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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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fast eine Stunde, ehe sie das Schreiben zustande gebracht hatten. Aber dann waren sie sehr zufrieden, und Flavius mußte den Brief mehrmals vorlesen.
    „Hochgeehrter, göttlicher Kaiser", las Flavius laut, „wir bitten für Rufus, Sohn des Praetonius, um Gnade. Er sitzt im Gefängnis, weil er ,Caius ist ein Dummkopf' an den dir geweihten Minervatempel geschrieben haben soll. Rufus ist unschuldig, denn er ist die ganze Nacht im Dianabad eingesperrt gewesen. Er ist durch die Dachluke hineingesprungen. Das war zwischen der ersten und der zweiten Stunde der Nacht. Wenn er ohne Wasser hineingesprungen wäre, wäre er morgens tot gewesen und hätte nicht weglaufen können. Der Bademeister geht abends weg und kommt morgens wieder. Inzwischen läßt er das Wasser ab und schließt das Tor zu. Rufus war drin und konnte nicht raus. Er ist morgens am Bademeister vorbeigelaufen, und der Bademeister glaubt, es war Mucius, aber Mucius weiß, es war Rufus; denn der Bademeister hat Mucius' Laterne im Bassin gefunden, aber die Laterne hat Rufus mitgehabt und nicht Mucius. Die beiden Nachtpolizisten haben gesagt, daß ,Caius ist ein Dummkopf' noch nicht vor der fünften Stunde der Nacht am Tempel drangestanden hat. Sie wissen es genau, weil sie um diese Zeit immer Hunger bekommen und Brot und Feigen essen und "Wein trinken. Die Polizei sagt stets die Wahrheit. ,Caius ist ein Dummkopf' hat aber schon vor Sonnenaufgang an der Tempelwand gestanden. Da war Rufus noch im Dianabad eingesperrt gewesen. Das ist der Beweis, daß Rufus kein Tempelschänder ist.
    Deswegen werfen wir uns zu deinen Füßen nieder und flehen um Gnade für unsern Freund Rufus. Die Schüler der Xanthosschule."
    Flavius brach erschöpft ab.
    „Klar und überzeugend", sagte Mucius, sich begeistert die Hände reibend. „Jetzt müssen wir nur noch den Brief rasch im Palast abgeben", sagte Julius. „Halt! Immer langsam voran", bemerkte Publius. „Mir fällt etwas ein. Was ist mit Scribonus?"
    „Wieso?" fragte Mucius beunruhigt.
    „Scribonus ist der berühmteste Schriftsachverständige von Rom", sagte Publius, „Wenn Scribonus sagt, die Schrift ist echt, dann ist sie echt."
    „Hm", brummte Julius und schielte Mucius von der Seite an. Auch Antonius und Flavius begannen wieder zu zweifeln. Einer konnte nur die Wahrheit gesagt haben: Scribonus oder Mucius. Aber Scribonus war ein berühmter Gelehrter, und Mucius war nur ein unbekannter Junge.
    Mucius hatte sich auf eine Kiste gesetzt, stützte den Kopf auf die geballten Fäuste und starrte vor sich hin. „Vielleicht hast du alles nur geträumt", sagte Antonius. „Ich habe auch manchmal so komische Träume. Heute nacht habe ich erst geträumt, ich sei ein Pirat und wäre ins Wasser gefallen und ertrunken, wenn nicht ein Delphin ... "
    Mucius sprang wütend auf und stieß Antonius den feuchten Mantel von Rufus unter die Nase. „Da! Habe ich das vielleicht auch geträumt!" brüllte er. „Und die Laterne, die ich im Dianabad wiedergefunden habe!"
    „Der Mantel stinkt", murmelte Antonius, halb erstickt. „Dann red nicht solchen Unsinn!" sagte Mucius. „Rufus ist unschuldig. Das ist kein Traum, sondern Wirklichkeit." „Aber wer hat den Tempel beschrieben?" fragte Julius. „Der Kaiser wird das auch wissen wollen."
    „Das kann ich doch nicht riechen, wer den Tempel beschrieben hat", schrie Mucius. „Irgendeiner hat Rufus' Handschrift nachgemacht."
    „Aber wer?" wiederholte Julius hartnäckig.
    „Vielleicht war es ein Geist", sagte Antonius.
    Im gleichen Augenblick ertönte ein dumpfes Poltern in der dunklen Ecke der Höhle, und eine brummige Stimme sagte: „Ich bin es gewesen."
    Die Jungen fuhren erschrocken herum. Hinter dem Gerümpel tauchte Caius auf. Er stieg über ein umgestürztes Faß weg und kam langsam nach vorne. „Ich habe selber ,Caius ist ein Dummkopf an die Tempelwand geschrieben", sagte er und schaute sie herausfordernd an.
15. Kapitel
Xantippus findet den Hebelpunkt
    „Du?" riefen die Jungen. „Ja", sagte Caius. „Ich habe seine Schrift nachgemacht." Die andern umringten ihn aufgeregt. „Warum hast du das getan?" fragte Mucius. „Aus Rache", sagte Caius. „Dann hast du auch Xantippus überfallen?" rief Flavius. Caius nickte. „Womit hast du ihm auf den Kopf gehauen?" schrie Antonius. „Mit der Faust", sagte Caius. „Fabelhaft!" sagte Antonius. „Hast du auch Rufus beim Stadtpräfekten angezeigt?" fragte Mucius drohend.
    „Nein, das habe ich nicht getan", beteuerte Caius. „Ich wollte

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