Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
Vom Netzwerk:
wirklich«, antwortete Draper. Sie wirkte dabei heiter, als gebe es keinen Grund zur Sorge. »Thorsson lässt mich abholen. Ich bin hier fertig, und vielleicht nicht nur hier.«
    »Das war zu erwarten. Sie haben ja getan, was man von Ihnen erwartet hat.«
    Draper blickte auf die ältere Frau hinab. Polynesisches Blut, dachte Avasarala. Vielleicht auch Samoa. Irgendwann hatte die Evolution Menschen hervorgebracht, die so groß wie Gebirge wurden. Die junge Frau kniff die Augen zusammen. Zorn flammte in ihnen auf.
    »Ich habe überhaupt nichts gemacht.«
    »Sie waren dort, und mehr war nicht nötig.«
    »Was soll das?«
    »Die Marsianer wollten mich überzeugen, dass das Monster nicht von ihnen geschaffen wurde. Sie haben ja behauptet, ihre eigenen Soldaten – damit sind Sie gemeint – hätten nichts davon gewusst. Man hat Sie hergebracht, um uns zu zeigen, dass man keine Angst hat, Sie mitzubringen. Mehr war nicht nötig. Es wäre ihnen egal gewesen, wenn Sie sich den Daumen in den Arsch geschoben und den ganzen Tag über die Abseitsregel diskutiert hätten. Sie sind ein Ausstellungsstück.«
    Die Marinesoldatin verdaute es und zog eine Augenbraue hoch.
    »Ich glaube, das gefällt mir nicht«, gestand sie.
    »Tja«, sagte Avasarala. »Thorsson ist ein Wichser, aber wenn Sie nur aus diesem Grund aufhören, mit Politikern zusammenzuarbeiten, haben Sie bald überhaupt keine Freunde mehr.«
    Die junge Frau kicherte, dann lachte sie. Als sie Avasaralas Blick bemerkte, wurde sie wieder ernst.
    »Dieses Wesen, das Ihre Freunde getötet hat«, begann Avasarala, als die Soldatin sie ansah. »Es kam nicht von uns.«
    Draper atmete scharf ein. Es war, als hätte Avasarala eine offene Wunde berührt, was ja im Grunde auch zutraf. Draper biss die Zähne zusammen.
    »Von uns auch nicht.«
    »Schön, dann hätten wir das geklärt.«
    »Es nützt bloß nichts. Diese Typen werden nichts unternehmen. Sie reden ja nicht einmal darüber, weil es ihnen egal ist. Verstehen Sie? Es ist ihnen egal, was passiert ist, solange ihre Karrieren nicht gefährdet sind und das Gleichgewicht der Macht gewahrt bleibt. Ihnen ist völlig gleichgültig, was das Ding war und woher es gekommen ist.«
    In der Bar war es nicht still geworden, aber doch merklich ruhiger. Der Paarungstanz war im Moment nur das zweitwichtigste Ereignis.
    »Mir ist es nicht egal«, wandte Avasarala ein. »Zudem habe ich gerade sehr viel Freiraum bekommen, um herauszufinden, was für ein Ding das war.«
    Das entsprach nicht völlig der Wahrheit. Sie hatte ein großes Budget bekommen, um herauszufinden, ob die Venus beteiligt war oder nicht. Aber das kam dem, was sie wirklich wollte, sehr nahe und bot ihr den richtigen Rahmen.
    »Wirklich?«, fragte Draper. »Was wollen Sie jetzt tun?«
    »Zuerst einmal will ich Sie engagieren. Ich brauche einen Verbindungsoffizier zum marsianischen Militär. Das sollen Sie sein. Können Sie das?«
    Jetzt redete niemand mehr in der Bar. Es war, als hätte sich der Raum schlagartig geleert. Die einzigen Geräusche waren die leise Musik und Drapers Gelächter. Ein älterer Mann, dessen Cologne nach Nelken und Zimt roch, ging vorbei. Das kleine Spektakel hatte ihn angelockt, auch wenn er nicht wusste, was überhaupt los war.
    »Ich bin eine marsianische Marinesoldatin«, erklärte Draper. »Marsianisch. Sie gehören zur UN. Erde. Wir sind nicht einmal die Bürger ein und desselben Planeten. Sie können mich nicht anheuern.«
    »Ich bin Chrisjen Avasarala. Hören Sie sich um.«
    »Ich bin Bobbie«, sagte Draper.
    »Schön, Sie kennenzulernen, Bobbie. Arbeiten Sie für mich.«
    »Kann ich darüber nachdenken?«
    »Gewiss«, sagte Avasarala. Sie schickte Bobbie von ihrem Handterminal aus ihre Privatnummer. »Solange beim Nachdenken herauskommt, dass Sie für mich arbeiten.«
    In ihrer VIP-Unterkunft stellte Avasarala das System auf die Art Musik ein, die Arjun möglicherweise in diesem Moment hörte, falls er nicht schon schlief. Sie widerstand dem Impuls, ihn anzurufen. Es war spät, und sie war gerade betrunken genug, um rührselig zu werden. In ihr Handterminal schluchzen und ihrem Mann versichern, wie sehr sie ihn liebte, war kein Zeitvertreib, den sie sich zur Gewohnheit machen wollte. Sie zog den Sari aus und duschte lange und heiß. Alkohol trank sie nur selten, denn sie mochte es nicht, wie er ihr das Gehirn vernebelte. An diesem Abend fühlte sie sich eher gelöst, und ihr Gehirn war gerade aufgepeppt genug, um gewisse Schlüsse zu

Weitere Kostenlose Bücher