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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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erkennen.«
    »Hoffentlich haben sie nicht meine Mütter rekrutiert«, erwiderte Holden ebenso ironisch. »Ich sage Amos Bescheid, dass sie kommen.«
    Holden, Naomi und Amos warteten in dem kurzen, von Spinden beanspruchten Gang direkt hinter der inneren Luftschleuse auf die Inspektoren, die soeben angedockt hatten. Naomi stand groß und ernst mit ihrer frisch gewaschenen Kapitänsuniform und den Magnetstiefeln da. Captain Estancia hatte die Somnambulist zehn Jahre lang befehligt, ehe sie der Piratenangriff das Leben gekostet hatte. Holden neigte zu der Ansicht, dass Naomi ein guter Ersatz war und angemessen herrisch wirkte.
    Hinter ihr stand Amos in einem Overall, auf dem das Abzeichen des Chefingenieurs prangte, und machte eine ebenso gelangweilte wie finstere Miene. Obwohl in dieser Umlaufbahn um Ganymed nur eine äußerst geringe Schwerkraft herrschte, wirkte er zusammengesunken. Holden versuchte, seine Haltung und die leicht verärgerte Miene nachzuahmen.
    Endlich hatte die Luftschleuse ihre Arbeit getan, und das innere Schott glitt auf. Sechs Marinesoldaten in Kampfmontur und ein junger Leutnant in einem Schutzanzug klapperten mit Magnetstiefeln herbei. Der Leutnant warf einen kurzen Blick auf die Mannschaft und überprüfte etwas auf einem Handterminal. Er wirkte ebenso gelangweilt wie Amos. Holden nahm an, dass dieser junge Offizier die Arschkarte gezogen hatte und den ganzen Tag Schiffe inspizieren musste. Wahrscheinlich wollte er die Sache ebenso schnell wie sie selbst hinter sich bringen.
    »Rowena Estancia, Kapitän und Mehrheitseignerin des auf Ceres registrierten Frachters Weeping Somnambulist .«
    Es war keine Frage, doch Naomi antwortete: »Ja, Sir.«
    »Der Name gefällt mir«, erklärte der Leutnant, ohne den Blick von seinem Handterminal zu wenden.
    »Sir?«
    »Der Schiffsname. Er ist ungewöhnlich. Ich schwöre Ihnen, wenn ich noch einmal auf ein Schiff muss, das nach einem Kind oder der verlorenen Geliebten nach einem magischen Wochenende auf Titan benannt ist, werde ich den Leuten wegen Mangels an Kreativität Strafen aufbrummen.«
    Holden spürte auf einmal eine Spannung im Kreuz, die langsam den Rücken hinaufkroch. Der Leutnant mochte sich schrecklich langweilen, aber er war klug und aufmerksam und ließ es sie gleich am Anfang wissen.
    »Tja, dieses Schiff ist nach den tränenvollen drei Monaten benannt, die ich auf Titan verbracht habe, nachdem er mich verlassen hatte«, erklärte Naomi grinsend. »Wahrscheinlich war es letzten Endes gar nicht so schlecht. Sonst hätte ich sie noch nach meinem Goldfisch benannt.«
    Der Leutnant riss überrascht den Kopf hoch, dann lachte er. »Danke, Kapitän. Das erste Mal, dass ich heute lachen muss. Alle anderen haben grässliche Angst vor uns, und diesen sechs Muskelpaketen da«, er deutete auf die Marinesoldaten hinter sich, »hat man mit chemischen Mitteln jeden Humor ausgetrieben.«
    Holden warf Amos einen Blick zu. Flirtet er mit ihr? Ich glaube, er flirtet mit ihr. Amos’ finstere Miene konnte alles Mögliche bedeuten.
    Der Leutnant tippte auf dem Terminal herum. »Protein, Nahrungsergänzungsmittel, Wasserreiniger und Antibiotika. Darf ich mich mal schnell umsehen?«
    »Ja, Sir.« Naomi deutete auf die Luke. »Dort entlang.«
    Sie ging voraus, und der UN-Offizier und zwei Marinesoldaten folgten ihr. Die anderen vier hielten vor der Luftschleuse Wache. Amos versetzte Holden einen Rippenstoß, um dessen Aufmerksamkeit zu erregen, und sagte: »Wie geht’s euch Jungs denn heute so?«
    Die Marinesoldaten ignorierten ihn.
    »Ich sag grad zu meinem Kumpel hier: ›Ich wette, diese hübschen Blechanzüge, die diese Jungs da tragen, kneifen ganz fürchterlich im Schritt.‹«
    Holden schloss die Augen und schickte telepathische Botschaften an Amos, mit diesem Unfug aufzuhören. Es nützte nichts.
    »Ich meine, all dieses Hightechzeugs, das ihr da umgeschnallt habt, das engt euch doch so ein, dass ihr euch noch nicht mal am Sack kratzen könnt. Oder, Gott verhüte, ihr müsst euch selbst in Unordnung bringen und das Zeugs verschieben, um etwas Platz zu schaffen.«
    Holden öffnete die Augen. Die Marinesoldaten starrten Amos an, hatten sich aber noch nicht gerührt und bisher nichts gesagt. Holden verzog sich in die hintere Ecke und schmiegte sich an die Wand. Niemand blickte in seine Richtung.
    »Also«, fuhr Amos fort. Es klang freundlich und sehr kameradschaftlich. »Ich habe da nämlich eine Theorie und dachte, ihr könnt mir vielleicht dabei

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