Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
Gemüseladen und eine schmutzige Schenke.
Die Jungen wunderten sich, wie sie in das Haus hineinkommen sollten, da sie keinen Eingang sahen. Schließlich fragte Mucius den Barbier nach der Haustür.
„Hintenrum!" sagte der Barbier und deutete mit seiner Schere über seine Schulter weg in die Patrizierstraße.
Am Ende des Hauses entdeckten die Jungen einen schmalen, ausgetretenen Pfad, der an der Quermauer entlang nach hinten führte. Sie bogen um eine Ecke und standen nun im Hinterhof. Von hier gesehen, war das Mietshaus nicht ganz so häßlich. Außen zogen sich an allen Stockwerken überdachte Galerien hin, die in regelmäßigen Abständen von kleinen Baikonen unterbrochen wurden, von denen die meisten mit Blumen geschmückt waren. Vom Hof führten hölzerne Stiegen zu den Galerien hinauf.
Der Hof war mit Steinplatten belegt, und in der Mitte stand ein Springbrunnen. In einer Ecke spielten drei kleine Mädchen Seilspringen. Sie brachen erschrocken ab, als sie die vornehm angezogenen Jungen erblickten, und glotzten sie mit offenen Mündern an.
Die Jungen steuerten auf das Haus zu und stiegen eine hölzerne Stiege hinauf, deren Stufen von unzähligen Sandalen glattgeschliffen waren.
„Hier wohnen offenbar lauter Ausländer", bemerkte Publius verächtlich.
„Eine richtige Verbrecherhöhle", sagte Antonius aufgeregt.
„Du phantasierst mal wieder", sagte Julius. „Hier wohnen kleine Handwerker, Ladenbesitzer und freigelassene Sklaven. Es sind meistens Griechen und Araber, aber keine Verbrecher."
Es war das erstemal, daß die Jungen ein Mietshaus betraten, und sie kamen sich sehr abenteuerlich vor. Sie blieben auf der untersten Galerie stehen und blickten sich ratlos um. Eine Menge Türen, die nur mit Vorhängen versehen waren, führten in das Innere. Dahinter ertönten die verschiedensten Geräusche. Geschirre klapperten, Kinder plärrten, schrille Frauen- und heisere Männerstimmen zankten sich. Hunde kläfften, und irgendwo grölte jemand aus voller Kehle ein schmachtendes Lied. Es roch nach billiger Seife, verbranntem Öl und Zwiebeln.
„Mir wird schlecht", murmelte Flavius.
„Schlappmachen gibt's nicht", sagte Mucius.
„Hier möchte ich nicht leben", brummte Caius. „Hier wimmelt's sicherlich von Wanzen und Flöhen." „Und Skorpionen", sagte Antonius. „Wir werden nie rausfinden, wo Megabates wohnt", sagte Flavius.
„Wir müssen eben fragen", sagte Mucius und schlug beherzt den ersten besten Vorhang zurück. Sie schauten in eine kleine Küche hinein. Eine stämmige Frau stand über einen dampfenden Trog gebeugt und schrubbte Wäsche auf einem Holzbrett. Sie blickte wütend und erhitzt auf und schrie: „Macht, daß ihr rauskommt, ihr Lümmels!"
Die Jungen zogen sich rasch zurück.
Ein kleiner alter Mann, in Lumpen gehüllt, kam auf unsicheren Beinen die Galerie entlang auf sie zu, und die Jungen stellten sich ihm in den Weg. „Wo wohnt Megabates?" riefen sie.
Der Mann kicherte und gab einen langen Sums zum besten, von dem die Jungen nicht eine Silbe verstanden. Außerdem roch er stark nach Wein, was sie beunruhigte.
Aber er schien ihnen helfen zu wollen, denn er babbelte eifrig drauflos und zeigte mit einem unsauberen Zeigefinger nach oben.
„Megabates wohnt wahrscheinlich weiter oben", sagte Mucius zu seinen Freunden.
„Aber wo? Auf dem Dach?" fragte Publius.
„"Wartet! Ich hab' eine Idee!" rief Julius und wandte sich an Publius. „Hast du vielleicht einen Kohlestift bei dir?"
„Ich habe immer Kohlestifte bei mir", sagte Publius und zog einen aus der Tasche. „Ich liebe es, überall meinen Namen draufzuschreiben."
Julius riß ihm den Kohlestift aus der Hand, ging zur "Wand und rief dem alten Mann zu: „He, du!" Der Alte schaute ihn blöde lächelnd an. Julius schwenkte den Kohlestift in einem weiten Bogen ein paarmal durch die Luft, um die Aufmerksamkeit des Alten festzuhalten, dann malte er eine Treppe an die Wand und machte ein großes Fragezeichen dahinter.
Der Alte war ein Genie; er begriff sofort, was Julius wollte, nahm ihm den Kohlestift weg und machte fünf große Striche neben das Fragezeichen und setzte drei kleine darunter. Dann steckte er den Stift ein und stieg schwankend die Stiege hinunter. Die Jungen sahen ihn über den Hof torkeln und zielbewußt in der Schenke verschwinden.
„Mein Kohlestift!" sagte Publius verdutzt. „Laß ihm den Kohlestift!" sagte Mucius. Der Alte hat uns einen großen Dienst erwiesen." „Wieso?" fragte Caius. „Ich hab' keine
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