Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
hinauf und sah dann ihren Kometen. Man würde ihr zu Ehren eine Goldmedaille prägen. Werde ich auch einmal so berühmt wie Professor Mitchell? fragte sie sich. Bekannt zu werden interessierte sie nicht, doch den Ruhm für die Entdeckung wollte sie schon in Anspruch nehmen.
Der Nachtwind kühlte die Tränen auf ihrem Gesicht. Abigail lehnte sich zurück und schaute in den Himmel. Wie stets, gingen ihr auch jetzt Gedanken an Jamie durch den Kopf. Sie hatte immer geglaubt, die Zeit heilte ein gebrochenes Herz. Jetzt wusste sie, dass der Schmerz mit jedem Tag tiefer ging.
Dieser Gedanke gab ihrer Entdeckung einen bitter-süßen Nachgeschmack. Doch das ist schon in Ordnung so, sagte sie sich. Hätte sie nicht den Preis ihres Herzens gezahlt, würde ihr dieses Geschenk nun möglicherweise gar nicht gehören. Sie war die erste
Person auf Erden, die diesen Kometen gesehen hatte, und der Schmerz in ihrem Herzen machte ihre Ehrfurcht umso größer.
„Ich habe ihn gefunden“, flüsterte sie der Nacht, den Sternen und dem Wind zu.
„Komet Beatrice Cabot“, sagte sie laut und ließ den Namen auf der Zunge zergehen, den sie zu Ehren ihrer Mutter gewählt hatte.
33 . KAPITEL
A m King’s Creek brachte der Winter eine klare und reine Schönheit über das Land. Die Felder lagen abgeerntet und vom Frost gezeichnet da, und entlang dem Wasserlauf hatten Wind und Kälte Schilf sowie Gras alle Farbe entzogen.
Nach einem Zweistundenritt von Albion und einem herrlichen Mahl, das Noahs Witwe Patsy zubereitet hatte, rauchte Jamie jetzt seine Zigarre auf der Veranda vor dem Haus seines Bruders und wartete auf die Abenddämmerung.
Für ihn gehörte dieses Anwesen noch immer Noah, obgleich sein Bruder niemals mehr Pferde trainieren und am Zaun entlangreiten konnte, der den Besitz eingrenzte, oder mit einem der muskelbepackten Zugpferde, welche zur Mitgift seiner Ehefrau gehörten, die Felder umzupflügen vermochte.
Noah würde auch nie mehr den Anblick genießen können, über den Jamie sich jetzt auf seinem Platz auf der Verandatreppe freute: Der hoch aufgeschossene Julius trug das Feuerholz für seine Mutter ins Haus. Zusammen mit dem Jungen hatte er in der vergangenen Woche einen der Schuppen wieder aufgebaut, der von der Eisenbahngesellschaft in Brand gesteckt worden war in dem idiotischen Versuch, die am King’s Creek wohnenden Menschen einzuschüchtern. Du wärst jetzt sehr stolz auf deinen Sohn, Noah, dachte Jamie.
Er hatte das Buch „Von der Erde zum Mond“ von Jules Verne gelesen, und weil es nun zu dunkel geworden war, zündete er eine Lampe an. Vor nicht allzu langer Zeit hätte er diesen Roman als unwahrscheinlich abgetan, doch jetzt, dank Abigail Cabots wilder Vorstellungskraft und ihrer exakten Wissenschaft, schien ihm diese seltsame Geschichte von Mitgliedern eines Schießklubs, die eine Reise zum Mond planten, durchaus nicht mehr so weit hergeholt. Die Vorstellung, mittels einer Kanone in den Weltraum geschossen zu werden, hatte fraglos etwas für sich.
Alles erinnerte ihn an Abigail. Im Wind, der durch die kahlen Bäume fuhr, hörte er sie seinen Namen flüstern. Der indigoblaue Himmel in der Abenddämmerung war von der Farbe ihrer Augen. Der Geruch des Winters weckte Erinnerungen, die nicht nur schmerzten, sondern ihn fast umbrachten.
Das durfte ihm doch nicht passieren - er war schließlich gegen derlei Gefühle taub und unempfindlich! Tatsache blieb jedoch, dass es jetzt in seinem Leben eine Lücke gab, die exakt die Größe eines kleinen Energiebündels hatte; der Frau, die er absichtlich hinausgeworfen hatte.
Patsy wickelte sich in ein Umschlagtuch und kam auf die Veranda heraus. Sie wirkte besorgt und sah nicht mehr so hübsch aus wie vor fünfzehn Jahren, als Noah sie heiratete, doch sie war so stark und so klug wie eine Frau, die harte Zeiten durchgemacht hatte.
„Komm doch herein“, bat sie. „Hier draußen ist es ja eiskalt.“
„Ich komme gleich nach.“ Jamie legte das Buch aus der Hand und holte die Zeitung hervor, die er sich mitgebracht hatte, um sie zu lesen und dann Julius die Neuigkeiten mitzuteilen. Er blätterte zu einem Artikel über die herbstliche Sitzungsperiode des Kongresses und verspürte große Befriedigung, als er die Zusammenfassung zu der Eingabe der Eisenbahngesellschaften las. Die Abstimmung im Senat war unentschieden ausgegangen, Vizepräsident Butler hatte gegen die Vorlage ein unerwartetes Veto eingelegt und dann die Farmer, und nicht die Eisenbahngesellschaften
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