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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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erscheinen mögen. Schon Caesar hatte sich eine Zeitlang – zusammen mit Kleopatra – in Alexandria aufgehalten. Vor seiner Ermordung kursierten Gerüchte, er wolle Rom verlassen und die Machtmittel des Reiches in Alexandria (oder in Ilion) konzentrieren, die alte Hauptstadt dagegen seinen Vertrauten zur Verwaltung überlassen. Marcus Antonius, der letzte große Rivale des Oktavian im Bürgerkrieg und ebenso wie jener ein Urgroßvater des Caligula, hatte von Alexandria aus die Herrschaft über seinen Teil des Reiches organisiert, und auch von ihm wurden Pläne berichtet, die Stadt dauerhaft zum Herrschaftszentrum zu machen. Schließlich schreiben Plutarch und Cassius Dio, als sich im Jahre 68 sein Sturz abzeichnete, habe der Kaiser Nero nach Ägypten fliehen wollen, um von dort aus seine Position zu sichern.
    Tatsächlich eignete sich Alexandria, die alte Residenzstadt der ptolemäischen Könige, bestens als alternativer Herrschaftssitz. Es gehörte, so Tacitus, zu den
dominationis arcana,
den «geheimen Herrschaftsgrundlagen» des Augustus, daß er sich Ägypten nach dem Bürgerkrieg selbst vorbehielt. Für Senatoren und vornehmere Ritter war es seitdem verboten, das Land ohne besondere Genehmigung zu betreten. Es verfügte über uralte intakte monarchische Herrschaftsstrukturen, in denen der Vertreter des Kaisers die Rolle eines Vizekönigs ausübte. Als Statthalter wurden daher keine Personen senatorischen Ranges, sondern ritterliche Präfekten eingesetzt, die die Machtfülle ihrer Stellung weniger leicht auf Usurpationsgedanken bringen konnte. Ägypten war in jener Zeit die Kornkammer Italiens, das man, wie Tacitus schreibt, von dort aus leicht aushungern konnte. Außerdem war es wegen der geostrategischen Lage möglich, sich dort «mit ganz geringer Besatzung gegen große Heere» zu behaupten. (Tac.
ann.
2, 59, 3)
    Das Wissen um die Sonderstellung Ägyptens war das eine. Das andere waren Erfahrungen, die Caligula in seinem kurzen Leben bereits selbst gemacht hatte. Die ersten sieben Jahre im Gefolge seines Vaters in Germanien und im Orient, seine eigenen Feldzüge in den Norden, sein Aufenthalt in Gallien undam Golf von Baiae – all dies hatte gezeigt, daß ein römischer Kaiser gewissermaßen als mobiles Militär-, Finanz- und Herrschaftszentrum fungieren konnte. Militärische und organisatorische Grundausstattung vorausgesetzt, konnte er, wo immer er sich aufhielt, Steuern einnehmen und Rekruten ausheben, großartige Bauprojekte realisieren und seine Macht demonstrieren, schriftlich mit Städten und Statthaltern im Reich kommunizieren oder Gesandtschaften empfangen. Vor allem aber Tiberius hatte, wie Caligula hautnah erfahren konnte, vorgeführt, daß man auch außerhalb Roms dauerhaft und letztlich unangefochten römischer Kaiser sein konnte. Fast 12 Jahre lang, vom Jahre 26 bis zu seinem Tod, hatte er die Stadt nicht betreten, sondern auf einer kleinen Insel residiert. Wenn das von Capri aus möglich war, warum dann nicht in Alexandria unter erheblich besseren Voraussetzungen?
    Noch ein ganz anderer Vorfall könnte Caligula nahegelegt haben, Rom zu verlassen. Bei der Aufklärung der letzten Verschwörung war es zu einer merkwürdigen Szene gekommen, bei der sich der senatorische Haß auf ihn in einer Weise entlud, die man nicht hatte erwarten können. Als Caligula den Capito, Vater des Verschwörers Betilienus Bassus, zwingen wollte, der Hinrichtung seines Sohnes beizuwohnen, und ihn schließlich mit dem Tod bedrohte, machte dieser eine Aussage, die die herrschende Denunziation und Angst, die der Kaiser bislang ausgenutzt hatte, auf ihn selbst zurückschlagen ließ. Capito «tat so, als habe er den Verschwörern angehört, und versprach, alle übrigen Teilnehmer anzugeben. Er nannte darauf mit Namen die Freunde des Gaius und jene, die seine Zügellosigkeit und Grausamkeit unterstützen.» Das heißt er denunzierte die engere aristokratische Umgebung Caligulas, bei der es sich um die oben genannten Personen gehandelt haben muß, sowie seine nichtaristokratischen Helfer, worunter Personen wie Helikon oder Protogenes gefallen sein dürften. «Und vielen,» so berichtet Cassius Dio, «hätte er den Tod gebracht, wenn er nicht auch die Prätorianerpräfekten und Callistus und Caesonia angezeigt hätte, wodurch er dann Mißtrauen erregte.» (Cass. Dio 59, 25, 7 [Zonaras])
    Die Denunzierten blieben unbehelligt, Capito wurde hingerichtet, aber er erreichte sein Ziel. Caligula begann, Mißtrauengegen seine engste

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