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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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wer sind Sie?«
    »Sie können mich ›Mister Nerv-mich-nicht-mit-deinem-Mist‹ nennen.«
    Vedas machte eine finstere Miene, und die beiden Sicherheitskräfte schlurften etwas näher heran. Holden schenkte ihnen ein Lächeln, dann griff er nach hinten und unter die Jacke, um die große Pistole zu ziehen. Er hielt sie seitlich neben dem Bein und zielte auf den Boden, doch das reichte schon, um die Männer zurückweichen zu lassen. Vedas erbleichte.
    »Ich kenne diesen Trick«, erklärte Holden. »Sie sehen sich unsere Ladeliste an und erzählen uns, welche Gegenstände irrtümlich dort aufgeführt sind. Während wir die geänderte Liste noch einmal an Ihr Büro schicken, schnappen Sie sich mit Ihren Handlangern die fraglichen Waren und verkaufen sie anschließend auf dem vermutlich blühenden Schwarzmarkt für Lebensmittel und Medikamente.«
    »Ich bin ein offiziell eingesetzter Administrator der Ganymed-Station«, ereiferte sich Vedas. »Glauben Sie, Sie können mich mit Ihrer Waffe einschüchtern? Ich lasse Sie von den Sicherheitskräften des Hafens festnehmen und beschlagnahme Ihr ganzes Schiff, wenn Sie …«
    »Nein, ich schüchtere Sie nicht ein«, erwiderte Holden. »Aber ich bin die Idioten leid, die immer aus dem Elend anderer Menschen einen Profit schlagen wollen, und ich will meine Stimmung heben, indem ich meinen Freund Amos hier bitte, Sie zu verprügeln, weil Sie versuchen, Flüchtlingen Lebensmittel und Medikamente zu stehlen.«
    »Es ist also keine Einschüchterung, sondern eher Stressabbau«, erklärte Amos freundlich.
    Holden nickte Amos zu.
    »Wie wütend macht es dich, dass dieser Kerl Flüchtlingen etwas stehlen will, Amos?«
    »Verdammt wütend, Kapitän.«
    Holden klopfte mit der Pistole auf seinen Oberschenkel.
    »Die Waffe ist nur dazu da, damit die sogenannten Sicherheitskräfte nicht eingreifen, bis Amos seinen Ärger vollständig abgebaut hat.«
    Mr. Vedas, der Zollinspektor für die Landeplätze A14 bis A22, drehte sich um und rannte, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her, und seine falschen Wachleute folgten ihm auf den Fersen.
    »Das hat dir Spaß gemacht«, stellte Naomi fest. Sie machte eine seltsame, abschätzende Miene, und ihre Bemerkung klang beinahe ein wenig vorwurfsvoll.
    Holden verstaute die Waffe.
    »Lasst uns herausfinden, was hier passiert ist.«

7 Prax
    Die Wache befand sich drei Stockwerke unter der Oberfläche. Im Vergleich zu anderen Bereichen der Station, wo nacktes Eis vorherrschte, waren die verkleideten Wände und die autarke Stromversorgung ein echter Luxus, aber vor allem waren dies wichtige Signale. Genau wie manche Pflanzen ihre Giftigkeit mit hellen Blättern signalisierten, zeigte die Wache ihre Undurchdringlichkeit. Man konnte sich nicht einfach durch das Eis graben und einen Freund oder Geliebten aus den Arrestzellen holen, und dies sollte jeder erkennen, der die Station betrachtete, damit er es gar nicht erst versuchte.
    In all den Jahren, die er auf Ganymed lebte, war Prax erst ein einziges Mal hier gewesen. Damals hatte er als Zeuge ausgesagt. Er war ein Mann gewesen, der den Gesetzeshütern geholfen hatte, und nicht jemand, der sie um Hilfe bitten musste. In der letzten Woche war er zwölfmal hier aufgetaucht und hatte in der langen Schlange der Verzweifelten gewartet. Dabei hatte er nervös gezappelt und gegen das Gefühl angekämpft, er müsste eigentlich woanders sein und irgendetwas tun, auch wenn er gar nicht genau wusste, was er eigentlich hätte tun sollen.
    »Es tut mir leid, Dr. Meng.« Die Frau, die am Informationsschalter hinter fingerdickem, mit Draht verstärktem Panzerglas saß, war müde. Mehr als müde, sogar mehr als erschöpft. Völlig am Ende, ausgebrannt und abgestumpft. »Auch heute habe ich keine Neuigkeiten für Sie.«
    »Gibt es denn jemanden, mit dem ich reden kann? Es muss doch irgendwo …«
    »Es tut mir leid.« Sie blickte schon an ihm vorbei zu dem nächsten verzweifelten, verängstigten und ungewaschenen Bittsteller, dem sie so wenig helfen konnte wie ihm. Prax ging hinaus und knirschte in ohnmächtiger Wut mit den Zähnen. Die Warteschlange maß zwei Stunden. Männer, Frauen und Kinder standen oder saßen dort herum, einige weinten. Eine junge Frau mit stark geröteten Augen rauchte eine Marihuanazigarette, deren Geruch den Gestank der dicht gedrängten Körper überdeckte. Der Rauch kräuselte sich vor dem » RAUCHEN VERBOTEN «-Schild zur Decke empor. Niemand protestierte. Alle hatten die gehetzten Gesichter von

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