Calendar Girl
gewirkt hat.
Ich verschnaufe. Die Zeit rennt mir davon, Fokko ist schwer verletzt, der Troll kommt wieder zu sich. Ich muss jetzt die Treppe hinauf und Hilfe holen.
Ich knie neben Fo nieder und frage ihn: »Hast du ein Handy in der Tasche?« Er sieht mich an und ich kann erkennen, dass er kaum noch etwas mitbekommt. »Handy!«, drängele ich. Er schließt die Augen, ohne etwas zu sagen.
Ich will nicht an ihm herumfingern, habe Angst, ihm wehzutun, alles noch zu verschlimmern. Nach einem verzweifelten Blick auf ihn und Jason mache ich mich auf den Weg nach oben.
Die Bewegung erschüttert meinen Kopf, mir ist kotzübel und meine Sicht schwankt, als wäre ich betrunken. Ich schleppe mich zur Treppe, fange an, die Stufen hinaufzuklettern. Es dauert ewig und ich muss alle paar Stufen pausieren. Dann habe ich endlich die Tür erreicht, drücke die Klinke hinunter und ziehe.
Abgeschlossen. Der Scheißkerl hat uns eingeschlossen. Ich sinke auf der obersten Stufe in die Hocke und presse die Fäuste gegen die Augen. Nicht heulen, nicht zusammenklappen. Weiter, Caro. Zurück, den Troll durchsuchen, er muss die Schlüssel ja bei sich haben.
Ich rappele mich auf und behalte Jason im Blick, während ich die Treppe wieder hinuntersteige. Seine Bemühungen, sich aus den Fesseln zu befreien, werden angestrengter. Ich höre ihn knurren wie einen an die Kette gelegten Hofhund. Er ist vollkommen irre. Warum habe ich das bisher nicht begriffen? Ich habe immer an ihn als etwas Böses, Gewalttätiges gedacht, wie ein Wirbelsturm oder ein Vulkanausbruch. Etwas Naturgewaltiges, das einfach ist, wie es ist. Aber jetzt, wo ich sehe, wie er sich gegen die Fesseln stemmt und windet, dabei keucht und knurrt, begreife ich, dass er verrückt, irre, durchgeknallt ist. Er bringt Menschen um, einfach so. Er hat mich vier Jahre lang gequält und missbraucht, einfach so. Ich muss stehenbleiben und tief atmen, damit ich mich nicht übergebe. Warum haben sie ihn nicht in die Klapsmühle gesperrt und nie wieder rausgelassen? Warum ist er wieder auf freiem Fuß, das ist doch krank!
Ich höre das Knarren und Quietschen der Heizung, die wahrscheinlich jeden Moment aus ihrer Halterung reißt und uns zu allem Überfluss auch noch unter Wasser setzen wird. Ich beschleunige meine Schritte, greife nach einem schweren Kamerastativ und hebe es mit Mühe hoch. »Jason!«, sage ich scharf. »Ich schlage dir hiermit den Schädel ein, wenn du nicht still liegen bleibst. Das sind keine leeren Worte!« Dabei versuche ich, so bedrohlich wie möglich zu wirken, obwohl mir die Knie zittern.
Er liegt still und starrt mich mit seinen toten Augen an. Er bleckt die Zähne, hechelt wie ein Hund, knurrt tief in der Kehle, seine Halssehnen treten hervor. Aber er hält ruhig, wenigstens für den Moment.
»Wo ist der Kellerschlüssel?«, frage ich ihn. Er lacht mir ins Gesicht, Speichel sprüht aus seinem Mund. Ich hebe das Stativ ein Stück höher, als wollte ich es ihm über den Kopf schlagen, aber meine Hände spielen nicht mit, es fällt mir mit einem lauten Knall auf den Boden und der Troll lacht und lacht wie ein Verrückter. Ich zittere, muss Abstand zu ihm gewinnen, mich neu sortieren. Ich weiche zurück und er grätscht mit einer schnellen Bewegung nach mir, nimmt mich in die Beinschere, dass ich strauchele und auf ihn falle. Seine Arme sind über dem Kopf gefesselt, aber er stößt mit dem Kopf nach mir, schnappt wie ein Hund mit den Zähnen und bekommt eine Strähne meines Haars zu fassen, an der er zerrt und reißt. Ich schreie wie am Spieß und schlage auf ihn ein. Der Schmerz, den sein Angriff in meinem angeschlagenen Schädel verursacht, treibt mir die hellen Tränen in die Augen, verschleiert meine Sicht. Ich treffe ihn fest, schlage in sein Gesicht, aber er lacht nur mit fest zusammengebissenen Zähnen. Meine Haare beginnen auszureißen, ich gebe dem Zug nach und er schnappt neu zu, beißt mich in den Hals, schnappt nach meiner Kehle. Ich drücke ihn weg, aber er lässt nicht los, schlingt seine Beine um mich, hält mich unten.
Ich bemerke gar nicht, dass ich immer noch schreie. Hinter mir knallt etwas ohrenbetäubend laut, ich höre Schreie, Männerstimmen, eine Frauenstimme, das Geräusch von Schuhen auf der Treppe. Ich kann mir keine Erleichterung erlauben, ich bin ganz sicher, dass er mir die Kehle herausfetzen würde, also stemme ich mich weiter gegen ihn, schlage ihn, bäume mich gegen seine Umklammerung.
Dann sind sie bei uns, starke Hände packen
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