Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
irgendwo in den Eingeweiden des Bootes gefangenhielt. Der Schurke kannte wahrscheinlich die Matrosen, und Manilius wollte jetzt selber Caius verhören.
„Ich muß mich an Deck schleichen und unbedingt versuchen dahinterzukommen." Es war ein gewagtes Unternehmen, und deswegen schaute er sich vorsichtshalber die Barke genau an. Niemand war zu sehen, nur ein einsamer Matrose saß am Steuer und schlief. Aus den Bullaugen der Kabine fiel ein trüber Lichtschein auf die Laufplanken. Der Fluß plätscherte glucksend an die Barke. In der Mitte des Tibers, fast parallel zur Barke, lag die Trireme vor Anker, das römische Kriegsschiff mit den drei Stockwerken für die Reihen von Ruderbänken der Galeerensklaven. Es war das Patrouillenboot, das die Jungen am frühen Morgen flußabwärts hatten rudern sehen.
„Im Notfall kann ich dort hinüberschwimmen", überlegte Mucius sich. Die ägyptische Barke, die kleiner war als die Trireme, hatte in ihrem Innern nur eine Reihe von Ruderbänken. Auf ihrem Vorderdeck ragte ein kurzer Segelmast hoch. Ungefähr eine Armlänge unterhalb der Spitze hing ein Aussichtskorb. Vor dem Mast stand eine große, in Leinwand gehüllte Kiste. „Was mag wohl in der Kiste sein?" wunderte Mucius sich. Aber er hatte Wichtigeres zu tun, als sich darum zu kümmern. Er wartete auch nicht länger, sondern huschte geduckt über den freien Platz zwischen Callons Hütte und der Barke, schwang sich über das Geländer und kroch auf dem Bauch wie eine Schlange zur Kabine. Unter den Bullaugen blieb er flach ausgestreckt liegen, um nicht vom Lichtschein getroffen zu werden.
Zwei Männer unterhielten sich miteinander in der Kabine. Der eine war Manilius, der andere ein Ägypter. „Ammon!" hörte Mucius den Stadtpräfekten ausrufen. „Wir müssen weg! Pollino ist verhaftet worden!"
„Bei Isis und Osiris!" stöhnte der Mann, den Manilius mit Ammon angeredet hatte. „Woher weißt du das?"
„Gaufrus, ein Hauptmann der Landpolizei, der mir treu ergeben ist, hat mich soeben rechtzeitig gewarnt", sagte Manilius. „Sollte Pollino uns verraten, sind wir erledigt. Wenn wir sofort absegeln, können wir noch Alexandria erreichen, bevor sie uns erwischen. Dann tauchen wir wie geplant in Äthiopien unter. Der mächtige Arm Roms reicht dort sowieso nicht mehr hin."
„Jaja, Lucius, alter Freund, wir fahren sofort ab. Ich bin als Kapitän ja auch für meine Mannschaft verantwortlich", erwiderte der Kapitän. „Aber ich kann es noch immer nicht fassen: Wer hat es gewagt, Pollino zu verhaften?"
„Der Senator Vinicius. Es geschah auf seinen Befehl", erzählte Manilius. „Zwölf Kohorten von Prätorianern haben Pollino und seine Leibwache bei Veii, nicht weit vor den Toren Roms, gefangengenommen. Nur Vinicius hatte das Recht, den Feldherrn Pollino verhaften zu lassen. Er ist Prokonsul und vertritt den Emperor. Der Emperor ist auf Capri und hat Vinicius völlig freie Hand gelassen. Jetzt weiß ich auch, wer der berühmte Senator ist, den Pollino so rasch wie möglich beseitigen lassen wollte: Vinicius, selbstverständlich. Er muß irgendwie hinter Pollinos Geheimnis gekommen sein und dem Emperor davon erzählt haben."
„Jetzt verstehe ich, warum sie Vinicius ermorden wollten", dachte Mucius sich. „Aber was mag das für ein gefährliches Geheimnis sein?"
„Dieser Exgladiator Gorgon war ja leider nicht fähig, den Boten Udo mit dem Brief zu finden", fuhr Manilius fort. Mucius frohlockte innerlich. „Das haben wir euch fein versalzen, was?"
Dummerweise sagte der Stadtpräfekt kein Wort von Caius. Der Kapitän befahl irgend jemand etwas auf ägyptisch, eine Sprache, die Mucius nicht verstand; gleich darauf schoß ein Matrose zur Kabine heraus, lief zum Hinterschiff und verschwand in einer Luke.
Mucius harrte trotzdem entschlossen aus. Er hätte lieber gleich ausrücken sollen, aber er hoffte immer noch, etwas über Caius zu hören.
„Wir müssen also auf alle erträumten Reichtümer verzichten, die Pollino uns versprochen hat, Lucius?" fragte der Kapitän Ammon.
„Was nützt dir alles Gold in dieser Welt, wenn du hier in Rom auf Lebenszeit im Kerker schmachtest", erwiderte Manilius grimmig auflachend.
„Was soll mit Zerberus werden ?" fragte der Kapitän. „Ich kann ihn unmöglich mit nach Ägypten schleppen."
„Wir haben jetzt keine Zeit mehr, ihn uns vom Halse zu schaffen", sagte Manilius. „Wir werden ihn auf hoher See über Bord werfen."
„Zerberus -? " wunderte Mucius sich. „Was, bei Jupiter, hat
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