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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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Eine Ermordung Caligulas allein reichte nicht aus. Es mußte zusätzlich ein Nachfolger installiert werden, der dann zu Dank verpflichtet war. Und: Man durfte sich an der Mordtat selbst nicht persönlich beteiligen. Kein neuer Kaiser hätte den Mörder seinesVorgängers ungestraft lassen können, ohne seine eigene Sicherheit durch dieses Exempel zu gefährden. Die beiden Prätorianerpräfekten müssen dieser Option zugestimmt haben, obwohl sie für sie noch gefährlicher war. Schon die Duldung des Mordes bedeutete für sie den Bruch ihres Eides, das Leben des Kaisers zu schützen, und machte sie damit für einen Nachfolger in ihrer Funktion untragbar. Welches ihre genaue Rolle war, ob sie die Gefahr eines Thronwechsels für ihre eigene Stellung nicht erkannten oder ob sie ihnen geringer schien als das, was sie von Caligula befürchteten, läßt sich nicht mehr klären. Möglicherweise spekulierten sie auf das, was später tatsächlich eintrat. Sie wurden ihrer Posten enthoben, blieben aber aufgrund ihrer Mitwirkung an der Erhebung des neuen Kaisers unbehelligt.
    Die Auswahl eines Thronfolgers fiel nicht schwer. Der Bruder des Germanicus und Onkel des Caligula war aufgrund seines dynastischen Hintergrundes der naheliegende, zudem harmlos wirkende Kandidat. Man mußte nur noch jemanden finden, der nicht allzu klug oder so motiviert war, daß er sich auf etwas einließ, was in jedem Falle – beim Gelingen wie beim Scheitern – seinen sicheren Tod bedeuten mußte.
    Der Prätorianertribun Cassius Chaerea wird bei Iosephus als eine Art altrömischer Freiheitsheld stilisiert, der bereit war, ja es kaum erwarten konnte, das Gemeinwesen unter Einsatz seines Lebens von dem Tyrannen zu befreien. Dio schreibt dagegen, er sei sehr altmodisch gewesen und hätte zudem sehr persönliche Motive für den Mord gehabt. Caligula hätte ihn regelmäßig durch Witze lächerlich gemacht, die auf seine Weichlichkeit und Unmännlichkeit anspielten. Wenn Chaerea nach der Parole fragte, hätte er ihm meist Worte wie «Priapus» oder «Venus» genannt. Auch Iosephus gibt noch weitere Hintergründe kund, die den angeblich hehren Motiven des Tribunen deutlich widersprechen: Caligula hatte dem Chaerea die unangenehme und zweifellos unbeliebt machende Aufgabe der Steuererhebung und Eintreibung rückständiger Abgaben übertragen. Als er diese nicht im Sinne des Kaisers erledigte, hielt der ihm Feigheit und Unmännlichkeit vor und begann mit den Witzen. «So wurde Chaerea bald für alle übrigen Tribunen eine Zielscheibe des Spottes. Denn so oft er die Losung vomKaiser vorzuzeigen hatte, freuten sie sich schon im voraus, daß sie wieder etwas zu bespötteln bekamen.» Schließlich pflegte Caligula, «alle Hinrichtungen und Folterungen dem Chaerea zu übertragen, weil er glaubte, dieser werde mit größter Härte verfahren, um den Vorwurf der Weichlichkeit von sich abzuwälzen.» (Ios.
ant. lud.
19, 31; 19, 34)
    Chaerea war also Caligulas Mann fürs Grobe. Der Kaiser nutzte die persönlichen Schwächen des Offiziers aus und instrumentalisierte ihn zu eigenen Zwecken. Chaerea geriet nun noch aus einer weiteren Richtung unter Druck. Als er nach der Anzeige gegen Pomponius die Quintilia so brutal gefoltert hatte, daß selbst der Kaiser vom Mitleid überwältigt wurde, «bedrückte ihn dies schwer, denn er hatte so großes Leid über eine Person gebracht, die selbst ein Gaius zu trösten sich herabgelassen hatte.» (Ios.
ant. lud.
19, 37) Durch den Versuch, seine Männlichkeit beim Foltern einer Frau unter Beweis zu stellen, hatte er sich somit als jemand erwiesen, der grausamer war als der Kaiser und der sich nicht mehr darauf herausreden konnte, nur kaiserliche Befehle auszuführen. Diese seine Lage, die für die Zukunft nichts Gutes verheißen konnte, soll Chaerea dazu gebracht haben, mit dem Prätorianerpräfekten Clemens und einem weiteren Tribun namens Papinius ein offenes Gespräch über die Ermordung des Kaisers zu wagen. Neben uneigennützigem Freiheitspathos nannte er den beiden noch weitere Gründe, die für den Mord sprachen: «… wir beflecken uns täglich mit dem Blute derer, die wir töten oder foltern, bis wir auf sein (Caligulas) Geheiß von anderen in gleicher Weise behandelt werden. Denn er weiß uns für unsere Dienste ja keinen besonderen Dank, sondern verfolgt uns mit Argwohn und Haß. Und wenn auch noch so viele Menschen hingeschlachtet werden, seine Wut wird sich deshalb doch niemals legen… Diese Wut wird auch uns treffen,

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