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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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Sie war in Kurzschrift geschrieben, aber sie war lang, sehr lang, und kam uns daher außerordentlich ungelegen. Ich hätte den Kurier am liebsten wieder weggeschickt..."
    „Warum hast du es nicht getan?" rief Antonius.
    „Aber wie konnte ich das!" rief Megabates erschrocken aus. „Der Kurier kam doch von seiner Exzellenz, Exkonsul Tellus!"
    „Von Exkonsul Tellus?" riefen die Jungen erstaunt.
    „Ja", sagte Megabates. „Von Exkonsul Tellus höchstpersönlich."
17. Kapitel
Dieser Gast muß bestimmten Bedingungen entsprechen
    Xantippus war auch erstaunt, als er hörte, daß Tellus den Kurier an die Zeitung geschickt hatte.
    Exkonsul Tellus war vor vielen Jahren ein berühmter Feldherr gewesen, der die Perser und Armenier und ein halbes Dutzend anderer orientalischer Völkerstämme besiegt hatte. Nach dieser erfolgreichen Tätigkeit war er als Held heimgekehrt und hatte sich mit seinen erbeuteten Millionenschätzen ins Privatleben zurückgezogen. Seitdem war sein Ruhm etwas verblaßt, aber er machte immer noch viel von sich reden durch die phantastisch verschwenderischen Feste, die er in seinem großen Palast in den Gärten des Lucullus gab. Er war aber trotzdem nicht sehr beliebt; man fürchtete seine böse Zunge und den mächtigen Einfluß, den er auf das gesellschaftliche und politische Leben ausübte. Er war dick befreundet mit allen Würdenträgern, und es hieß sogar, daß der Kaiser ihm sehr vertraute und ihn oft in seine geheimen Pläne einweihte.
    Die Jungen waren wie verabredet gleich zu Xantippus gelaufen, um ihm ihre Entdeckung brühwarm mitzuteilen. Xantippus saß in seinem Zimmer, umgeben von Büchern, Papieren, Zirkeln, Linealen und anderen geometrischen Instrumenten.
    „Tellus?" sagte er, legte sein krankes Bein, das in eine Decke gewickelt war, auf einen Hocker und fuhr fort: „Tellus! — Dies ist allerdings ein erstaunlicher Faktor! Es bestätigt zwar vorzüglich meine Theorie von der hochstehenden Persönlichkeit, aber mit einer so hohen Persönlichkeit hatte ich, offen gestanden, nicht gerechnet. Nun, was hilft's. Wir dürfen uns dadurch nicht aus dem Gleichgewicht bringen lassen. Wir wollen dieses überraschende Resultat einmal mit kühlem Kopf betrachten, meine jungen Freunde."
    Seine Schüler grinsten geschmeichelt. Es war ihnen noch nie passiert, daß Xantippus sie so freundlich angeredet hatte.
    „Es ist unwahrscheinlich, daß Tellus mit dem Verbrechen irgend etwas zu tun hat", sagte Xantippus. „Welchen Grund kann ein Mann wie Exkonsul Tellus haben, den kleinen Rufus in den Verdacht der Tempelschändung zu bringen?"
    Antonius meldete sich und sagte: „Vielleicht war er neidisch, weil Rufus' Vater den großen Sieg über die Gallier errungen hat. Generäle sind immer neidisch aufeinander. Pompejus wollte Cäsar umbringen, Cäsar wollte Pompejus umbringen, und nachher hat Brutus Cäsar umgebracht, und Antonius hat Brutus umgebracht, und mein Vater hat sogar einen General gekannt, der sich selber umgebracht, nur aus Wut, weil ein anderer eine Schlacht gewonnen hatte."
    „Genug", unterbrach ihn Xantippus. „Davon kannst du uns in der Geschichtsstunde erzählen. Es ist zwar richtig, daß Neid und Eifersucht die Menschen zu den unsinnigsten Handlungen verleiten, aber Tellus ist selber ein so erfolgreicher General gewesen, daß er seinem Kollegen Praetonius den Sieg gönnen sollte. Außerdem hat zur Zeit der Tempelschändung noch niemand in Rom von dem Sieg etwas gewußt, sonst hätte die Siegesnachricht bestimmt schon morgens früh in der Zeitung gestanden. Nein. Der Täter muß andere Motive gehabt haben. Und deswegen glaube ich nicht an Tellus. Einige logische Überlegungen machen uns das klar. Tellus ist ein Mensch, der nur für sein Vergnügen lebt. Und es ist kein Vergnügen, nachts durch die finsteren Straßen von Rom zu schleichen, harmlose Pädagogen auf den Kopf zu hauen und zu berauben und heilige Gebäude zu verunreinigen. Tellus kann sich andere Genüsse leisten. Ferner: Tellus ist ein Freund und Vertrauter des Kaisers. Er wird es sich wohl überlegen, diese Vertrauensstellung leichtsinnig aufs Spiel zu setzen; er sollte nur zu gut wissen, daß der Kaiser darin keinen Spaß versteht. Und schließlich: "Woher sollte Tellus gewußt haben, daß Caius und Rufus sich verzankt hatten und daß Rufus' Schreibtafel hier in der Schule war? Seid ihr vielleicht abends noch hingelaufen und habt es ihm erzählt?"
    „Nein!" riefen die Jungen empört.
    Xantippus zupfte befriedigt an seinem

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