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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Tunneln von Ganymed, auch hier waren die Wände mit mineralisiertem Reif überzogen. Die Beleuchtung bestand aus altmodischen LED-Kästen, und auf den grauen Wänden waren die Stellen zu erkennen, wo Jahre oder Jahrzehnte vorher während einer Schwankung des Klimas das Eis geschmolzen und wieder gefroren war. Doch als sie die Tür passierten, war es, als verließen sie das Reich der Toten und wechselten in das Land der Lebenden. Die Luft war wärmer, es roch nach lebendigen Körpern, frischer Erde und ganz leicht nach einem phenolhaltigen Desinfektionsmittel. Der weite Raum, den sie vor sich sahen, glich den Gemeinschaftsräumen in einem Dutzend Labors, in denen Prax gearbeitet hatte. Drei metallene Bürotüren in der hinteren Wand waren geschlossen, ein großes Rolltor war geöffnet. Amos und Holden gingen zu den drei geschlossenen Türen, Amos trat sie nacheinander ein. Als die dritte aufflog, rief Holden etwas, doch die Worte gingen in Pistolenschüssen und Amos’ Gegenfeuer unter.
    Zwei Söldner von Pinkwater eilten nach vorn, drückten sich mit den Rücken an die Wand und deckten beide Seiten der Frachtluke. Prax wollte zu ihnen, doch Wendell legte ihm eine Hand auf die Schulter. Der Mann auf der linken Seite blickte rasch um die Ecke und zog den Kopf sofort wieder zurück. Das Geschoss, das ihn verfehlt hatte, riss eine Furche in die Wand.
    »Was gibt es?«, fragte Holden. Zuerst dachte Prax, Holden meinte ihn. Die Augen des Kapitäns waren hart, die finstere Miene schien wie eingeätzt. Dann sagte Naomi etwas, worauf er lächelte, und er wirkte nur noch müde und traurig. »In Ordnung. Der Lageplan ist unvollständig. Dort drüben ist ein offener Bereich. Der Boden fällt etwa zwei Meter ab, Ausgänge auf zehn Uhr und ein Uhr. Der Raum ist wie eine Grube angelegt. Falls sie sich dort verschanzen, stehen wir höher.«
    »Das wäre ein verdammt dummer Ort, um eine Verteidigungslinie einzurichten«, meinte Wendell.
    Schüsse knallten, und im Rolltor der Frachtluke platzten drei Löcher auf. Die Leute auf der anderen Seite wurden nervös.
    »Und doch spricht der Anschein dafür …«, überlegte Holden.
    »Wollen Sie mit ihnen reden, Käpt’n?«, fragte Amos. »Oder tun wir das Offensichtliche?«
    Die Frage hatte offenbar eine Bedeutung, die Prax entging, so viel war ihm klar. Holden wollte antworten, zögerte und nickte in die Richtung der Frachtluke. »Lasst es uns erledigen.«
    Holden und Amos bewegten sich im Laufschritt zum Zugang, Prax und Wendell folgten ihnen. Drüben rief jemand Befehle. Prax hörte etwas wie unsere Fracht und evakuieren . Das Herz blieb ihm fast stehen. Evakuieren. Hier durfte niemand hinaus, solange sie Mei noch nicht gefunden hatten.
    »Ich habe sieben gezählt«, berichtete ein Pinkwater-Söldner. »Könnten auch mehr sein.«
    »Kinder?«, fragte Amos.
    »Ich habe keine gesehen.«
    »Wir sollten uns vergewissern.« Amos beugte sich vor und spähte durch die Luke. Prax hielt den Atem an, weil er damit rechnete, dass der Kopf des Mannes in einem Kugelhagel zerplatzte, doch Amos hatte sich schon wieder in Sicherheit gebracht, als die ersten Schüsse fielen.
    »Wie sieht es aus?«, fragte Holden.
    »Mehr als sieben«, erklärte Amos. »Das hier ist eine Engstelle, aber der Mann hat recht. Entweder sie wissen nicht, was sie tun, oder da drin ist etwas, das sie nicht ohne Deckung lassen wollen.«
    »Also Amateure in Panik oder etwas Wichtiges, das sie unbedingt verteidigen wollen«, überlegte Holden.
    Etwas Metallisches in der Größe einer Faust rollte scheppernd durch das Tor. Amos hob die Granate lässig auf und warf sie durch die Tür zurück. Die Explosion erhellte den Raum, der Knall war schlimmer als alles, was Prax bisher gehört hatte. Das Scheppern in den Ohren wurde wieder lauter.
    »Vielleicht beides zugleich«, rief Amos gelassen aus weiter Ferne herüber.
    Nebenan ging etwas entzwei. Menschen kreischten. Prax malte sich aus, wie Techniker, die den Toten im letzten Raum ähnelten, durch die Splitter ihrer eigenen Handgranate zerfetzt wurden. Ein Pinkwater-Söldner beugte sich vor und spähte in die Dunstwolken. Dann knallte ein Sturmgewehr, und er zog sich zurück und hielt sich den Bauch. Zwischen seinen Fingern quoll das Blut hindurch. Wendell drängte sich an Prax vorbei und kniete neben dem getroffenen Soldaten nieder.
    »Tut mir leid, Sir«, stöhnte der Mann von Pinkwater. »Bin unvorsichtig geworden. Lassen Sie mich hier, dann decke ich Ihnen den Rücken, solange ich

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