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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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uns, deren Pflicht es ist, für die allgemeine Sicherheit und Freiheit zu sorgen…» (Ios.
ant. lud
. 19, 42f.)
    Der römische Autor, dem hier Iosephus folgt, wird kaum ein Redemanuskript des Chaerea zur Verfügung gehabt haben, und bei den «täglichen Opfern» Caligulas übertreibt er, wie oben zu sehen war, maßlos. Seine Einschätzung der Situation erscheint jedoch als realitätsnah, gerade weil sie seiner positivenZeichnung der Verschworenen deutlich widerspricht: Angst hatte nun auch die Prätorianeroffiziere erfaßt. Die Funktionäre der Gewalt, zuständig für Folter und Hinrichtungen, allen voran der in seiner Männlichkeit gekränkte Chaerea, begannen, den Kaiser, dessen Befehle sie ausgeführt hatten, zu fürchten und um ihr eigenes Schicksal zu bangen. Damit waren alle Voraussetzungen gegeben. Aber entschieden war offensichtlich noch nichts.
    Cassius Chaerea konnte es kaum erwarten. Da er sich in der unmittelbaren Umgebung Caligulas aufhielt, sah er viele Gelegenheiten, den Kaiser umzubringen. Man hielt ihn jedoch mit fadenscheinigen Gründen hin. Der Präfekt Clemens sagte ihm, man müsse abwarten und auf glückliche Umstände hoffen. Chaerea befürchtete sogar Verrat seitens des Präfekten und zog Cornelius Sabinus ins Vertrauen. Der wollte mitmachen und bestärkte ihn in seinem Vorhaben. Trotzdem passierte nichts, alles zog sich in die Länge. Chaerea war verärgert, machte den anderen Vorwürfe und meinte, man könne den günstigsten Augenblick verpassen. Obwohl er täglich die Gelegenheit hatte zuzuschlagen, tat er, was man ihm sagte, und hielt sich zurück. Er war und blieb jemand, der Befehle anderer ausführte. Schließlich hieß es, die für den 21. bis 24. Januar zu Ehren des Augustus vorgesehenen Theateraufführungen auf dem Palatin seien eine günstige Gelegenheit. Wenn der Kaiser das dort zu diesem Zweck aufgebaute Theater betrete, könne man ihn leicht überfallen.
    Was hatte dies nun zu bedeuten? Tausende, darunter die vornehmsten Senatoren nebst Frauen und Kindern, aber natürlich auch Mitglieder der Prätorianergarde und der germanischen Leibwache würden sich dort versammeln. Ein Kaisermord vor dieser Kulisse mußte unkalkulierbare Gefahren für die Anwesenden bedeuten, was sich ja dann auch zeigen sollte. Die überschaubare Situation eines Gastmahls zum Beispiel wäre viel besser geeignet gewesen. Oder auch Chaereas Vorschlag, Caligula vom Dach des Palastgebäudes zu stürzen, während er Geld unter das Volk warf. Alles deutet darauf hin, daß der für sein zurückhaltendes Taktieren bekannte Callistus und die Präfekten noch keine endgültige Entscheidung getroffen hatten oder daß die Vorbereitungen für einen reibungslosenThronwechsel noch nicht abgeschlossen waren. Aber die Zeit wurde langsam knapp. Für den 25. Januar war die Abreise des Kaisers nach Alexandria angesetzt. Noch drei weitere Tage wurden Chaerea und Sabinus hingehalten. Für den 24. Januar gab man ihnen grünes Licht.
    Der Theaterbau scheint sich auf der Area Palatina, der abschüssigen Fläche vom Palatin zum Forum, befunden zu haben. Er hatte einen Ausgang zur Stadt, einen weiteren zum Palast. Nachdem das Publikum eingelassen war und alle im Gedränge ihre Plätze gefunden hatten, führte Caligula zu Ehren des Augustus ein Tieropfer durch. Anschließend nahm er, umgeben von den hochrangigsten Senatoren seines Gefolges, seinen Platz ein und ließ kostbare Leckerbissen unter die Zuschauer werfen. Auf dem Programm standen ein Pantomimenspiel, bei dem ein Räuberhauptmann ans Kreuz geschlagen wurde, sowie die Tragödie von Cinyras und Myrrha. Bei beiden Stücken floß viel künstliches Blut auf der Bühne. Gegen 13 Uhr war sich Caligula unschlüssig, ob er – da es der letzte Tag der Spiele war – bis zum Ende bleiben oder, wie üblich, zum Bad und zum Essen gehen und dann später zurückkommen sollte.
    Chaerea, der mit den anderen verschworenen Offizieren im Palast bereitstand, konnte die Zeit des Wartens kaum ertragen. Er hatte schon beschlossen, ins Theater zu gehen, den Kaiser auf seinem Sitz niederzumachen und damit ein sicheres Blutbad unter den anwesenden Senatoren und Rittern in Kauf zu nehmen, als plötzlich gemeldet wurde, Caligula betrete mit seinem Gefolge das Gebäude. Ihm voraus gingen Claudius, Marcus Vinicius und Valerius Asiaticus. Dann kam er selbst mit Paullus Arruntius. Unter dem Vorwand, der Kaiser wünsche Ruhe, hielten die Verschwörer das übrige Gefolge zurück. Während Claudius und die

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