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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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sie erreichte, sagte Prax mit lauter, bebender Stimme: »Keine Bewegung!«
    Holden stürmte hinüber und hielt sich rechts, während Amos die linke Seite übernahm. Prax stand ein paar Schritte hinter der Tür und hielt die große schwarze Handfeuerwaffe in der bleichen, zitternden Hand. Dieser Raum ähnelte jenem, den sie gerade verlassen hatten, nur dass hier eine kleine Gruppe von Menschen anwesend war. Außerdem waren sie bewaffnet. Holden sah sich sofort nach einer geeigneten Deckung um. Ein halbes Dutzend große graue Packkisten mit wissenschaftlichen Geräten, die unterschiedlich weit zerlegt waren, standen im Raum herum. Jemand hatte sein Handterminal auf eine Werkbank gestellt und ließ es plärrende Tanzmusik abspielen. Auf einer Kiste standen mehrere offene Pizzaschachteln, deren Inhalt größtenteils bereits vertilgt war. Einige Stücke hatten die Leute noch in den Händen. Eilig versuchte er, sie zu zählen. Vier, acht, genau ein Dutzend. Alle hatten die Augen weit aufgerissen, sahen sich um und überlegten, was zu tun sei.
    Holden kam es so vor, als packten die Leute für eine Art Umzug und hätten gerade eine kleine Pause eingelegt. Nur dass die Menschen in diesem Raum mit Pistolenhalftern ausgerüstet waren und im benachbarten Raum eine verwesende Kinderleiche zurückgelassen hatten.
    »Niemand bewegt sich!«, wiederholte Prax etwas energischer.
    »Sie sollten auf ihn hören«, ergänzte Holden, während er mit dem Lauf seines Sturmgewehrs einen Halbkreis beschrieb. Um ihren Standpunkt zu verdeutlichen, näherte Amos sich einem Arbeiter und drosch ihm den Kolben seines Automatikgewehrs in die Rippen. Der Kerl ging wie ein nasser Sack zu Boden. Hinter ihnen trampelten die Leute von Pinkwater herein und nahmen ihre Positionen ein.
    »Wendell«, sagte Holden, ohne den Lauf zu senken, »entwaffnen Sie bitte diese Leute.«
    »Nein«, widersprach eine Frau mit strengem Gesicht, die ein Stück Pizza in der Hand hatte. »Das glaube ich nicht.«
    »Wie bitte?«, fragte Holden.
    »Nein«, wiederholte die Frau und biss von ihrer Pizza ab. Mit vollem Mund erklärte sie: »Sie sind nur sieben. Allein in diesem Raum sind wir zwölf. Außer uns sind noch viel mehr in der Nähe, die beim ersten Schuss herbeigerannt kommen. Nein, Sie werden uns nicht entwaffnen.«
    Sie schenkte Holden ein überhebliches Lächeln und biss noch einmal in die Pizza. Holden roch das Aroma von Käse und Peperoni, das den auf Ganymed allgegenwärtigen Geruch von Eis und den Gestank seines eigenen Schweißes überdeckte. Sein Magen knurrte erbost. Prax zielte auf die Frau, doch seine Hand zitterte jetzt so stark, dass sie sich vermutlich nicht besonders bedroht fühlte.
    Amos warf ihm einen raschen Blick zu: Was jetzt, Boss?
    In Holdens Kopf verwandelte sich der Raum mit einem fast vernehmlichen Klicken in eine taktische Karte. Die elf potenziellen Feinde, die noch standen, bildeten drei Gruppen. Keiner von ihnen trug eine sichtbare Panzerung. Amos konnte mit ziemlicher Sicherheit die vier Leute ganz links im Raum mit einer einzigen Garbe seines Automatikgewehrs ausschalten. Holden war recht sicher, dass er die drei direkt vor ihm erledigen konnte. Damit blieben noch vier für die Leute von Pinkwater. Prax zählte er vorsichtshalber nicht mit.
    Er zog eventuelle Ausfälle in Betracht und stellte sein Sturmgewehr fast reflexartig auf Vollautomatik um.
    Das bist du nicht.
    Verdammt.
    »Wir müssen das nicht tun«, sagte er, statt das Feuer zu eröffnen. »Niemand muss hier heute sterben. Wir suchen ein kleines Mädchen. Helfen Sie uns, sie zu finden, und es wird nichts weiter passieren.«
    Die Überheblichkeit und Tollkühnheit der Frau war nur eine Maske, wie Holden genau erkannte. Dahinter wog sie ab, wie viele ihrer Mitarbeiter sterben würden, und machte sich Sorgen, ob sie wirklich gewinnen konnte, wenn sie es darauf ankommen ließ. Holden ermunterte sie mit einem Lächeln und einem Nicken, die richtige Entscheidung zu treffen. Sprich mit mir. Wir sind doch alle vernünftige Leute.
    Nur dass dies auf einen von ihnen nicht zutraf.
    »Wo ist Mei?«, rief Prax und stocherte mit der Waffe in der Luft herum, als wollte er die Frau durchbohren. »Sagen Sie mir, wo Mei ist!«
    »Ich …«, setzte sie an, doch Prax schrie: »Wo ist mein kleines Mädchen?« Er spannte die Waffe.
    Wie in Zeitlupe sah Holden elf Hände zu den Halftern greifen.
    Verdammt.

17 Prax
    Im Kino und in den Spielen, aus denen Prax seine Informationen über das Verhalten

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