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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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Prätorianer boten Caligula zugleich den Anlaß zu einer sinnfälligen Demonstration seiner eigenen Position. Er inspizierte zusammen mit dem Senat die auf ihn vereidigte Leibgarde beim Exerzieren. Die Soldaten und Offiziere, die dort unter der Führung Macros vor den versammelten Senatoren ihre militärische Tüchtigkeit demonstrierten, waren weitgehend dieselben, die in den Jahren zuvor die kaiserlichen oder Sejanschen Befehle ausgeführt und nicht wenige Aristokraten verhaftet, gefoltert oder enthauptet hatten.
    Ein weiterer symbolträchtiger Akt galt den zu Tode gekommenen nächsten Verwandten. Trotz stürmischer See fuhr Caligula umgehend zu den Inseln, auf denen Mutter und Bruder umgekommen waren, barg eigenhändig deren sterbliche Überreste und brachte sie nach Ostia, dem Hafen Roms, von dort tiberaufwärts in die Stadt. Durch die angesehensten Vertreter des Ritterstandes wurden sodann zur Mittagszeit, als besonders viel Verkehr in Rom herrschte, die Urnen auf zwei Traggestellen, die sonst für Götterbildnisse benutzt wurden, in das Mausoleum des Augustus überführt. Das ganze Zeremoniell wurde inszeniert wie ein nachträglicher Triumph der Familie des Germanicus: Am Heck des Schiffes war eine Feldherrnfahneangebracht. Caligula selbst trug wie ein siegreicher Heerführer beim Triumph die purpurgesäumte Toga und ließ sich von Liktoren begleiten. Das Bild der Mutter Agrippina sollte fortan bei Festzügen auf einem Wagen mitgeführt werden. Der Monat September wurde nach Germanicus benannt, der damit Iulius (Caesar) und Augustus an die Seite trat.
    Die außergewöhnlichen Ehrungen der verstorbenen wurden ergänzt durch solche der lebenden Familienmitglieder. Antonia Minor, seiner Großmutter, wurden durch einen Senatsbeschluß der Titel Augusta und alle weiteren Ehrungen, die seinerzeit der Livia verliehen worden waren, zuteil. Seinen Onkel Claudius, dem bisher keinerlei Aufmerksamkeit zugekommen war, bestimmte er zum Kollegen in seinem ersten Konsulat. Für seine Schwestern Drusilla, Agrippina und Livilla beantragte er, daß in allen öffentlichen Eidesformeln der Satz hinzugefügt wurde: «Und ich werde mich und meine Kinder nicht höher schätzen als Gaius und seine Schwestern.» (Suet.
Cal.
15, 3) Sie bekamen das Vorrecht, im Zirkus den Spielen zusammen mit ihm aus der kaiserlichen Loge zuzuschauen. Schließlich adoptierte Caligula den nur etwa sieben Jahre jüngeren Tiberius Gemellus, verlieh ihm die Toga Virilis und ernannte ihn zum «Fürsten der Jugend», ein Titel, den auch Augustus seinen zur Nachfolge vorgesehenen Enkeln verliehen hatte. Dadurch wurde sein Miterbe und Thronkonkurrent, der durch die Annullierung des Testamentes des Tiberius übergangen worden war, zu seinem Sohn – und damit zum ersten Kandidaten für die Nachfolge des gerade erst neu erhobenen jungen Kaisers.
    Verzicht auf eigene Ehrungen und auf die Zurschaustellung seiner kaiserlichen Stellung waren die nächsten Elemente von Caligulas neuem Kaisertum. Er verhinderte die Aufstellung seiner Statuen im städtischen Raum und unterließ es, Briefe an Senat und Volk zu senden, die unter Tiberius längst Weisungscharakter bekommen hatten und die seiner angekündigten Teilung der Herrschaft widersprochen hätten. Schließlich übernahm er das Konsulat erst mit dreimonatiger Verspätung zum 1. Juli 37. Jenes war, trotz seines politischen Funktionsverlustes, nach wie vor das höchste, Ehre vermittelnde reguläre Amt in Rom und daher auch von Augustus und Tiberius während ihrer Herrschaft mehrere Male ausgeübt worden. Durch denVerzicht auf eine sofortige Übernahme verhinderte Caligula den sonst notwendigen Rücktritt der beiden amtierenden Konsuln. Seine nur etwa zweimonatige Amtsführung ermöglichte den beiden ursprünglich vorgesehenen senatorischen Kandidaten, für den Rest des Jahres das höchste Ehrenamt zu bekleiden.
    Den Antritt des Konsulates nutzte Caligula zu einer programmatischen Rede im Senat, in der er sich nun erstmals explizit von Tiberius absetzte. Er kritisierte alle Taten, die jenem auch seitens der Aristokratie vorgehalten wurden, und machte hinsichtlich seiner eigenen Herrschaftsausübung vielfältige Ankündigungen und Zusagen. Sie kamen den Senatoren so sehr entgegen, «daß», wie Cassius Dio schreibt, «der Senat aus Furcht vor einer Sinnesänderung den Beschluß faßte, daß die Rede jedes Jahr verlesen werden solle.» (Cass. Dio 59, 6, 7) Ansonsten bestand sein kurzes Konsulat weitgehend aus großartigen

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