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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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der als Prätorianerpräfekt die höchste ritterliche Stellung in der römischen Gesellschaft innehatte, und Marcus Iunius Silanus, Caligulas früherer Schwiegervater, der als erster der Senatsliste die höchste Ehrenstellung in der Aristokratie einnahm, hinter dem jungen Kaiser standen. Beide waren schon unter Tiberius in diese Positionen gerückt und gehörten damit zum engsten Machtzirkel, und ihnen hatte Caligula seine glatt verlaufene Thronerhebung zu verdanken. Dio berichtet, daß die Zustimmung des Senats von Macro mit den amtierenden Konsuln und «weiteren», unter denen Silanus aufgrund seiner Stellung nicht gefehlt haben kann, vorweg abgesprochen worden war. In diesem Kreis, so wird man vermuten können, dürfte auch die Gestaltung der Herrschaft des Germanicussohnes besprochen und widerstrebenden Kräften entsprechende Zugeständnisse gemacht worden sein.
    Auch in der Folgezeit sollen Macro und Silanus den jungen Kaiser in seinem Verhalten gesteuert haben. «Macro wußte,» schreibt Philo, «daß er Gaius unzählige Male (sc. auf Capri) kurz vor dem Schritt ins Verderben gerettet hatte, und erteilte daher seine Ratschläge bedenkenlos und freimütig. Denn er wollte wie ein guter Handwerker den ungefährdeten Bestand des eigenen Werkes. Es sollte weder von ihm selbst, noch von einem anderen zerstört werden.» (Phil.
leg.
41) Er gab Caligula Anweisungen für kaisergerechtes Verhalten bei aristokratischen Gastmählern oder bei Theateraufführungen vor demVolk und hielt ihm Vorträge über Regierungskunst: «Des Herrschers ureigener Dienst ist es, gute Maßnahmen für seine Untertanen zu treffen, seine Maßnahmen recht in die Tat umzusetzen und Wohltaten freigebig mit Großmut von Hand und Herz auszustreuen…» (Phil.
leg.
51) Ähnlich Silanus: «Er hörte nicht auf, seine Ermahnungen wie ein Vormund zu machen und überging nichts, was dazu dienen konnte, Gaius’ Charakter, seine Lebensführung und Herrschaft zu bessern und zu fördern. Einen bedeutenden Anlaß, freimütig zu sprechen, sah er in seiner eigenen sehr hohen adligen Abkunft und der aus der Ehe seiner Tochter erwachsenen engen Beziehung zu Gaius. Denn seine Tochter war noch nicht so lange Zeit tot, um seine Rechte aus der angeheirateten Verwandtschaft erlöschen zu lassen.» (Phil.
leg.
63)
    Über Caligulas eigenen Anteil an seinem augusteischen Prinzipat läßt sich wenig ermitteln außer der Tatsache, daß er die ihm zugedachte Rolle perfekt spielte. Die Situation, in der er sich damit befand, war zweifellos besser als vor seiner Thronerhebung, aber weiterhin alles andere als einfach. Er war in Abhängigkeit zweier Drahtzieher, die ihn zwar zum Kaiser gemacht, damit aber zugleich ihre eigene Machtposition gesichert hatten und die kaum bereit waren, diese wieder aufzugeben. Zugleich war er durch die Adoption des Gemellus gezwungen worden, dessen Position als Thronrivale dauerhaft zu sichern und damit den beiden machtvollen Herren hinter dem Thron eine stetige Option offenzuhalten: eine Alternative zu Caligula.
2. Krankheit und Konsolidierung
    Ähnlich wie in anderen vormodernen Monarchien waren Herrscherwechsel auch im antiken Rom häufig mit einem strukturell angelegten, durch Generationsdifferenzen verschärften Konflikt im Zentrum der Macht verbunden. Wie sollte sich das Verhältnis der engsten Umgebung des alten Kaisers, die diesem ihren Aufstieg und ihre Macht zu verdanken hatte, zum neuen Kaiser gestalten, der sie sich ja nicht selbst hatte aussuchen können, von dessen Gunst ihre Stellungzunächst unabhängig war? Eine typische Lösung des Problems bestand darin, daß der junge Herrscher eigene persönliche Vertraute um sich sammelte, daß diese zunächst in Konkurrenz zum alten Kreis traten und ihn dann in einem mit mehr oder weniger starken Verwerfungen ablaufenden Prozeß verdrängten.
    Die neuen engsten Vertrauten des Caligula waren seine Schwestern, mit denen ihn neben der Verwandtschaft auch die lange Zeit der gemeinsamen Bedrohung unter Tiberius verband, sowie einer ihrer Ehemänner. Vor allem von Drusilla wird berichtet, daß Caligula ihr mit außergewöhnlicher Liebe zugetan war. Sie war von Lucius Cassius Longinus, mit dem Tiberius sie verheiratet hatte, geschieden worden und hatte Marcus Aemilius Lepidus, der der gleichen Generation wie die Geschwister angehörte, geheiratet. Dieser, aus einem hochadligen Geschlecht mit Beziehungen zur Kaiserfamilie stammend, war zugleich der engste persönliche Vertraute Caligulas aus dem

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