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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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still. Man hörte nur das Prasseln des Regens auf dem Dach, und das leise Knistern der brennenden Fackeln. Die Jungen starrten mit großen Augen in das Bassin auf Tellus.
    „Er ist zu spät gesprungen", sagte Mucius leise.
    „Claudia war auch da", rief Rufus.
    „Ich weiß", sagte Xantippus und kniff die Augen zusammen. „Claudia ist ein wohlerzogenes kleines Mädchen. Ich glaube nicht, daß sie ihren Lehrer verzaubert haben möchte."
    Rufus errötete. Die andern grinsten. Sie hatten Xantippus' Anspielung sofort verstanden.
    „Aber auch ich habe Fehler begangen", sagte Xantippus. „Ich habe mich von meinem Zorn hinreißen lassen. Das war unpädagogisch. Ich bereue es. Ich hoffe, daß wir uns von nun an besser verstehen. Aber glaubt nicht, daß ihr deswegen faulenzen dürft. Ich verlange jetzt erst recht eisernen Fleiß und musterhafte Disziplin von euch; wir haben ein gewaltiges Arbeitsprogramm vor uns. Doch laßt uns freudig ans Werk gehen und vertrauensvoll in die Zukunft schauen. In Mathematik werden wir den Pythagoras zu Ende studieren, und dann an Archimedes, Euklid und andere schreiten. In Griechisch denke ich an Homer, Äschylos, Sophokles und Euripides. In Geschichte schweben mir im Augenblick Plivius und Livius vor."
    Die Jungen schauten nicht ganz so vertrauensvoll in die Zukunft, wie Xantippus es erwartete. Das Arbeitsprogramm war erschreckend. Sie machten lange Gesichter, aber Xantippus fuhr unbeirrt fort: „Um unser Programm abzurunden, werden wir auch die Erd- und Völkerkunde nicht vernachlässigen. Und damit, meine jungen Freunde, können wir den heutigen Unterricht gleich beginnen; denn Praetonius großer Sieg über die aufständischen Gallier ist eine glänzende Gelegenheit, uns einmal näher anzusehen, wo die Schlacht stattgefunden hat, und mit welchen Ländern und Völkern wir es hier eigentlich zu tun haben. Wer von euch erinnert sich noch, was ich euch zuletzt über die Gallier gelehrt habe? Antonius!"
    „Hier!" schrie Antonius und sprang beunruhigt auf. Er hatte gerade Publius heimlich eine Schreibtafel zugesteckt, auf die er gekritzelt hatte: „Wir hätten Xantippus im Schrank lassen sollen."
    „Nun, mein Sohn", sagte Xantippus, „was weißt du über die Gallier?"
    „Eine Menge", rief Antonius entzückt. „Wir hatten mal einen Sklaven, der war ein Gallier. Er sollte die Fenster putzen, aber er hatte noch nie Glas gesehen und starrte, statt zu putzen, den ganzen Tag durch die Scheiben auf die Straße. Mein Vater hat ihn billig verkauft."
    „Das ist nicht sehr viel, was du über die Gallier weißt", sagte Xantippus unzufrieden. Er nahm seinen Stock vom Pult, stand auf und ging zu einer Landkarte, die an der Wand hing. Er hinkte nicht mehr. Sein Bein war wieder gut. „Seht hier!" rief er und zeigte mit dem Stock auf eine Stelle der Karte. „Das ist Gallien. Die Gallier hatten sich in großer Übermacht auf dem linken Rheinufer versammelt, um Praetonius und seine Legionen zu überfallen. Praetonius zog sich auf das rechte Ufer zurück, und die Gallier jubelten, weil sie glaubten, daß sie Praetonius in die Flucht geschlagen hätten. Aber Praetonius kehrte unbemerkt in der Nacht zurück und schlug sie vernichtend. Hier, wo mein Stock hinzeigt, das ist der Rhein. Der Rhein ist ein mächtiger Strom. Auf beiden Seiten leben feindliche Völker. Auf dem linken Ufer leben die Gallier, auf dem rechten die Germanen." Er brach ab und rief zornig: „Caius!"
    Caius fuhr erschrocken hoch, er hatte vor sich hin gedöst und nur undeutlich gehört, was Xantippus gesagt hatte.
    „Wiederhole, was ich soeben erklärt habe!" befahl Xantippus.
    „Der Rhein .. . der Rhein ..." , stotterte Caius hilflos, „der Rhein ist ein Fluß, der auf beiden Seiten Ufer hat." Die andern brachen in ein brüllendes Gelächter aus. „Ruhe!" donnerte Xantippus. Die Jungen wurden still und warteten schicksalsergeben auf die Strafpredigt, die jetzt so sicher folgen würde wie der Tag auf die Nacht.
    Doch plötzlich geschah ein Wunder. Xantippus fing an zu lachen. Die Jungen hatten ihn noch niemals lachen sehen und waren fassungslos. Xantippus lachte derart, daß ihm die Tränen aus den Augen flössen. Doch allmählich beruhigte er sich, wischte sich die Tränen ab und sagte, noch immer kichernd: „Caius du bist wirklich ein Dummkopf!"

Caius geht ein Licht auf
1. Kapitel
Xantippus kann auch keinen Löwen brauchen
    „Habt ihr völlig den Verstand verloren ?" fuhr Xantippus seine Schüler an. „Bei Jupiter und allen

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