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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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eine Patrouille, die sich den feindlichen Linien nähert. Vor dem großen Tor, das sie oft neugierig angestarrt hatten, blieben sie eine Weile unentschlossen stehen. Auf der andern Seite der Straße lag ihre Schule, und sie betrachteten sie jetzt mit fast liebevollen Gefühlen.
    „Hoffentlich sieht uns Xantippus nicht", sagte Flavius.
    „Der liegt im Bett und kümmert sich nur um sein Bein", sagte Publius. „Ich glaube, wir müssen irgend etwas unternehmen, um hier reinzukommen", meinte Julius.
    Mucius nickte zustimmend. „Ich werde klopfen", sagte er und klopfte mit dem gekrümmten Zeigefinger gegen das Tor. Darauf geschah nichts, und er klopfte noch einmal. Es rührte sich wieder nichts, und Publius schlug mit der Faust dagegen. Nun beteiligten sich auch Julius und Antonius an dem Konzert und stießen mit den Füßen gegen das dicke Holz. Als auch dieses Getrommel erfolglos blieb, probierte Mucius den Drücker — und das Tor ging auf; es war gar nicht verschlossen gewesen. Aber wenige Schritte dahinter war eine andere Tür; sie war mit Eisenbändern beschlagen und hatte weder Schloß noch Drücker. In halber Höhe war eine viereckige gelbe Glasscheibe in die Tür eingelassen, und die Jungen schauten neugierig hindurch. Sie prallten erschrocken zurück. Hinter der Scheibe starrte ihnen eine grünlich leuchtende Teufelsfratze entgegen.
    „Das ist Lukos", stieß Flavius hervor.
    Sie warteten eine Weile ängstlich, aber als sich nichts rührte, lugte Mucius noch einmal durch die Scheibe und sagte: „Es ist nicht Lukos. Es ist eine Maske."
    „Eine scheußliche Fratze", sagte Julius. „Was soll der Mumpitz!"
    „Das soll die bösen Geister abschrecken", sagte Antonius.
    „Das kann selbst die guten davonjagen", brummelte Publius.
    „Hier ist ein Ring neben der Tür!" rief Antonius. „Das hat bestimmt was zu bedeuten." „Zieh dran!" sagte Mucius.
    Antonius zog an dem Ring, und irgendwo tief im Innern des Hauses ertönte ein zittriger Gong wie ein Seufzer aus der Totenwclt.
    „Unsympathisches Geräusch", murmelte Julius.
    Die Tür ging plötzlich lautlos auf, wie von Geisterhänden bewegt. Wir Jungen schauten dahinter, aber es war niemand zu sehen. „Kr hat sie aufgezaubert", flüsterte Antonius. Vor ihnen tat sich ein langer, dunkler Korridor auf. Hinter der gelben Glasscheibe in der Tür hing ein Holzkasten, in dem die Maske steckte; sie wurde von einer kleinen Öllampe mit einem Papierschirm angestrahlt.
    „Eine raffinierte Einrichtung", sagte Julius leise.
    „Was machen wir jetzt?" fragte Publius.
    „Wir bleiben am besten hier bei der Tür", meinte Flavius.
    „Da hinten sehe ich einen Vorhang", sagte Mucius, der scharfe Augen hatte. Sie gingen den Gang hinunter bis zu dem Vorhang und blieben zögernd davor stehen. Ein modriger Geruch strömte ihnen entgegen.
    „Kommt herein! "Worauf wartet ihr!" erscholl plötzlich eine liciscre, unfreundliche Stimme.
    Die Jungen erschraken, aber gehorchten unwillkürlich. Mucius .»hob den Vorhang beiseite und verschwand dahinter; die andern folgten ihm beklommen. Sie kamen in ein großes Gewölbe, das nur spärlich durch ein flackerndes Kaminfeuer erleuchtet war. Die nackten Wände schimmerten feucht und waren fensterlos. Ringsherum standen hohe Säulen, die weiter oben in tiefe Schatten gehüllt waren. An jeder Säule hing eine fratzenhaft grinsende Maske, so ähnlich wie die hinter der Eingangstür, und alle Masken waren von innen beleuchtet, was ihnen ein gespensterhaftes Aussehen verlieh.
    Lukos saß hinter einem großen Tisch mit dem Rücken zum Kaminfeuer. Er starrte die Jungen schweigend an. Er sah noch unheimlicher aus, als sie sich ihn vorgestellt hatten. Lange, schmutzig-gelbe Haare fielen in verfilzten Strähnen auf seine Schultern und bis in seine Augen; und sein Gesicht war seltsam geschminkt. Der obere Teil war weiß, der untere vom Mund abwärts schwarz bemalt; das erzielte den Eindruck, als ob die obere Hälfte seines Kopfes auf magische Weise über dem Rumpf schwebte. Er hatte einen langen schwarzen Mantel an, der mit Silbersternen bestickt war, und in der linken Hand hielt er eine Kugel aus poliertem Metall, in der sich der Widerschein des Kaminfeuers spiegelte.

    „Kommt näher!" sagte Lukos, heiser lispelnd.
    Die Jungen schoben sich an den Tisch heran, auf dem ein großer Haufen von vergilbten Pergamenten und Tafeln lag sowie ein kurzes, scharfes Schwert, das sie mit Mißtrauen erfüllte. Aber am meisten beunruhigte sie ein Korb, in dem sich

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