Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
ihr habt nur vierhundertfünfzig für ihn bezahlt ?" „Die Preise sind seit gestern raufgegangen", sagte Julius, unschuldig wie ein Lamm dreinblickend. „Aber nein!" sagte Xantippus. „Meine Preise sind leider auch inzwischen gestiegen."
„Deine Preise? Wieso?" stotterte Julius.
„Gebt mir eine Wachstafel und einen Griffel!" sagte Xantippus.
Tiro eilte nach nebenan und brachte die Wachstafel und den Griffel.
Xantippus kritzelte wieder eine Reihe von Zahlen untereinander. „Sehr richtig, meine Preise", sagte er. „Ihr schuldet mir nämlich eine Masse Geld", fügte er mit einem Schimmer eines Lächelns hinzu. Dann las er vor: „A: Ich habe hundertzwanzig Sesterzen für einen Eimer mit Honig ausgelegt. B: Sieben Sesterzen für einen neuen Stuhl, weil Caius den alten umgeschmissen und zerbrochen hat. C: Fünfunddreißig Sesterzen für eine neue Bettdecke. Antonius hat das Schwert aufs Bett geschleudert und ein Loch hineingerissen. D: Kost und Logis für einen ausgehungerten jungen Sklaven. Ich rechne euch anstandshalber nur fünfzig Sesterzen dafür an." Die Gesichter der Jungen wurden noch länger als Xantippus' Preisliste.
„E: Zweihundertfünfzig Sesterzen für meinen besten Olivenbaum, den ein Löwe durch heftiges Kratzen völlig ruiniert hat. Da kommt ihr noch billig weg."
„Aber Ramses hat doch ganz stumpfe Krallen", unterbrach Antonius ihn empört.
„Das ist es eben; er hat so lange gekratzt, bis sie wieder scharf geworden sind", sagte Xantippus. „Und jetzt unterbrich mich gefälligst nicht mehr! F: Zwanzig Sesterzen für eine neue Wäscheleine; die alte ist in zwei Teile zerschnitten. G: Große Hammelkeule für einen noch größeren Löwen: Zehn Sesterzen. Und H: Zwei Asse für Abnutzung eines Stückes bester Kreide zum Aufschreiben von Namen auf eine Wandtafel."
„Bei Hades, was für Preise!" stöhnte Julius.
„Ruhe!" knurrte Xantippus, scheinbar ungerührt. „Das alles zusammen macht fünfhundertundfünf Sesterzen und zwei Asse. Ihr wollt fünfhundert Sesterzen für Udo haben, gut, demnach schuldet ihr mir also noch fünf Sesterzen und zwei Asse." Xantippus brach ab und blickte seine Schüler an, ohne eine Miene zu verziehen.
„Wir hatten noch fünf Sesterzen für eine neue Tunika für Udo spendiert", rief Publius triumphierend. „Wir schulden dir also nur zwei Asse."
„Her damit!" sagte Xantippus.
Firo hatte belustigt zugehört. „Ich glaube, auch das ist nicht nötig", sagte er. „Mein Herr wird mit dem größten Vergnügen die entstandenen Unkosten tragen."
Xantippus lachte plötzlich. „Er soll den Jungen ihr Geld wiedergeben", sagte er. „Ich begnüge mich mit den zwei Assen. Was Udo betrifft, ich habe nicht die Absicht, ihn zu behalten. Ich werde morgen die Gebühr für seine Freilassung aus der Sklaverei bezahlen, so daß er als freier Mann in seine Heimat Gallien zurückkehren kann. Deswegen hab' ich ihn mitgebracht; er möchte sich gerne von euch verabschieden. Udo!" rief er. „Komm bitte herein!"
Udo kam herein und verneigte sich höflich vor Claudia. Er nickte den Jungen lächelnd zu. „Die Götter mögen euch auch weiterhin hold sein", sagte er.
Caius ging zu ihm und legte ihm beide Hände kameradschaftlich auf die Schultern. „Ich danke dir, daß du mir das Leben gerettet hast!" sagte er.
„Aha!" murmelte Xantippus, befriedigt schmunzelnd. „Caius ist noch ein Licht aufgegangen!"
Caius in der Klemme
1. Kapitel
Caius schwänzt die Schule
Xantippus war noch schlechter gelaunt als sonst. Das bedeutete nichts Gutes, ahnten seine Schüler. Er hatte ihnen eine Stunde lang die Geschichte von Karthago eingetrichtert, mehr, als sie eigentlich von den alten Karthagern jemals wissen wollten; von Hanno und Hannibal; von Hamilkar und Hasdrubal und von Scipio und den Punischen Kriegen. Plötzlich rollte er den Papyrus zusammen, aus dem er ihnen vorgelesen hatte, und starrte sie böse an, als ob sie eine Horde von Barbaren seien, die gerade ganz Rom in Brand gesteckt hatten.
»Wollt ihr mir bitte erklären«, polterte er los, »warum euer Freund Caius heute nicht in die Schule gekommen ist? Diese beispiellose Disziplinlosigkeit übersteigt einfach alle Grenzen. Aber wehe ihm: den Säumigen trifft die gerechte Strafe.«
Die Jungen atmeten erleichtert auf. Es war doch nicht ihre Schuld, daß Caius die Schule schwänzte. Xantippus warf sie mal wieder alle in einen Topf. Sie wünschten jetzt, er wäre nie aus Griechenland nach Rom übergesiedelt, um hier seine teure
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