Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
wollen.“
„Das sind Sie doch schon“, erwiderte sie leise.
„Hören Sie, vorgestern Nacht beging ich einen Fehler. Ich hatte mich nicht im Griff. Trotzdem bedeuten wir einander nichts - nicht mehr, als ein Hengst einer Stute bedeutet.“
„Das weiß ich besser!“ fuhr sie ihn in ihrer Angst an. „Ich weiß genau, was ich fühlte, als Sie mich liebten, und ich glaube auch zu wissen, was Sie empfanden, als ich mich Ihnen hingab. Ich weiß es tatsächlich, Jamie. Ich ...“
„Still!“ Er drückte ihr zwei Finger an die Lippen. „Ich nahm Sie in mein Bett, und ein anständigerer Mann als ich hätte sich in diesem Fall für Sie verantwortlich gefühlt. Doch Sie benötigen mich nicht mehr, Abby. Bei Ihnen beging ich einen Fehler, doch Sie kennen mich inzwischen gut genug, um zu wissen, dass ich denselben Fehler nie zweimal mache.“
Er entfernte sich von ihr und fuhr sich mit der Hand durch sein feuchtes Haar. „Ich liebte Layla wirklich“, hörte sie ihn noch sagen. „Sie hat das Beste von mir bekommen, und mehr gibt es nicht.“
Obwohl es mitten in der Nacht war, kleidete sich Jamie hastig an.
Was Caroline gesagt hatte, war weniger wichtig als das, was sie verschwiegen hatte. Irgendetwas war im Gange, und das bedeutete für die Menschen in Jamies Distrikt bestimmt nichts Gutes. Er musste jetzt seinem Instinkt folgen. Das hatte er zuvor einmal versäumt, und das Resultat war tragisch gewesen. Noch einmal durfte ihm das nicht passieren.
Und was Abigail betraf ... Er wollte nicht mehr an sie denken, doch sie ging ihm nicht aus dem Sinn. Er hätte sie nur als Mittel zum Zweck benutzen sollen; er indes hatte den Fehler gemacht, sich mit ihr einzulassen.
Möglicherweise war er tatsächlich ein bisschen wie ihr mythologischer Bildhauer Pygmalion. Er hatte ihr bewiesen, dass sie eine Frau sein konnte, die Verstand mit Selbstvertrauen und Stolz mit Charme zu kombinieren vermochte. Kurz, die Sorte Frau, der selbst er nicht widerstehen konnte. Doch er würde sich nie ihr unschuldiges, vertrauensvolles Herz und ihre so offen sinnliche Natur als sein Verdienst anrechnen. Diese Dinge kamen von Abby ganz allein, ob sie es nun wusste oder nicht.
Ihre Liebeserklärung hatte ihn wie ein Schlag getroffen, obgleich er alles getan hatte, es zu überhören. Er hatte weder für Liebe das Herz noch für Verwundbarkeit, Torheit, Verantwortung und ... Erfüllung.
Den Ausdruck in ihrem Gesicht, als er ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte, würde er noch lange vor sich sehen. Woher kam bei ihm eigentlich diese emotionale Grausamkeit? Vielleicht hatte er doch mehr von seinem Vater, als er dachte. Das Mindeste, was er tun konnte, wäre es, Abigail ihr Herz zurückzugeben. Sie hätte es ihm ohnehin gar nicht schenken dürfen.
Er verließ das Haus und lief zu Fuß zu dem Mietstall, in dem Oscar untergebracht war. Dort zündete er eine Lampe an und machte sich daran, das Pferd zu satteln. Abigail wird es überleben, sagte er sich. Im Handumdrehen dürfte sie verheiratet und versorgt
sein. Dann würde sie ein Leben in stiller Schicklichkeit bar jeder Gefahren führen, und wer, zum Teufel, war er, zu behaupten, ein solches Leben sei nicht lebenswert?
32 KAPITEL
N ach dieser Nacht kehrte Jamie Calhoun nicht mehr in die Dumbarton Street zurück, und Abigail merkte, wie sich ein gebrochenes Herz anfühlte. Mit reiner Willensstärke schleppte sie sich durch den Tag, und niemandem schien aufzufallen, wie still und wie in sich gekehrt sie geworden war. Niemand schien zu erkennen, dass sie hinter der äußerlichen Heiterkeit nur ihren angeschlagenen Geist versteckte.
Vielleicht hatte Jamie sie gar nicht lehren wollen, sich auch unter unerträglichem Schmerz gerade aufzurichten, doch er hatte ihr gezeigt, dass das Erscheinungsbild alles bedeutete und dass die Illusion ein mächtiges Werkzeug war.
Das machte sie sich eines Morgens beim Frühstück zu Nutze, als sie sich spät wie immer zu ihrem Vater und ihrer Schwester gesellte.
„Du verbringst offensichtlich immer mehr Zeit mit deiner Kometenjagd“, bemerkte der Senator, legte seine „Post“ zur Seite, erhob sich und half ihr, sich zu setzen.
„Ich glaube immer, ich würde bald einen sehen.“
„Deine Geduld ist bewundernswert“, meinte er und schenkte ihr den Morgentee ein. Abigail dankte ihm und genoss seinen warmen Blick.
Dieses neue Band der Zuneigung zwischen ihr und ihrem Vater füllte jetzt die jahrelange Leere aus, doch es war ein bitter-süßer Sieg,
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