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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
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warm.
    „Wann hat das wieder angefangen?“ Die Worte kämpften sich durch den Schleier zu Ariel durch.
    Er wusste nicht, ob seine Stimme noch da war, um sprechen zu können. Als er den Mund öffnete, klang sie rau und fremd, gebrochen. „Kurz nach Rom.“
    „Verdammter Mist.“
      Nicht mehr sein. Einfach nicht mehr sein, nichts mehr sein und nichts mehr fühlen. Einfach davontreiben, sich von allem lösen. Kein Ausweg. Es gab keinen anderen Ausweg. Der Weg nach vorn war schwarz.
    „Ariel.“
    Er blinzelte, versuchte, Deans G esicht zu fixieren. Das grüne Leuchten wohnte in diesen Augen.
    „Sag es mir. Was ist wirklich los?“
    Ariel fand langsam wieder in seinen Körper zurück. Nahm wieder Konturen, wieder Form an. Die Kraftlosigkeit blieb. „Ich kann nicht mehr malen.“
    Dean sagte nichts darauf. Er sah ihn nur an.
    „Was, wenn ich es für immer verloren habe?“
    Dean seufzte und sah weg. Ein langes Schweigen folgte, bis er die Lippen wieder öffnete. „Du willst sie wiederhaben.“
    Ariel schluckte, während ihn unwillkürlich ein Lebenshauch durchzuckte. Vida. Muse der Musen. Sie war das Schönste gewesen, das ihm je widerfahren war. Hoffnung keimte auf. „Ich weiß, das kann ich nicht von dir verlangen. Aber wenn ...“ Er sah den anderen an. „Lass mich sie malen, Dean. Wenn ich sie nur wieder malen kann ...“
    Dean schwieg für einen unerträglich langen Moment. In seinem Inneren ging sichtlich ein Kampf vonstatten. Schließlich jedoch nickte er. „Also gut.“
    Ariel schloss die Augen und atmete tief, erleichtert durch.

    * * *
     
    Hinter der Bühne im Kaleidoskop herrschte große Aufregung. In der schmalen, grauen Garderobe zog Jeudi schon zum vierten Mal ihre kirschroten Lippen nach. Sie stupste mit ihren Fingern die schwarzgetuschten Wimpern nach oben, wobei sie starr in ihr Spiegelbild stierte. Es roch nach Puder und allerlei Make-up-Produkten. Hier gab es keine Maskenbildnerin.
    „Verdammt noch mal!“ Caspar trat gegen den Mülleimer, der polternd umkippte und Berge zerknüllter Schminktücher und leerer Zigarettenschachteln auf dem Boden verstreute.
    „Das kannst du gleich wieder aufsammeln“, bemerkte Anders streng, der mit den Fingern seit Minuten monoton auf dem Garderobentisch trommelte. Alle Augenblicke beäugte er die große, schwarz gestrichene Kuckucksuhr über ihm.
    „Scheiße, Scheiße, Scheiße“, fluchte Kristians vor sich hin, während er rastlos hin- und hertigerte, nicht einen Augenblick stillstehend.
    „Was machen wir bloß?“, stellte Toblerone schließlich betreten die Frage, die über dem Raum schwebte. Noch neun Minuten bis Vorstellungsbeginn, und Monroe war nicht in Sicht.
    Kristians hielt inne und starrte ihn an. „Was sollen wir schon machen?“, schnauzte er wütend. „Dann ziehen wir’s eben ohne ihn durch!“ Abfällig schnaubend fügte er hinzu, „Wird eh keinem auffallen.“
    Jeudi gab einen halb lachenden Entrüstungslaut von sich. „You wish! Tout le monde wants his Majesty.“
    „So selten, wie der in letzter Zeit das Wort ergreift, könnte er auch bald ganz wegbleiben“, knurrte Caspar.
    „Was ist bloß los mit ihm?“, wunderte sich Toblerone.
    Anders hatte mit dem Trommeln aufgehört und starrte jetzt nur noch auf die Uhr. „Vielleicht sollten wir ihn einfach mal fragen“, schlug er ironisch vor.
    „Ja klar.“ Caspar lachte und rollte die Augen. „Du, Dean“, flötete er unschuldig. „Wo drückt denn das Spitzenschühchen?“
    „No doubt he'll pour out his little heart to you, mon coeur.“
    Toblerone nickte andächtig. „Und wir werden alle weinen und uns an den Händen halten.“
    „Mir schießt schon jetzt die Träne waagerecht aus dem Auge.“
    Anders beteiligte sich nicht an dem Geplänkel, doch er sah zutiefst verärgert aus. „Sollen wir es ankündigen?“
    „Wir sagen kein Wort , ist das klar?“, fauchte Kristians.
    „Tatsächlich? Dann wird das ja eine ziemlich lahme Vorstellung heute Abend“, kam es trocken von der Tür.
    „Dean!“
    „Wo zum Teufel hast du gesteckt?“
    „Wir dachten, wir müssten ohne dich auftreten!“
    „Und euch ging mächtig die Muffe.“
    „Verdammt noch mal, was denkst du dir eigentlich? Es ist sieben vor acht!“
    Gelassen setzte sich Monroe vor den großen Spiegel und zog die Jacke aus. „Regt euch ab.“
    „Du hast da noch ...“ Jeudi drehte sein Gesicht zum Licht, was er widerwillig zuließ. Sie pflückte einen Wattebausch aus dem Behälter, tauchte ihn leicht in Creme und

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