Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
aus.
Mit glänzenden Augen folgte Helena seinem Beispiel. Als er ihr noch mehr von dem Branntwein anbot, hielt sie ihr Glas rasch außer Reichweite. „Einer ist schon mehr als genug“, erklärte sie.
„Es geschah alles genau so, wie Sie es gesagt hatten“, erzählte Abigail Jamie. „Er fragte mich, ob ich ihn heiraten will. Ich sagte Ja, worauf er mit Vater redete, und nun wollen wir es in der Zeitung bekannt geben. Ist das zu glauben?“
„Glauben? Schätzchen, das habe ich doch prophezeit.“ Mit überraschender Schärfe fügte er hinzu: „Ich habe sogar darauf bestanden, als Erster die Braut zu küssen.“
Allein bei dem Wort ,Braut“ wurde ihr schon schwindelig. Doch Jamie ließ ihr keine Zeit, über diese Empfindung nachzudenken, sondern fasste sie um die Taille und gab ihr einen langen, heftigen Kuss. Sein Mund war warm und schmeckte nach der geheimnisvollen Flüssigkeit, die er getrunken hatte. Abigail war zu verblüfft, um denken zu können, bis er sie ebenso übergangslos freigab, wie er sie gepackt hatte. Benommen versuchte sie, irgendeinen Sinn in die Gefühle zu bringen, die sie jetzt durchströmten.
Ungeniert drückte Jamie ihr das Glas Tequila in die Hände. „Nun haben Sie etwas, worauf Sie trinken können. Also trinken Sie schon!“
Weder Rowan noch Helena schien Jamies unverschämtes Benehmen aufzufallen. Die beiden waren vollkommen mit sich beschäftigt.
„Nun, worauf warten Sie noch?“ drängte Jamie Abigail. „Hoch die Tassen! Prost und ein langes Leben der künftigen Braut und so weiter.“
„Und so weiter.“ Mit zitternder Hand hob sie das Glas und nahm einen kräftigen Schluck.
Sie hatte das Gefühl, innerlich zu verbrennen. Es dröhnte in ihren Ohren. Sie wollte aufschreien und machte den Mund auf, doch kein Ton kam über ihre Lippen. Ohne sich zu bewegen, schien sie sich in den Himmel zu erheben - ein berauschendes, wenn auch beängstigendes Gefühl. Das ganze Zimmer schien sich zu drehen, und dann fühlte sie Jamies Hände, während er sie zu einem Sessel führte. Wenigstens das Dröhnen hatte nachgelassen, so dass sie wieder hören konnte.
„Besser?“ erkundigte er sich ruchlos lächelnd.
„Was ist das? Das sollte verboten werden.“
Rowan hielt die Flasche in die Höhe, in der noch ein Rest von der klaren Flüssigkeit verblieben war. „Tequila ist etwas Heiliges und geeignet für Könige und Götter“, erläuterte er und sprach dabei überdeutlich. „Schon in der prähispanischen Ära stellten Indianer aus dem Hochland von Jalisco, Mexico, das alkoholische Getränk aus der Agave her.“
„Mein Vetter Blue, der ein Doktor in San Francisco ist, schickt mir einige Flaschen“, fügte Jamie hinzu.
„Möchte er Sie um die Ecke bringen?“ erkundigte sich Abi gail.
Helena nahm einen Schluck gleich aus der Flasche. Dann hielt sie sie ans Licht und runzelte die Stirn. „Irgendetwas kollert darin herum. Etwas Kleines, Dickes, Bräunliches.“
„Das wird wahrscheinlich der Wurm sein“, meinte Professor Rowan.
„Der Agaven-Wurm“, fügte Jamie hinzu. „Den findet man gewöhnlich nur in Mezcal-Flaschen, doch dies hier ist ein sehr hochklassiger Tequila.“
„Ein Wurm?“ Helena hielt sich die Flasche so dicht vors Gesicht, dass sie beinahe schielen musste, um den Wurm angeekelt betrachten zu können.
„Diese Sitte stammt von den Priestern der Azteken“, erläuterte Rowan. „Auf diese Weise erhält das Getränk einen wirklichen Lebensgeist.“
Jamie holte sich die Tequilaflasche zurück und füllte Abigails Glas noch einmal auf, bevor sie ihn davon abzuhalten vermochte. Zu ihrem Entsetzen rutschte dabei der Wurm in ihr Trinkglas. ,„E l gusano“ wird als Aphrodisiakum gepriesen“, führte er aus. „Er muss gegessen werden, meine Liebe.“
Abigail schaute das Ding an, das da blass und geschwollen wie eine dicke Made auf dem Boden ihres Glases lag. „Wieso sollte irgendjemand so etwas essen?“
„In diesem Wurm liegt der Schlüssel.“
„Der Schlüssel wozu?“
„Zur Freiheit, zum Entzücken, zu einer neuen Welt wunderbarer Erfahrungen.“
„Das ist doch nur ein Wurm und nicht der Heilige Gral.“
„Es gibt nur eine Möglichkeit herauszufinden, ob ich Recht habe“, meinte Jamie. „Sie müssen ihn kosten.“
Abigail fiel wieder ein, dass er auch derjenige gewesen war, der sie veranlasst hatte, eine rohe Auster zu verspeisen. „Niemals!“ erklärte sie und gab ihm das Glas zurück.
„Sie wissen ja nicht, was Ihnen entgeht.“ Er
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