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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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Jungen nickten eifrig. Aber sie hatten keine Ahnung mehr, was mit diesem Pythagoras losgewesen war.
    „Im rechtwinkligen Dreieck ist das Quadrat über der Hypotenuse gleich der Summe der Quadrate über den beiden Katheten. Was ist das?" fragte Xantippus.
    „Ein Rätsel", brummte Caius.
    Xantippus schaute ihn einen Augenblick durchbohrend an, dann wandte er sich verächtlich ab und rief: „Julius!"
    „Ein Beweis", antwortete Julius.
    „Falsch", sagte Xantippus. „Es ist eine Hypothese. Eine Hypothese ist eine Behauptung, die erst bewiesen werden muß. Die sogenannten Beweise in eurem Brief sind weiter nichts als Hypothesen. Hat irgend jemand Rufus im Dianabad gesehen?"
    „Nein", gab Mucius zu.
    „Dann habt ihr auch keine Zeugen", sagte Xantippus. „Und ohne Zeugen könnt ihr nichts beweisen. Nun zu der Schriftfälschung. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Rufus' Schreibtafel als Schablone benutzt worden ist, aber wer sagt euch, daß Rufus es nicht selber getan hat?"
    Julius meldete sich.
    „Sprich!" sagte Xantippus.
    „Warum sollte Rufus erst umständlich die Schreibtafel durchritzen? Er brauchte doch nur einfach an die Wand zu schreiben?" „Hast du schon einmal versucht, im Finstern zu schreiben?" fragte Xantippus.
    Julius verstummte verdutzt.
    „Siehst du!" sagte Xantippus befriedigt. „Du schreibst ja nicht einmal gut, wenn es hell ist." Die Jungen lachten, Julius sah etwas beleidigt aus. „Ruhe!" befahl Xantippus. „Ich bin hier nicht zu eurer Belustigung." „Glaubst du auch, daß Rufus schuldig ist?" fragte Mucius zaghaft. Xantippus wurde auf einmal wütend. Er lief rot an im Gesicht und schrie: „Habe ich das gesagt?"
    „Nein", stotterte Mucius verblüfft.
    „Dann frag nicht so dumm!" knurrte Xantippus. Er starrte brütend vor sich hin, und die Jungen wagten nicht, sich zu rühren. Sie warteten, was nun noch über sie hereinbrechen würde. Sie ärgerten sich, daß Livia Xantippus auf sie gehetzt hatte. Er fand nur alles schlecht, was sie taten, aber damit war Rufus nicht geholfen.
    Xantippus blickte Mucius etwas milder gestimmt an. „Ich glaube auch nicht, daß Rufus ein Tempelschänder ist", sagte er. „Wir müssen versuchen, ihn zu retten."
    Die Jungen fühlten sich erleichtert. Xantippus zeigte ein menschliches Rühren. Mucius rief erfreut: „Wir haben uns den Kopf zerbrochen, wer der wahre Täter sein kann."
    „Mit einem zerbrochenen Kopf kann man nicht logisch denken", sagte Xantippus. „Ich bin überzeugt, daß ihr irgend etwas überseht, das uns vielleicht nützlich sein kann. Wer von euch kennt Archimedes?"
    „Schon wieder so ein alter Grieche!" dachten die Jungen enttäuscht. Aber diesmal schwiegen sie vorsichtshalber. Nur Antonius konnte seinen Mund nicht halten. „Ich kenne Archimedes", begann er lebhaft zu erzählen. „Ich kenne ihn sogar sehr gut. Ja, ja, so hieß er bestimmt. Er ist ein Geldwechsler auf dem Forum. Ich habe mal eine Goldmünze gegen fünfundzwanzig Silbermünzen bei ihm eingewechselt. Als ich nachher noch einmal nachzählte, waren es nur dreiundzwanzig. Diese Geldwechsler sind alle Betrüger."
    „Archimedes ist schon seit dreihundert Jahren tot", sagte Xantippus.
    „Dann muß ich mich geirrt haben", murmelte Antonius hastig.
    „Archimedes war ein berühmter Physiker und Mathematiker", belehrte Xantippus sie. „Er hat den Ausspruch getan: ,Verschafft mir einen Hebelpunkt, und ich hebe die Welt aus den Angeln.' Wir brauchen, symbolisch gesprochen, auch einen solchen Hebelpunkt. Mucius, berichte mir noch einmal ganz genau, was ihr über die Angelegenheit mit Rufus bisher erfahren habt! Achte sorgfältig darauf, daß du nicht irgend etwas vergißt! Auch das scheinbar Unwichtige kann von Bedeutung sein und uns auf eine Spur bringen."
    Mucius stand auf, holte tief Atem und begann etwas unbeholfen zu erzählen. Aber allmählich wurde er sicherer und schilderte anschaulich, was er und seine Freunde seit dem verhängnisvollen Krach zwischen Rufus und Caius erlebt und beobachtet hatten. Es erwies sich jetzt als sehr nützlich, daß Xantippus sie in der Kunst der öffentlichen Rede gedrillt hatte.
    Nachdem er geendet hatte, sagte Xantippus: „Setz dich!"
    Mucius setzte sich. Xantippus dachte eine Weile nach, dann stieß er ein paarmal heftig mit seinem Stock auf den harten Felsboden, so daß die Jungen erschrocken zusammenfuhren, und sagte: „Wir haben unsern Hebelpunkt!"
    Die Jungen blickten ihn gespannt an.
    „Unser Hebelpunkt ist die Zeitungsnachricht",

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