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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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vielleicht ein bisschen neben der Spur sind?«
    Bobbie ließ den Schraubenschlüssel fallen, fing ihn jedoch mit der anderen Hand wieder auf, ehe er auf dem Boden landete.
    »Ist das ein offizieller Besuch? Denn wenn es das nicht ist, dann können Sie mich mal am …«
    »Ich? Ich bin kein Fachidiot«, entgegnete Martens. »Ich bin ein Marinesoldat. Nach zehn Dienstjahren als normaler Soldat durfte ich studieren und habe jetzt Abschlüsse in Psychologie und Theologie.«
    Bobbies Nasenspitze juckte. Ohne nachzudenken, kratzte sie sich. Als sie das Waffenöl roch, erkannte sie, dass sie sich gerade das Gesicht eingerieben hatte. Martens sah es, unterbrach sich aber nicht. Sie versuchte, ihn zum Schweigen zu bringen, indem sie so lautstark wie möglich die Waffe zusammenbaute.
    »Ich habe eine Kampfausbildung überstanden, Häuserkampf gelernt und Kriegsspiele absolviert«, fuhr er etwas lauter fort. »Wussten Sie, dass ich gerade in der Ausbildung war, als Ihr Vater zum Sergeant befördert wurde? Sergeant Major Draper ist ein guter Mann. Für uns Rekruten war er ein Gott.«
    Bobbie riss den Kopf hoch und kniff die Augen zusammen. Irgendwie kam es ihr schmutzig vor, dass dieser Gehirnklempner so tat, als hätte er ihren Vater gekannt.
    »Es ist wahr. Und wenn er jetzt hier wäre, würde er Ihnen sagen, dass Sie mir zuhören sollen.«
    »Sie können mich mal.« Dabei stellte sie sich vor, wie ihr Vater zusammenzuckte, weil sie so ausfallend wurde, um ihre Angst zu verbergen. »Sie wissen einen Scheißdreck über meinen Vater.«
    »Ich weiß nur eins: Wenn ein Gunnery Sergeant mit Ihrer Ausbildung und Kampferfahrung von einem Kadetten überrascht wird, der noch feucht hinter den Ohren ist, dann stimmt was nicht.«
    Bobbie warf den Schraubenschlüssel auf den Boden und kippte dabei das Waffenöl um, das sich wie ein Blutfleck auf der Matte ausbreitete.
    »Ich bin gestürzt, verdammt! Wir haben mit einem vollen G beschleunigt, und ich bin … einfach hingefallen.«
    »Und heute bei der Sitzung? Als Sie die beiden zivilen Abwehranalytiker angebrüllt haben, weil Marinesoldaten lieber sterben als versagen?«
    »Ich habe nicht gebrüllt.« Sie war keineswegs sicher, ob das zutraf. Ihre Erinnerungen an die Sitzung hatten sich verflüchtigt, kaum dass sie den Raum verlassen hatte.
    »Wie oft haben Sie die Waffe abgefeuert, seit Sie sie gestern gereinigt haben?«
    »Was?« Ihr wurde schwindlig, den Grund wusste sie nicht.
    »Da wir gerade dabei sind, wie oft haben Sie die Waffe seit dem Tag davor abgefeuert? Oder vor jenem Tag?«
    »Hören Sie auf.« Bobbie wedelte schwach mit einer Hand und suchte sich einen Platz, um sich wieder zu setzen.
    »Haben Sie die Waffe überhaupt schon einmal abgefeuert, seit Sie an Bord der Dae-Jung gekommen sind? Ich weiß, dass Sie die Waffe jeden Tag, den Sie an Bord waren, gereinigt haben, und an manchen Tagen sogar zweimal.«
    »Nein, ich …« Bobbie ließ sich auf eine Munitionskiste plumpsen. Daran, dass sie die Waffe auch am Vortag gereinigt hatte, konnte sie sich nicht erinnern. »Das war mir gar nicht richtig bewusst.«
    »Das ist ein posttraumatisches Stresssyndrom, Bobbie. Es ist keine Schwäche oder so, kein moralisch verwerfliches Versagen. So etwas passiert einfach, wenn man etwas Schreckliches erlebt. Im Moment sind Sie nicht fähig, das zu verarbeiten, was Ihnen und Ihren Leuten auf Ganymed passiert ist, und deshalb handeln Sie irrational.« Martens kam herüber und hockte sich vor sie. Sie fürchtete schon, er werde ihre Hand nehmen. Dann würde sie ihn schlagen.
    Er tat es nicht.
    »Sie schämen sich«, fuhr er fort, »aber es gibt keinen Grund, sich zu schämen. Sie sind darauf trainiert, hart, kompetent und auf alles vorbereitet zu sein. Man hat Sie gelehrt, dass Sie einfach nur Ihren Job tun und sich an Ihre Ausbildung erinnern sollen, und dann könnten Sie mit jeder Bedrohung umgehen. Vor allem hat man Sie gelehrt, dass die wichtigsten Menschen auf der Welt diejenigen sind, die an der Feuerlinie neben Ihnen stehen.«
    Unter dem Auge zuckte etwas in ihrer Wange. Bobbie rieb über die Stelle, bis sie Sternchen sah.
    »Dann sind Sie auf etwas gestoßen, auf das Sie Ihre Ausbildung nicht vorbereiten konnte und gegen das Sie sich nicht verteidigen konnten. Sie haben Ihre Teamgefährten und Freunde verloren.«
    Bobbie wollte antworten und erkannte auf einmal, dass sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. Statt etwas zu sagen, schnaufte sie laut. Martens redete weiter.
    »Wir

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