Caligula - Eine Biographie
beiden anderen durch einen Hauptgang, in dem das kaiserliche Dienstpersonal bereitstand, weitergingen, bog Caligula selbst, jetzt umgeben von Chaerea und Sabinus, in einen schmalen Seitengang ab. Sie gingen zu einem Raum, wo sich griechische Knaben – Kinder vornehmer Eltern, die eine Aufführung ihm zu Ehren vorbereiteten – versammelt hatten.
Verschiedene Versionen des Mordes werden berichtet. Sueton bietet zwei: Während der Kaiser mit den Knaben redete,habe Chaerea mit dem Schwert von hinten mit voller Kraft zugeschlagen und ihn am Hals getroffen. Dann habe Sabinus ihm von vorn die Brust durchbohrt. Die andere Version lautet: Sabinus habe Caligula nach der Losung gefragt, Chaerea ihn von hinten angesprochen und ihm, als er sich umdrehte, die Kinnlade zerspalten. Als der Kaiser am Boden lag, sich vor Schmerzen krümmte und laut schrie, er lebe noch, seien alle übrigen Verschworenen auf ihn losgegangen und hätten ihn mit 30 Schlägen getötet. Bei Iosephus kommt der Freiheitsheld Chaerea etwas günstiger weg: Nicht von hinten, sondern von vorne sei er auf den Kaiser losgegangen und hätte ihm eine tiefe, aber nicht tödliche Wunde beigebracht. Das Schwert sei zwischen Hals und Schulter eingedrungen und vom Schlüsselbein aufgehalten worden. Caligula habe weder geschrien, noch um Hilfe gerufen, nur tief aufgestöhnt und zu fliehen versucht. Sabinus habe sich ihm entgegengeworfen und ihn zu Boden gedrückt. Dann seien alle anderen mit den Schwertern auf ihn losgegangen. Laut Seneca schaffte es Chaerea sogar, den Kaiser mit einem Schlag zu enthaupten. Trotzdem seien noch viele Schwerter von allen Seiten auf den Leichnam eingedrungen.
Unmittelbar nach dem Mord schickte Chaerea den Tribunen Lupus los, um auch Caesonia und Drusilla, die kleine Tochter des Kaisers, umzubringen. Die Kaiserin habe mutig den Todesstoß entgegengenommen. Das Kind sei gegen die Wand geschmettert worden. Chaerea und Sabinus selbst flohen aus Angst vor dem, was folgte, ins Innere des Palastkomplexes, von dort aus auf anderen Wegen in die Stadt.
Caligula war tot, aber seine Macht währte noch ein paar Stunden. Als erstes kamen seine Sänftenträger, dann Mitglieder der Germanentruppe angelaufen. Sie ergriffen einige der Mörder und töteten sie auf der Stelle. Auch drei Senatoren, die sich in der Nähe aufhielten und ihnen in die Hände fielen, wurden kurzerhand umgebracht. Auf der Suche nach den übrigen Mördern durchstreiften die germanischen Leibwächter und einfache Soldaten der Prätorianergarde die Gänge und Räume des Palastes. Im Theater entstand ungläubiges Entsetzen, als sich die Nachricht verbreitete. Verschiedene Gerüchte machten die Runde: Der Kaiser sei verwundet, aber nicht tot, sondern werdeärztlich behandelt. Er sei trotz seiner Wunden blutüberströmt aufs Forum gegangen und rede dort zum Volk. Er sei gar nicht tot, sondern habe nur die Nachricht verbreiten lassen, um zu testen, wer darauf wie reagiere. Die Senatoren, die auf die Richtigkeit der Todesnachricht hofften, waren wie gelähmt. Aber auch von den anderen wagte niemand, seinen Platz zu verlassen, aus Angst, dies könne falsch gedeutet werden. Schließlich umzingelten germanische Leibwächter, die noch hofften, daß der Kaiser lebe, mit gezückten Schwertern das Theater. Sie legten die abgeschlagenen Köpfe der drei getöteten Senatoren für alle sichtbar auf den Opferaltar. Nun ergriff Todesangst die Anwesenden. Man bestürmte die Soldaten und versicherte ihnen kniefällig, nichts von einem Anschlag, falls der denn tatsächlich passiert sei, gewußt zu haben. Man solle sie schonen und die Urheber des Aufruhrs suchen lassen. «So kam es,» kommentiert Iosephus, «daß auch denjenigen, die alle Ursache hatten, Gaius zu hassen, die Freude über seinen Tod gründlich verdorben wurde, weil sie jetzt selbst in Lebensgefahr schwebten und nirgends ihnen ein Rettungsschimmer leuchtete.» (Ios.
ant. lud.
19, 144)
Das drohende Blutbad wurde durch einen stadtbekannten reichen Auktionator namens Arruntius Euaristus verhindert. Er betrat – auf wessen Initiative wird nicht berichtet – in Trauerkleidung das Theater und verkündete mit lauter Stimme den Tod Caligulas. Das brach den Aufruhr der Germanen, denen nunmehr der Kaiser fehlte, den sie verteidigen wollten. In großem Gedränge verließen alle das Theater.
Jetzt war Rom ohne Kaiser. Die Situation schien offen. Doch das stellte sich schnell als Irrtum heraus. Caligula gehörte zwar der Vergangenheit an, aber die
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