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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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einig, daß der Mord selbst von zwei Tribunen der Prätorianergarde, Cassius Chaerea und CorneliusSabinus, unter Mithilfe von weiteren Zenturionen ausgeführt wurde und daß Callistus sowie die Prätorianerpräfekten eingeweiht waren. Flavius Iosephus, der – auf der Basis einer zeitnahen senatorischen Geschichtsdarstellung – die ausführlichste Schilderung der Ereignisse gibt, nennt neben Cassius Chaerea einen uns ansonsten unbekannten Aemilius Regulus aus Cordoba und Annius Vinicianus als weitere Initiatoren, ohne daß jedoch die beiden letzteren in seiner eigenen Darstellung überhaupt eine (Regulus) oder eine tragende Rolle (Vinicianus) spielen würden. Jahre später hielt man in Rom Valerius Asiaticus für den wichtigsten Anführer der Verschwörer. Dem widersprechen jedoch unverdächtige Schilderungen von dessen Verhalten nach dem Mord, die Iosephus und Dio geben. Iosephus berichtet außerdem, daß weitere Senatoren des engeren kaiserlichen Gefolges von dem bevorstehenden Anschlag wußten, zugleich aber schreibt er, daß die Mörder unter Vorwänden eben jene Personen entfernten, um den Kaiser umbringen zu können, was deutlich gegen deren Mitwisserschaft spricht.
    Zudem gibt er eine Information, deren Bedeutung er selbst nicht weiter nachgeht: Callistus, den er als mächtigsten und allseits gefürchteten Vertrauten des Caligula schildert, sei nicht nur Teilnehmer der Verschwörung gewesen, weil er sich selbst in Lebensgefahr wähnte. Callistus habe sich zudem dem Claudius angeschlossen «in der Hoffnung, daß, wenn Gaius aus dem Weg geräumt sei und Claudius den Thron bestiegen habe, er dann auch bei diesem zu Ansehen und ähnlicher Macht kommen werde, besonders da er ihm schon vorher Gunst und Freundlichkeit erwiesen habe.» (Ios.
ant. lud.
19, 66) Callistus hätte auch behauptet, von Caligula den Befehl zur Vergiftung des Claudius erhalten, dies aber auf verschiedene Weise hintertrieben zu haben. Iosephus hält es – zweifellos zu Recht – für unwahrscheinlich, daß Callistus einen solchen Befehl Caligulas nicht ausgeführt hätte, kommt aber nicht auf den Gedanken, daß Callistus dies gleichwohl Claudius gegenüber behauptet haben könnte.
    Ein Blick auf das, was nach dem Mord passierte, ergänzt diese Hinweise: Claudius wurde von Soldaten der Prätorianergarde aufgespürt, in die Kaserne gebracht und zum Kaiser ausgerufen. Umgehend ernannte er Rufrius Pollio zum neuen Prätorianerpräfekten,wodurch die beiden an der Verschwörung beteiligten Prätorianerpräfekten ihrer Ämter enthoben wurden. Nachdem er tags darauf vom Senat anerkannt worden war, gehörte zu seinen ersten Maßnahmen die Beseitigung der Kaisermörder. Chaerea wurde hingerichtet, Sabinus nahm sich selbst das Leben. Nicht viel später wurden Protogenes und Helikon, also die neben Callistus wichtigsten Zentralfiguren um Caligula, getötet. Und Callistus selbst?
    Er
blieb
Zentralfigur auch unter Claudius. In den Annalen des Tacitus, die im Jahre 47 wieder einsetzen, sowie bei Sueton und Cassius Dio finden wir ihn als mächtigen, die Bittschriften an den Kaiser bearbeitenden Sekretär
a libellis,
der sich zusammen mit zwei weiteren freigelassenen Sekretären, Narcissus und Pallas, die für Briefverkehr und Finanzen zuständig waren, «die Macht teilte» (Cass. Dio 61 [60], 30, 6 b). Tacitus spielt auf Callistus’ Rolle bei der Ermordung Caligulas an und charakterisiert ihn als jemanden, «der schon am vorherigen Herrscherhof Erfahrung gesammelt hatte und wußte, daß man seine Macht eher durch vorsichtige als durch ungestüme Maßnahmen sichert.» (Tac.
ann.
11, 29, 2) Die drei stürzten im Jahre 48 erfolgreich die Kaiserin Messalina und berieten anschließend untereinander über die Nachfolgerin, wobei sich Callistus für Lollia Paulina, die frühere Gattin des Caligula, stark machte. Callistus gelang es nicht, Agrippina, die Schwester Caligulas, als Kaiserin zu verhindern, dafür aber etwas, was ihm nicht viele im Zentrum der Macht jener Zeit (die Kaiserinnen und Kaiser eingeschlossen) nachmachten: Er starb – etwa zehn Jahre nach Caligulas Ermordung – eines natürlichen Todes.
    Zurück zum Januar 41. Nicht tapfere Senatoren beseitigten den verhaßten Kaiser. Sie mußten diese Tat vielmehr der ihnen nicht minder verhaßten rechten Hand Caligulas, einem «tyrannengleichen» ehemaligen Sklaven überlassen. Die Indizien deuten auf folgenden Ereignisverlauf: Callistus nutzte die letzte Handlungsoption, um seinen eigenen Kopf zu retten.

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