Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
sie sich verhalten musste, was sie tun und wen sie sehen würde. Jamie ging mit ihr noch einmal die Kunst des Hofknickses durch, wobei er seine Technik so exakt wie ein Feldwebel auf dem Exerzierplatz vorführte. Danach pfiff er eine Walzermelodie und half Abigail, an ihren Tanzkünsten zu feilen.
Bezüglich der Kunst der Unterhaltung warnte er sie davor, zu laut zu lachen, zu leise zu sprechen und ihre Meinung zu oft zu äußern. Schließlich wandte er sich der Kunst des Fächerns zu, und da vermochte Abigail sich wirklich nicht länger zurückzuhalten. Lachend sank sie auf das Bett.
Im nächsten Augenblick lag er neben ihr; sie fühlte seine Körperwärme und konnte den Stärkegeruch seines Hemds wahrnehmen. Als sie den Kopf ein wenig drehte, sah sie jede Facette seiner bemerkenswerten Augen. Diese Augen erinnerten sie an Steine, die in Eis gefangen waren - kalt und unergründlich.
Eine Woge der Empfindungen überschwemmte sie. Sie wusste nicht mit Sicherheit, wer von ihnen sich zuerst bewegte, doch ihre Lippen trafen sich. Sanft fordernd drang er mit der Zunge in ihren Mund.
Abigail erschauderte ein wenig. Kleine, gefährliche Hitzeschocks durchliefen sie und weckten in ihr ein heißes Sehnen. Der verführerische Augenblick enthielt alles, was Jamie sie je über das Küssen gelehrt hatte - und noch mehr, denn jetzt legte sie auch ihre eigenen Gefühle, ihre eigene Leidenschaft mit hinein.
Jamie beendete den Kuss, ehe Abigail dazu bereit war. Er schob sie sanft zurück, stand auf und wandte sich zum Fenster. Im hereinfallenden Licht sah er aufgelöst und ein wenig zornig aus.
„Jamie?“
„Es wird schon alles in Ordnung gehen“, meinte er, als hätte sie nichts gesagt. „Sie sind so bereit, wie Sie es nur sein können.“
VIERTER TEIL
25. KAPITEL
J amie Calhoun erschien geradezu altmodisch pünktlich zur Galaeröffnung des National-Aquariums an der Constitution Avenue, die nicht weit vom Weißen Haus entfernt war.
Er wollte keinen einzigen Moment dieses Ereignisses verpassen - nicht weil er etwa Wert darauf legte, Alligatoren und Haie zu besichtigen, sondern weil diese Veranstaltung Abigail Cabots erster offizieller Auftritt als künftige Braut war.
In dieser reich ausgestatteten neuen Einrichtung, der ersten ihrer Art in der Nation, würde Abigail an Boyd Butlers Arm erscheinen, während Boyds Vater, der Vizepräsident, eine kurze Rede halten und danach das übliche Durchschneiden des Bandes überwachen würde.
Die ganze Elite der Hauptstadt würde zugegen sein und die zukünftige Braut begutachten. Alle waren neugierig auf das Mädchen, das die Schwiegertochter des zweitwichtigsten Mannes im Lande werden sollte. Ihr letzter Auftritt in der Gesellschaft war nicht eben sehr erfolgreich gewesen, und deswegen kreisten die Geier jetzt über ihr.
Es war bekannt, dass Boyd Butler III. eine politische Laufbahn einschlagen wollte, und einige Leute meinten sogar, eine künftige Bewerbung um das Präsidentenamt wäre keineswegs ausgeschlossen.
Als Jamie darüber nachdachte, fand er diese Vorstellung sowohl erheiternd als auch unglaublich: Abby, seine Abby - als First Lady! Bei diesem Gedanken schwindelte es ihn, dennoch stellte er sich immer wieder vor, wie angemessen es wäre und wie wohltuend für das amerikanische Volk. Das Weiße Haus hatte zwar seine Dolley Madison und seine Mary Todd Lincoln gehabt, jene First Ladys, die frischen Wind in das Amt gebracht hatten, doch jemanden wie Abigail Cabot hatte es noch nie erlebt.
Verdammt, niemand hatte je eine Person wie Abigail Cabot erlebt!
Jamie entdeckte etwas Erschreckendes: Sie würde ihm fehlen. Dabei sollte er doch froh darüber sein, dass er mit den Cabots bald nichts mehr zu schaffen haben würde. Darüber bin ich auch froh, redete er sich ein. Es machte ihm nichts aus, Leute für sich einzuspannen, doch ein Sadist war er auch wieder nicht; es bereitete ihm keine Freude zuzusehen, wie alles nach und nach auseinander brach, was zweifellos geschehen würde, denn das lag in der Natur von Romanzen und Liebe. Wie dem auch sei - er war gespannt darauf, wie man Abigail heute aufnehmen würde.
„Sie machen ja ein so düsteres Gesicht, Herr Abgeordneter!“ Caroline Fortenay begrüßte ihn, als er die Marmortreppe in die Hauptgalerie hinunterstieg.
Sofort glättete Jamie die Stirn. Er kam sich vor, als wäre er ein anderer Mensch als der, den die Dame vor nicht allzu langer Zeit verführerisch gefunden hatte. „Das mache ich öfter, wenn ich zu viel
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