Calendar Girl
Hause bringen. Dann kann ich gleich überprüfen, ob der TV anwesend ist.«
Er beißt sich nachdenklich auf die Wange, dann nickt er. »Gut, machen wir es so. DuSu ist aber noch nicht genehmigt.«
»Weiß Bescheid«, sagt Elli knapp und schiebt mich zur Tür hinaus.
Wir schweigen, während wir die Straße entlang laufen. Elli hat einen Wagen zur Wohnung geordert, mit dem sie dann später zum Tatort gebracht wird. Als ich mein Fahrrad aufschließe, sagt sie leise: »Caro, es wäre mir wirklich lieber, wenn du woanders übernachtest. Wir wissen nicht, ob dein Mitbewohner ...« Sie stockt und sucht nach Worten.
»Fo ist mein bester Freund«, sage ich mit aller Überzeugung, die ich aufbringen kann. »Es ist vollkommen lächerlich, ihn zu verdächtigen. Er ist der liebste, netteste Mann, den ich kenne.« Ist er das?, fragt ein zweifelndes Stimmchen in mir. Bist du da ganz sicher?
Elli scheint die Zweifel zu teilen. Sie seufzt. »Wenn du wüsstest, wie oft das behauptet wird«, sagt sie düster. »Wenn einer durchdreht, hat in der Regel keiner aus seiner Umgebung vorher was bemerkt. Es sind verdammt oft nette, freundliche, unauffällige Menschen, die keiner Fliege ein Haar krümmen konnten.«
Ich erwidere nichts darauf. »Wer ist das Opfer?«, frage ich. »Kenne ich sie? Steht sie auf der Liste?«
Elli beißt sich auf die Zähne. »Keine Frau«, sagt sie knapp. »Mehr darf ich dir nicht sagen, es tut mir leid.«
Jetzt habe ich genug nachzudenken, bis wir zu Hause sind. Ich schließe auf, rufe nach Fo, aber er ist nicht da. Überraschung!
»Darf ich mich umsehen?«, fragt Elli. Ich zucke die Achseln, nicke und checke den Anrufbeantworter. Einer der Anrufe ist von Philipp. Er fragt Fokko nach den Kontaktabzügen und bittet ihn, sie in der Agentur vorbeizubringen oder sonst kurz Bescheid zu sagen, dann würde er Jay, seinen Fahrer, schicken. Ich lausche seiner Stimme und bin einen Augenblick lang traurig, dann höre ich den AB weiter ab. Der zweite Anruf kommt von Yoshis Anschluss. Ich höre das Schweigen am anderen Ende. Das gleiche Spiel wie am Nachmittag: ferner Verkehrslärm, entfernte Stimmen und Geräusche, Stille. Unterdrücktes Atmen.
Elli steht plötzlich hinter mir, fragt mich, wer das war. Ich seufze. »Yoshi«, sage ich. »Mein Ex, erinnerst du dich an ihn?«
Sie klappt den Mund auf, macht ihn wieder zu, flüstert einen Fluch und zieht ihr Handy wie eine Waffe. Sie dreht sich weg, murmelt in den Apparat. Ich lasse sie in Ruhe ihre Bullenshow aufführen und sehe mir in der Zeit den Briefumschlag an, der auf der Fußmatte liegt. Wir müssen beim Reinkommen drübergelaufen sein, ohne ihn zu bemerken. Gelb, ohne Absender. Mir wird kalt. Ich reiße in auf, falte das Blatt darin auseinander - »Liebe Grüße und bis bald« und sehe mir die Karte an. Der Karo-König. Eine Spielkarte, wie bei den Toten. Ich schüttele mich und lasse den Brief beinahe fallen.
»Was ist los? Was hast du da bekommen?« Elli greift über meine Schulter und nimmt mir den Brief und die Karte ab.
»Das ist der dritte Brief«, sage ich. »Immer dieser Inhalt.«
Sie flucht, laut und erbittert, auf Italienisch. Das bedeutet bei Elli höchste Alarmstufe. »Fingerabdrücke«, höre ich zwischen all ihren » porca puttana « - , » cazzo « - , » stramaledetto «-Ausrufen.
Ich bin mit einem Mal so müde, dass ich nur noch ins Bett will, egal, ob mich dort einer umbringt oder nicht. »Elli, schimpf draußen weiter«, sage ich, lasse meine Jacke fallen und wanke Richtung Badezimmer.
Es folgen einige turbulente Minuten und ehe ich so recht begreife, was los ist, sitze ich in einem Streifenwagen, der durch die Nacht brettert, vor mir meine Schwester, die immer noch hektisch telefoniert, inzwischen per Funkgerät.
Ich lege den Kopf an die Rückenlehne und schlafe ein.
Als wir anhalten, bin ich mit einem Ruck hellwach und so wütend wie schon lange nicht mehr. Ich setze zu einer ähnlich drastischen Schimpfkanonade an wie vorhin Elli, da fällt mein Blick auf das Haus, vor dem wir stehen, inmitten eines Pulks von Polizeiautos und Uniformierten. Ein Stück des Gehwegs ist abgesperrt, dahinter stehen die obligatorischen Gaffer. Ein Rettungswagen schließt gerade seine Türen und braust unter lautem Geheul davon - anscheinend hat irgendwer das Ganze überlebt.
Ich registriere den Trubel nur am Rande, starre das Haus an. Ein enges, schweres Gefühl legt sich um meine Brust. »Wer ist der ... wer war da in dem Rettungswagen?«, frage ich
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