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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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mit den weißen Togen der Männer und den grellen Kostümen der Frauen, boten ein farbenprächtiges Bild.
    Vorübergehend wurde das Getöse der Zuschauer abgelöst von einem donnernden Applaus, als der Emperor mit seinem Gefolge von Würdenträgern, Hofdamen und Offizieren in seiner Loge erschien. Er bedankte sich mit einer lässigen Handbewegung beim Volk, dann ließ er sich auf einem thronartigen Sessel nieder.
    Die Jungen interessierten sich wenig für das Leben und Treiben um sie herum und auch nicht für den Emperor. Sie hockten vornübergebeugt auf ihren Sitzen und schauten mit beklommenen Herzen auf die Rennbahn hinunter, wo sich bald ihr Schicksal entscheiden würde. Sie waren in dem Halbkreis am östlichen Ende des Stadiums in die vorderste Bankreihe gesetzt worden, so daß Ben Gor sie vor Augen hatte, wenn er in der Geraden, die fast eine viertel Meile lang war, auf sie zufuhr. Links und rechts von ihnen saßen je zwei Prätorianer, um jeglichen Fluchtversuch zu vereiteln. Die Platzanweiser, die in der Nähe die Ordnung aufrechterhielten, staunten nicht schlecht über die merkwürdigen Jünglinge, die, in schmutzigfeuchten Tuniken und von bewaffneten Prätorianern bewacht, die teuersten Plätze einnahmen.
    Ein schmetternder Trompetenstoß riß die Gefangenen aus ihrer Trance. Es war das Signal vor dem Beginn des Rennens. Zwei würdevoll gekleidete Schiedsrichter zogen das Startseil zwischen den beiden Hermessäulen straff, und gleich darauf fuhren Ben Gor und Ikarus aus ihren Stallboxen heraus. Sklaven führten die Pferde am Zaumzeug unter Aufbietung aller ihrer Kräfte bis an das Seil. Es war keine Kleinigkeit, die feurigen, unruhig tänzelnden Tiere zu bändigen.
    Ben Gor stand breitbeinig und stolz in seinem reichgeschmückten, zweiräderigen Streitwagen. Er hatte keinen Helm auf, und seine schwarzen Locken wehten im Wind. Mit der linken Hand zügelte er die Pferde, mit der rechten umklammerte er die Peitsche. Sein Gegner, der Spanier, war kleiner, aber breitschultriger und noch athletischer gebaut als Ben Gor. Er hatte ein grobes Gesicht, kleine, stechende Augen und einen rötlichen Bart. Er hatte einen Lederhelm auf, und um seine Schultern hing ein kurzer, goldgelb schillernder Mantel. Im Gegensatz zu Ben Gor hatte er keine Peitsche, sondern statt dessen eine lange, biegsame Bambusstange mit einer Bronzekugel an der Spitze.
    Vier Schimmel, edle arabische Vollbluthengste, waren vor Ben Gors Wagen gespannt. Ikarus herrschte über vier stolze Rappen aus Spanien, woher die besten Rennpferde kamen.
    Der Leiter der Rennen, in eine purpurne Toga gehüllt und mit seinem Stab aus Elfenbein in der Rechten, zeigte sich jetzt auf der Tribüne über den Stallungen, und das Geschrei der Menge verstummte schlagartig. Der große Augenblick war gekommen. Die Schiedsrichter schauten erwartungsvoll zu ihm hinauf, als er an die Brüstung trat und noch einmal prüfend auf die Arena blickte. Dann warf er das weiße Tuch hinunter, das das Zeichen zum Start des Rennens gab.
    Die Sklaven sprangen blitzschnell von den Pferden zurück, die Starter ließen das Seil fallen, und bevor es noch den Sand berührte, schoß Ikarus schon darüber hinweg. Ein Schrei der Entrüstung ging durch das Stadion. Was er getan hatte, war gegen jede Regel. Er hätte warten müssen, bis das Seil am Boden lag. Aber Ben Gor protestierte nicht, sondern jagte in vollem Tempo hinter ihm her. Das Rennen war nicht mehr aufzuhalten.
    Durch seinen unsauberen Trick gewann Ikarus als erster die begehrte Nahseite der Spina, die breite, niedrige Mauer in der Mitte der Rennbahn. Das war ein großer Vorteil für ihn. Wenn Ben Gor ihn zu überholen versuchte, mußte er in den Kurven an beiden Enden der Arena den größeren Bogen machen.
    Die Jungen verfolgten jede Bewegung von Ben Gor. Sie waren bestürzt und beunruhigt; er lag zwei Wagenlängen hinter seinem Gegner zurück, und der Abstand verringerte sich nicht. Er wurde sogar in den Kurven etwas größer. Mucius schielte ängstlich nach den dicken Holzkugeln hin, die am anderen Ende der Spina an einer Säule hingen. »Es sind schon drei Kugeln abgehakt worden«, flüsterte er Publius zu, der neben ihm saß. »Nur vier sind noch übrig.«
    Ein Rennen bestand aus sieben Runden, und nach jeder Runde wurde eine Kugel abgenommen. »Das sieht schlecht aus«, murmelte Publius. »Zurück zu den Krokodilen.«
    Ikarus drehte sich höhnisch grinsend nach Ben Gor um. Man sah ihm an, daß er schon triumphierte. Doch zu

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