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Café der Nacht (German Edition)

Café der Nacht (German Edition)

Titel: Café der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Julieva
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Geschichte. Sie hat mich traurig gemacht.“ Er sah ins Leere, als ob ihm Bilder seiner Kindheit durch den Sinn zögen. „Aber sie gab mir auch das Gefühl, du wärst ein Fixpunkt, etwas, das immer gleich bleibt, egal, in welchem Land wir gerade lebten.“ Er lächelte leicht. „So etwas, wie ein Zuhause.“
    Sie drückte zärtlich seine Hand. „Wir haben so viel nachzuholen. So viele Jahre.“
    „Ich weiß nicht, ob wir das können“, bemerkte er ernst.
    „Wir können es versuchen“, meinte sie leise.
    Ariel lächelte leicht. Dela sah hinaus. Draußen drückte der Herbstwind gegen die Fensterscheiben, die Lichter der Nachbarhäuser leuchteten unerschrocken in die schwarze Nacht. Siebetrachtete ihn kurz, ihren Sohn, der in einer völlig anderen Welt aufgewachsen war. Ariel und sie waren zwei Leben, die keine Berührungspunkte hatten. Nichts, an das man anknüpfen konnte. Und doch empfand sie wie eine Mutter, die bei ihm gewesen war und ihn geliebt hatte vom allerersten Moment an.
    „Hast du es bereut?“, fragte er schließlich.
    „Jeden Tag. Jeden einzelnen Tag.“
    „Es war die richtige Entscheidung, Dela. Sie haben mich geliebt. Es hat mir an nichts gefehlt.“
    Dela lag eine Antwort auf der Zunge, doch sie schwieg. Nicht genug, hatte sie sagen wollen. Nicht genug, um dir beizubringen, dass die Welt hinter den Toren eines bewachten Diplomatenanwesens keine feindliche ist. Nicht genug, um Vertrauen zu haben. Nicht nur zwischen Ariel und ihr, zwischen Ariel und der ganzen Welt stand eine unsichtbare Wand. Hätte sie nur gewusst, welches Zauberwort sie zum Einsturz bringen könnte.
    „Ariel, wenn du mir von Vida erzählst, bist du mir so viel näher, und ich weiß nicht, warum das so ist“, meinte sie schließlich versonnen.
    Er lächelte leicht. „Ich denke, ich weiß es. Du erinnerst mich an sie.“
    Schmunzelnd drückte sie seine Hand. „Nun, das nehme ich als Kompliment.“
    „Das ist es auch.“
    „Ihr beide – das ist nun schon Jahre her und sie fehlt dir immer noch so sehr? Du hast sie wohl sehr geliebt.“
    Ariel nickte, wieder diesen abwesenden Ausdruck in den schönen, blauen Augen. „Niemanden so wie sie. Niemals.“
    „Ariel ...“ Dela zögerte, bevor sie behutsam fortfuhr, „dir ist doch klar, dass Vida ... nun, dass sie nicht wirklich real ist?“
    „Für mich ist sie das“, erwiderte er ernst.
    „Ich verstehe. Doch gestatte mir eine Frage: Hast du dir jemals überlegt, wie es sich für Dean angefühlt haben muss? Jemanden zu lieben, der alleine eine Maske liebte, die er trug? Was das für ihn bedeutet hat?“
    Ariel blickte sie nachdenklich an. „Aber so war es nicht. Vida ist doch nicht nur eine Maske. Sie ist Deans Seele .“
    „Ach, Liebes.“ Dela lächelte sorgenvoll, während sie ihm und sich noch etwas Wein nachschenkte. „Niemand kann sagen, wer wir wirklich sind, außer uns selbst.“

Abruptes Ende
     
    Ganz München schien geschlossen von Ariel begeistert zu sein. Dem zurückhaltenden Maler jedoch schien der Trubel um seine Person rasch zu viel zu werden. Dela begann daraufhin, ihn von Presse und Öffentlichkeit abzuschirmen. Trotzdem erwischte Maxim einmal einen Journalisten, der sich frech in die Mansarde hinauf geschlichen hatte. Ariel war zu höflich, um ihn hinauszuschmeißen, was Maxim dafür mit Freuden übernahm.
    Ariel wirkte zunehmend erschöpft und ausgelaugt. Manchmal lag er den ganzen Tag auf dem durchgesessenen Sofa im Atelier und blickte einfach ins Leere. Auf Maxims Nachfrage be hauptete er jedes Mal freundlich , es ginge ihm gut. Der Meinung war Dela ganz und gar nicht. Sie verbrachte so viel Zeit unter dem Dach bei ihrem Sohn, wie sie sich freinehmen konnte.
    „Irgendwas ist mit ihm los“, hörte Maxim sie beunruhigt zu Rufus sagen. „Ich kann sehen, dass er leidet. Aber er lässt mich nicht an sich heran. Ich weiß nicht, was ich tun kann.“
    „Vielleicht braucht er einfach ein bisschen Ruhe nach der ganzen Plackerei. Jetzt mach dir mal keine Sorgen.“
    Doch Maxim war derjenige, der eines Mittags mit Schrecken erfahren musste, dass Delas Sorgen alles andere als unbegründet waren. Das Geschirr klirrte leise auf seinem Tablett, als er erschrocken im Türrahmen stehen blieb. In einer Ecke kauerte Ariel völlig apathisch am Boden, die Augen starr auf etwas gerichtet, das nur er zu sehen schien. Er war in einem furchtbaren Zustand. Schweiß glänzte über seiner Oberlippe, auf der Stirn, sein Hemd war klitschnass geschwitzt. Die Fingerkuppen

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