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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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aufgeben.

8 Bobbie
    Die Harman Dae-Jung war ein Großkampfschiff der Donnager -Klasse, einen halben Kilometer lang mit einer Viertelmillion Tonnen Leergewicht. Ihr Hangar war groß genug, um vier Begleitfregatten, mehreren kleineren Shuttles und einigen Reparaturfahrzeugen Platz zu bieten. Im Moment lagen dort nur zwei Schiffe: das große, beinahe unförmige Shuttle, das den marsianischen Botschafter und die offiziellen Vertreter für den Flug zur Erde hergebracht hatte, und das kleinere und schlichtere Shuttle der Raummarine, mit dem Bobbie von Ganymed heraufgekommen war.
    Bobbie benutzte den weiten leeren Raum zum Joggen.
    Die Diplomaten setzten den Kapitän der Dae-Jung unter Druck, weil sie so schnell wie möglich zur Erde wollten, daher beschleunigte das Schiff fast durchgehend mit einem G. Die meisten marsianischen Zivilisten fühlten sich dabei unwohl, doch Bobbie kam das gerade recht. Das Corps trainierte ständig bei hohen G-Werten und führte mindestens einmal im Monat Ausdauerübungen bei einem G durch. Niemand ging so weit, es als vorbereitende Maßnahme darauf zu bezeichnen, dass sie eines Tages in einem Bodenkrieg auf der Erde kämpfen mussten. Es war auch nicht nötig, dies eigens zu betonen.
    Während ihrer Abordnung nach Ganymed hatte sie keine Gelegenheit bekommen, bei hohen G-Werten zu trainieren, und der lange Flug zur Erde war in ihren Augen eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich wieder in Form zu bringen. Vor den Eingeborenen wollte sie keinesfalls schwach erscheinen.
    »Alles, was du kannst, das kann ich viel besser«, sang sie atemlos und im Falsett, während sie rannte. »Ja, ich kann alles viel besser als du.«
    Sie warf einen raschen Blick auf die Armbanduhr. Zwei Stunden. Bei ihrem gegenwärtigen gemächlichen Tempo waren das zwanzig Kilometer. Ob sie die dreißig angreifen sollte? Wie viele Menschen auf der Erde liefen regelmäßig dreißig Kilometer? Die marsianische Propaganda sprach davon, dass die Hälfte der Einwohner auf der Erde nicht einmal einen Job hatte. Sie waren von den Zuwendungen der Regierung abhängig und gaben ihr bisschen Geld für Drogen und in Stimulanzhallen aus. Na gut, einige von ihnen konnten sicher dreißig Kilometer weit laufen. Snoopy und die anderen Marinesoldaten von der Erde hätten sicherlich diese Distanz laufen können, denn sie waren ja auch sehr schnell weggelaufen, als …
    »Alles, was du kannst, das kann ich viel besser«, sang sie und konzentrierte sich ausschließlich auf das Tappen der Füße auf dem Metalldeck.
    Den Kadett, der hinter ihr den Hangar betrat, sah sie zunächst nicht. Als er sie rief, stolperte sie über die eigenen Füße und fing sich mit der linken Hand ab, ehe sie sich am Deck den Kopf aufschlug. Ihr Handgelenk knackte verdächtig, und das rechte Knie prallte schmerzhaft auf den Boden, obwohl sie den Aufprall mit einer Rolle abfing.
    Sie blieb ein paar Augenblicke auf dem Rücken liegen und bewegte probeweise das Handgelenk und das Knie, um herauszufinden, ob sie ernstlich verletzt war. Beide Körperteile taten weh, aber es knirschte nicht. Also war nichts gebrochen. Kaum aus dem Krankenhaus entlassen und schon wieder bereit, sich demolieren zu lassen. Der Kadett lief zu ihr und hockte sich neben ihr hin.
    »Jesus, Gunny, da haben Sie sich aber hingelegt«, sagte der Bursche. »Was für ein Sturz!«
    Er berührte ihr rechtes Knie, wo sich unterhalb der kurzen Jogginghose bereits eine Prellung abzeichnete, dann zuckte er zurück, weil er ganz unbewusst eine Grenze überschritten hatte.
    »Sergeant Draper, Sie werden um vierzehn fünfzig zu einer Besprechung im Konferenzraum G gebeten.« Er quietschte beinahe, als er seine Botschaft herunterratterte. »Warum haben Sie denn Ihr Terminal nicht dabei? Wir hatten Mühe, Sie zu finden.«
    Bobbie stand auf und belastete prüfend das Knie.
    »Mein Junge, diese Frage haben Sie sich soeben selbst beantwortet.«
    Bobbie traf fünf Minuten zu früh im Konferenzraum ein. Die rote und kakifarbene Uniform war frisch gebügelt und wurde nur durch die weiße Schiene am Handgelenk verunstaltet, die ihr der Sanitäter wegen der kleinen Verstauchung verordnet hatte. Ein Marinesoldat in voller Kampfmontur, der mit einem Sturmgewehr bewaffnet war, öffnete ihr die Tür und lächelte, als sie vorbeiging. Es war ein freundliches Lächeln, bei dem er sogar die Zähne entblößte. Seine Mandelaugen waren dunkel, fast schwarz.
    Bobbie erwiderte das Lächeln und warf einen Blick auf sein Namensschild.

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