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Calendar Girl

Titel: Calendar Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
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flehend meine Schwester. Sie nimmt meinen Arm, drückt ihn tröstend, zieht mich mit sich zum Haus. »Yoshi?«, frage ich und wehre mich gegen ihren Griff. »Sag nicht, dass es Yoshi ist?«
    »Er lebt«, sagt sie, und diese knappe Antwort haut mir die Füße weg. Ich schnappe nach Luft und kippe um.
    Blackout.

29
    Der Karo-Junge hat sich erstaunlich heftig gewehrt für so ein schmächtiges Lackäffchen. Er hatte damit nicht gerechnet, und vor allem nicht mit dem Lärm, den das Schlitzauge dabei veranstaltet hatte. Er musste abhauen, ehe er sicher gehen konnte, dass der Bursche auch wirklich tot war, und das ärgerte ihn maßlos. Aber der Junge hatte Blut verloren, viel Blut. Mit ein bisschen Glück war er bereits tot und alles war gut.
    Er betrachtete missmutig die Ärmel seines Hemdes. Ein Riss im Stoff, Blutflecken, ein Knopf war abgerissen. Und er hatte keine Andenken mitnehmen können, dazu hatte die Zeit nicht mehr gereicht. Für den Anruf hatte er immerhin das Handy des Japsen mitgenommen, das lag jetzt vor ihm auf dem Tisch. Vielleicht konnte er es noch für irgendetwas brauchen.
    Er duschte, trocknete sich ab und saß eine Weile zusammengesunken am Küchentisch. Müde, mit einem Mal. Knochenmüde. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit und seine Kraft nahm erschreckend schnell ab. Vier Knappen sollten es sein, und mindestens ein halbes Dutzend Hofdamen. Aber es bedeutete doch mehr Anstrengung als er gedacht hatte, den Hofstaat seiner Königin zusammenzubekommen. Der Knappe, drei Hofdamen ... vielleicht sollte das reichen?
    Er raffte sich mit einer heftigen Bewegung auf. Nein. Das reichte nicht. Es ging um seine Herzkönigin, die Strahlende, die Kostbare. Ein so kümmerlicher Hofstaat wäre eine Beleidigung. Er musste sich nur ein paar Minuten ausruhen. Und vielleicht nahm er sich als nächstes den zweiten Knappen vor. Da war auch noch der Bruder, Danny. Ein großer, kräftiger Kerl, den würde er später in Angriff nehmen, wenn er sich etwas erholt hatte. Aber dieser hier war in Reichweite, ein leichtes, argloses Opfer. Ihn würde er heute noch erledigen und morgen dann vielleicht Franca. An Gudrun kam er nicht heran, sie war dauernd mit ihrem Mann zusammen, diesem misstrauischen alten Sack.
    Er ballte die Fäuste, entspannte sie wieder. Die Handschuhe durfte er nicht vergessen, auch wenn es dieses Mal nicht darauf ankam, seine Fingerabdrücke waren ohnehin überall zu finden. Aber man musste die Bullen ja nicht gleich mit der Nase darauf stoßen.
    Er verschnaufte noch einen Moment mit geschlossenen Augen. Verdammtes Ärztepack, verfluchtes Schicksal, das es so schlecht mit ihm meinte. Aber wenigstens diese Aufgabe wollte er noch sauber beenden und dann, als letztes, seine Königin mit in den langen Schlaf nehmen. Dieser Gedanke hielt ihn aufrecht und trieb ihn an, bis zum süßen Ende.

30
    Elli hat keine Zeit, sich um mich zu kümmern. Ich sitze in einem der Einsatzwagen und trinke heißen Kaffee aus der Thermoskanne einer freundlichen Beamtin, die mich regelrecht verhätschelt. Yoshi ist im Krankenhaus, der junge Kommissar, Johannes, ist bei ihm, damit er ihn sofort befragen kann, wenn er aufwacht. Falls er aufwacht. Was auch immer. Ich putze mir die Nase und trinke Kaffee.
    Das Funkgerät quietscht und klirrt und schickt eine bellende, abgehackte Reihe von Silben durch die Luft.
    »Die SpuSi ist jetzt durch«, höre ich jemanden rufen. Menschen in Overalls kommen aus der Tür, Taschen und Werkzeugkästen in den Händen, verteilen sich auf Autos. Motoren springen an, die Anzahl der parkenden Wagen verringert sich nach und nach.
    »Caro«, spricht mich jemand an, ich zucke zusammen. Durch das geöffnete Fenster blickt mich Elli an, dunkle Ringe unter den Augen, sichtlich erschöpft nach einem langen Tag, einer langen Nacht. »Alles okay mit dir?«
    Ich nicke und reiche ihr den Kaffeebecher, aus dem sie dankbar trinkt. »Es tut mir so leid, dass wir dich hier festgehalten haben«, sagt sie. »Aber ich wusste nicht, wo ich dich lassen sollte, und der PHK wollte auch noch unbedingt mit dir sprechen.« Sie trinkt noch einen Schluck und fügt hinzu: »Wir fahnden nach deinem Freund.«
    Ich senke den Blick. Fokko. Ich glaube es nicht. Das hat nichts mit Blauäugigkeit oder Naivität zu tun. Ich glaube es einfach nur nicht. Elli öffnet die Tür, setzt sich neben mich. Wir schweigen, zu müde, um miteinander zu reden.
    Irgendwann kommt der PHK - Hauptkommissar Herbers - und lehnt sich gegen die geöffnete Tür des

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