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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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von dem Bären und dem Käfig erzählt hat, wälze ich diese Geschichte unentwegt in meinem Kopf herum." „Du sprichst von dem braven Sklaven, der meinen Sohn aus den Katakomben befreit hat, Meister Xanthos, nicht wahr?" „Ich spreche von dem Bären und dem Käfig", knurrte Xantippus.

    „Ich höre zum erstenmal von einem Bären in einem Käfig", sagte Vinicius. „Was ist damit?" „Weiter nichts, als daß die hunderttausend Goldstücke in dem Käfig versteckt sind", sagte Xantippus.
    „Was?" stammelte Vinicius. „Wie . . . wieso?"
    „Der Käfig hat einen doppelten Boden, und in dem Zwischenraum befinden sich die zehn Millionen Sesterzen", fuhr Xantippus fort. „Der wilde Bär ist nur da, damit sich niemand in den Käfig hineintraut."
    Vinicius riß die Augen auf. „Wie kommst du darauf, daß das Gold in dem Käfig ist?" Er zögerte noch immer, an ein Wunder zu glauben.
    „Ich hab' schon erklärt, daß ich es mir ausgerechnet habe", brummte Xantippus. „Ich stellte mir ein paar Fragen und jonglierte mit ein paar Zahlen. Udo war in Germanien dabei, als vierundzwanzig Legionäre den Käfig mit dem Bären auf einen Wagen hoben. Es waren zwölf Zugochsen davorgespannt."
    „Ich hab' gleich gesagt, es ist kein Bär, sondern ein Mammut!" rief Antonius.
    „Schweig!" befahl Xantippus. „Ich verbitte mir jegliche Unterbrechung! Die Frage Nummer eins, die ich mir stellte, war die: Was wiegt wohl ein Bär?" fuhr Xantippus fort. „Antwort: Ein ausgewachsener Braunbär wiegt nicht mehr als vierhundert Pfund. Frage Nummer zwei: Was wiegt ein Käfig? Antwort: Er wiegt allerhöchstens zweihundert Pfund. Gut. Das sind zusammen sechshundert Pfund. Frage drei: Wie viele Legionäre braucht man, um sechshundert Pfund auf einen Wagen zu heben ? Antwort: Sechs. Jeder Legionär, der seinen Preis wert ist, ist fähig, hundert Pfund zu heben. Frage Nummer vier: Wie viele Zugochsen sind nötig, um einen Wagen mit einer Last von sechshundert Pfund zu ziehen ? Genau vier. Frage Nummer fünf: Warum, bei Pluto, Poseidon und den Erinnyen, mußten dann vierundzwanzig Legionäre den Bären und den Käfig auf den Wagen heben ? Und warum, bei Isis und Osiris, waren zwölf Zugochsen vorgespannt ? Dafür gibt es nur eine einzige Erklärung: Der Bär und der Käfig wogen nicht sechshundert, sondern dreitausendeinhundert Pfund!"
    Vinicius und alle anderen hatten Xantippus mit wachsendem Erstaunen zugehört.
    Vinicius war jedoch verwirrt und erlaubte sich, Xantippus zu unterbrechen. „Dreitausendeinhundert Pfund, sagst du, Meister Xanthos? Wie willst du diesen Gewichtsunterschied erklären?"
    „Ich bin gerade dabei", brummte Xantippus. „Denn jetzt kommen erst meine Zahlen. A: Ein Goldstück wiegt den vierzigsten Teil eines Pfundes. B: Folglich wiegen hunderttausend Goldstücke..." „Zweitausendfünfhundert!" rief Vinicius, wie vom Donner gerührt.
    „Ausgezeichnet, Senator! Du bist ein guter Rechner", sagte Xantippus anerkennend.„Mit dem Käfig sind es also zweitausendsiebenhundert Pfund", fuhr er fort. „Nach den Gesetzen der Logik und der mathematischen Beweisführung ist dies die unwiderlegliche Schlußfolgerung: Pollino hat das Gold in dem Käfig versteckt und wegschaffen lassen."
    „Jupiter!" stieß Vinicius hervor. „Meister Xanthos, mir fehlen die Worte, um dir zu danken!"
    Claudia, die vor Aufregung kaum zu atmen gewagt hatte, stürzte zu ihrem Vater hin. „Oh, Vater! Vater! Meister Xanthos hat uns das Leben gerettet", schluchzte sie. Sie weinte wieder, aber diesmal vor Freude.
    Caius grinste vor Glück und Erleichterung über das ganze Gesicht.
    Auch Veranus, der Tribun, freute sich. Er war mit Vinicius eng befreundet und hatte nur schweren Herzens dem Befehl des Emperors gehorcht, den Senator, Claudia und Caius zu verhaften.
    „Endlich verstehe ich auch, was Pollino gemeint hat", rief der Centurio Turnus. „Als Pollino am Boden lag, beugte ich mich über ihn und drohte ihm:,Gestehe, wo das Gold ist, du Verräter!' ,Es ist hinter Gittern', röchelte er. Das waren seine letzten Worte. Jetzt weiß ich, die Gitter sind die Käfigstangen."
    Vinicius wurde plötzlich unsicher. „Aber wo ist der Käfig, Meister Xanthos ?" fragte er besorgt.
    „Auch das hat Udo erzählt", sagte Xantippus, wohlgefällig seinen Spitzbart zupfend. „Der Käfig mit dem Bären ist im Zoologischen Garten hier in Rom, im Park Sallustiani. Warum Pollino das Gold dorthin hat schaffen lassen, weiß ich nicht; ich weiß nur, daß der Bär es wie der

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