüstungen und skurrilen Waffen ausgerüstet worden waren, die man auf den Schlachtfeldern in Spanien, Nordafrika und im Osten aufgekauft hatte. Sie führten unzählige Wagen mit, die mit schweren Hals- und Beinketten beladen waren.
An freien Tagen oder Nachmittagen ging ich oft mit Wanda und Lucia zum Fluß hinunter. Wir beobachteten, wie die Helvetier ihre Ochsenkarren beluden und sich das dichtbesiedelte Ufer allmählich lichtete. Die Helvetier hatten beschlossen, den gefährlichen und strapaziösen Weg durch die Schluchten zwischen Rhodanus und Jura in Angriff zu nehmen. Auf keinen Fall wollten sie römische Grenzen verletzen und um jeden Preis eine militärische Konfrontation mit Rom verhindern.
Mein Antrittsgeld von fünfundsiebzig Denaren, bzw. dreihundert Sesterzen brachte ich Kretos, der sich sehr über unseren Besuch freute. Er wollte jedoch lediglich neunzig Sesterzen annehmen.
»Man soll eine Ziege, die Milch liefert, nicht schlachten«, lachte er und legte mir einen neuen Vertrag vor. Den Wein, den er mir dazu auftischte, lehnte ich dankend ab. Der Vertrag sah vor, daß ich Kretos viermal jährlich Bericht erstattete. Es sollten keine Spionage-, sondern Marktberichte sein. Was wird wo zu welchem Preis verkauft? Welche Waren sind zu welcher Jahreszeit knapp und begehrt? Für diese Arbeit, die ich exklusiv für ihn verrichten sollte, würden sich meine Schulden jedes Jahr um dreihundert Sesterzen verringern. Das bedeutete, daß ich mich im besten Fall nach sechs Jahren von Kretos freigekauft hatte. Ich hatte Schlimmeres erwartet. Offenbar wollte Kretos lediglich einen Vertrauensmann in Cäsars Heer. Wir verabredeten, daß ich alle Briefe an sein Handelshaus in Massilia richten sollte. Wichtig war auch, in allen Briefen Ort und Zeit genau festzuhalten. Nachdem ich den Vertrag unterschrieben hatte, zerriß er vor meinen Augen den alten und bot mir nochmals Wein an. Doch ich lehnte ab. Ich wollte allein sein, mit Wanda und Lucia.
Wir gingen in einen nahen Wald und machten es uns auf einer Lichtung mit trockenem Moos bequem. Über unseren Köpfen wuchsen wilde Beeren. Wir schäkerten und fütterten uns gegenseitig mit sauren Beeren.
»Du hättest mich gescheiter verkauft«, lachte Wanda, »ich werde dir nämlich nichts als Ärger bereiten. Hast du dem alten Divico selber erzählt.«
»Kretos verdient eine größere Strafe«, lachte ich.
»Vielleicht wäre es an der Zeit, deine Götter zu wechseln«, neckte sie mich. »Das meiste Geld, das dir Celtillus gegeben hat, hast du im Fluß verloren.«
»Was heißt hier verloren? Die Götter haben sich bei mir bedient. Und kein Kelte würde es wagen, auch nur eine einzige Sesterze aus einem Fluß zu fischen. Ich schwör dir, Wanda, du hättest das ganze himmlische
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