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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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wunderschöne Elfenbeinpuppe geschenkt. Sie muß sehr teuer gewesen sein, und dabei sind doch seine Eltern gar nicht reich."
    „Rufus ist es doch gewesen", sagte Mucius. Claudia starrte ihn mit großen, runden Augen erschrocken an. „Caius hat Rufus' Vater beleidigt", fuhr Mucius fort, „und sie haben sich gestern abend in der Schule geprügelt." „Rufus hat auch schon gestern ,Caius ist ein Dummkopf' auf eine Schreibtafel geschrieben", fügte Julius hinzu. „Und er hat sie sogar an die Wand gehängt", sagte Flavius. „Worauf Xantippus ihn auch prompt hinausgeworfen hat", warf Publius grinsend ein.
    Claudia schaute entsetzt von einem zum andern. „Aus der Schule hinausgeworfen?" rief sie außer sich. Die Jungen wußten, daß sie Rufus sehr gern hatte, und daher sagte Mucius rasch: „Es ist nicht so schlimm. Xantippus hat ihm verziehen."
    Claudia freute sich. „Oh, das ist fein", sagte sie. Aber plötzlich wurde sie traurig und murmelte: „Mein Vater ist sehr böse." „Hat er sehr geschimpft?" fragte Flavius. Claudia blickte etwas verlegen drein und sagte: „Ich bin euch nachgelaufen, weil ich dachte, Rufus sei bei euch. Ich wollte ihn warnen." „Warum?" fragte Mucius ungeduldig. „Das war so", fuhr Claudia fort. „Mein Vater hat Caius nicht geglaubt, deswegen hat er die beiden Polizisten holen lassen, die nachts herumgehen und aufpassen, und er hat ihnen die Schrift an der Tempelwand gezeigt und sie gefragt, ob sie etwas darüber wüßten. Sie waren sehr erstaunt. ,Wir haben heute nacht nichts davon gesehen', hat der eine gesagt. ,Wieso?' hat mein Vater gefragt. ,Es hat nichts drangestanden', hat der Polizist gesagt. ,Wir haben eine ganze Weile direkt vor der Tempelwand gesessen. Wir bekommen nämlich nachts immer Hunger, und dann essen wir Brot und ein paar Feigen und trinken etwas Wein dazu. Es war heller Mondschein; wir hätten die Schrift unbedingt sehen müssen, wenn sie drangestanden hätte.' ,Wann war das?' hat mein Vater gefragt. ,Es war kurz vor der fünften Nachtstunde', hat der Polizist gesagt. ,Hast du vielleicht irgend jemand in der Nähe des Tempels gesehen?' hat mein Vater gefragt. ,Nein, niemand, Herr', hat der Polizist geantwortet. ,Wir sind dann weitergegangen. Der Bezirk ist sehr groß, den wir patroullieren müssen.' Und dann hat er gefragt, ob er zu seinem Vorgesetzten gehen soll und die Tempelbeschädigung melden, doch mein Vater hat es ihm verboten und gesagt: ,Ich werde das selber in die Hand nehmen.'"
    „O weh!" rief Flavius. „Das sieht böse aus", sagte Mucius besorgt. „Und was war dann?" fragte Julius. „Dann gingen die Polizisten weg", sagte Claudia. „Vielleicht will dein Vater Rufus selber bestrafen?" sagte Flavius.
    Claudia schüttelte traurig den Kopf und sagte: „Mein Vater will ihn nicht selber bestrafen. Nachdem die Polizisten weg waren, hat er Caius gefragt:,Woher weißt du, daß es Rufus gewesen ist?' Und Caius hat gesagt: ,Wir haben uns gezankt.' Da hat mein Vater gesagt: ,Das ist kein Beweis.' Aber Caius hat gesagt: ,Es war doch Rufus, es ist seine Handschrift. Ich kenne seine Handschrift genau.' ,Aha!' hat mein Vater ausgerufen. ,Das genügt mir! Wenn es seine Handschrift ist, ist alles klar. Ich gehe heute mittag persönlich zum Stadtpräfekten und zeige Rufus wegen böswilliger Tempelschändung an.'"
    Die Jungen schwiegen betroffen. Der Stadtpräfekt war ein sehr gefürchteter Mann und der Schrecken aller Verbrecher. Er saß meist selber über sie zu Gericht, und seine Urteile waren von grausamer Härte. Er kannte keine Gnade.
    Claudia fragte ängstlich: „Glaubt ihr, daß der Stadtpräfekt Rufus schlimm bestrafen wird?"
    Mucius nickte düster und sagte: „Er hat sogar Leute zum Tode verurteilt, nur weil sie lachten, als der Kaiser mit seinem Gefolge vorbeikam."
    „Aber Rufus ist doch nur ein Knabe", rief Claudia verstört. „Der Stadtpräfekt wird doch keine Kinder hinrichten lassen."
    „Warum nicht?" sagte Antonius. „Es sind schon viele Kinder hingerichtet worden. Ich war selber einmal dabei. Es waren drei Jungen; sie waren nicht älter als wir. Sie sind mit schweren Ketten gefesselt in den Tiber geworfen worden. Sie schrien und zappelten im Wasser, und die Soldaten lachten. Ich rannte rasch zum Fluß hinunter, um sie zu retten, aber als ich unten ankam, waren sie schon ertrunken."
    Claudia starrte ihn einen Augenblick entsetzt an; plötzlich sprang sie auf und rief schluchzend: „Du lügst!" Dann rannte sie durch die Büsche davon. Die Jungen

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