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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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Waschküche des Hauses gewesen. Es war ein eingeschossiger Anbau mit Steinfußboden. Ein großer Kupferboiler hing an einer Außenwand, daneben stand ein Koksofen mit einem Abzug aus Asbest, der die Wand hinauf und durch ein riesiges, roh in die Decke gehauenes Loch, durch das man den Himmel sehen konnte, nach draußen führte. Eine große Wäschemangel mit einem Rahmen aus Holz und Eisen und eine steinerne Spüle bildeten, soweit ich sehen konnte, den Rest der Einrichtung. Der Raum schien leer und verlassen und roch stark nach Katze und Urin. Es war sehr dunkel, denn die Fenster waren so schwarz vor Dreck, dass kein Licht hindurchdrang. Das meiste Licht kam tatsächlich durch das Loch in der Decke.
    Als sich meine Augen an die Düsternis gewöhnt hatten, erkannte ich allmählich mehr: etliche Untertassen mit Milch und Essensresten, die auf dem Boden standen, einen kleinen hölzernen Stuhl und einen Tisch, auf dem eine Blechtasse und eine Teekanne standen, einen Nachttopf, einen Holzschrank ohne Türen. Es gab kein Bett und keine Anzeichen von Beleuchtung, Gasversorgung oder Elektrizität.
    In der Ecke, die am weitesten von dem Loch in der Decke entfernt war, stand ein heruntergekommener Sessel, in dem still und wachsam, mit angstvollem Blick eine alte Frau saß. Sie verkroch sich, so weit sie konnte, in den Sessel und zog ihren Mantel eng um sich. Um den Kopf hatte sie sich einen Wollschal gewickelt, der ihr Gesicht halb verdeckte. Nur ihre Augen waren zu sehen und bohrten sich in meine, als sich unsere Blicke begegneten.
    »Mrs Jenkins, der Doktor hat uns erzählt, dass es Ihnen nicht gut geht und dass Sie zu Hause gepflegt werden müssen. Ich bin die Bezirkskrankenschwester. Kann ich Sie mir bitte einmal ansehen?«
    Sie zog ihren Mantel bis zum Kinn hoch und starrte mich stumm an.
    »Der Doktor sagt, dass Ihr Herz ein bisschen flattert. Darf ich bitte mal Ihren Puls fühlen?«
    Ich streckte meine Hand aus, um ihr am Handgelenk den Puls zu fühlen, aber sie zog ihren Arm mit einem ängstlichen Japsen weg.
    Ich wusste nicht weiter und fühlte mich ein wenig hilflos. Ich wollte sie nicht erschrecken, aber ich hatte auch eine Aufgabe zu erledigen. Ich ging hinüber zu dem kalten Ofen, um im Licht, das durch die Decke fiel, einen Blick in ihre Akte zu werfen. Es hatte Anzeichen auf eine leichte Angina Pectoris gegeben, als die Patientin auf der Straße vor ihrem Haus gestürzt war; ein nicht näher benannter Anwohner hatte sie zurück in ihr Zimmer getragen, einen Arzt gerufen und ihn hineingelassen. Die Frau hatte offenbar Schmerzen gehabt, die sich jedoch anscheinend schnell gelegt hatten. Der Arzt war aufgrund ihrer starken Gegenwehr außerstande gewesen, die Patientin zu untersuchen, doch da ihr Puls einigermaßen stabil gewesen war und ihre Atmung sich rasch gebessert hatte, hatte der Arzt täglich zwei Besuche einer Pflegekraft angeordnet, um den Zustand der Patientin zu beobachten, und vorgeschlagen, dass sich das Sozialamt um eine Verbesserung der Wohnsituation der Frau kümmern solle. Im Falle eines weiteren Anfalls war ihr Amylnitrit verschrieben und Ruhe, Wärme und gute Ernährung empfohlen worden.
    Ich versuchte erneut Mrs Jenkins’ Puls zu fühlen, doch mit dem gleichen Ergebnis. Ich fragte sie, ob sie noch Schmerzen habe, erhielt aber keine Antwort. Ich fragte, ob es ihr gut gehe, wieder ohne eine Antwort. Mir wurde klar, dass ich nicht weiterkam und Schwester Evangelina Bericht erstatten musste, die für die Krankenpflege im Bezirk zuständig war.
    Ich war nicht erpicht darauf, Schwester Evangelina von meinem völligen Versagen zu berichten, denn sie hielt mich wohl immer noch für ein wenig dumm. Sie nannte mich »Tagträumer« und sprach mit mir, als müsse man mich noch bei den grundlegendsten Arbeitsschritten der Krankenpflege anleiten, obwohl sie wusste, dass ich mit meiner Ausbildung schon fünf Jahre Erfahrung in der Pflege hatte. Das machte mich natürlich nervös und so ließ ich öfter Dinge fallen oder verschüttete etwas und dann nannte sie mich »Schussel«, was alles nur noch schlimmer machte. Wir hatten zu meiner Erleichterung nicht oft gemeinsam Dienst im Bezirk, aber wenn ich ihr, wie jetzt, berichten musste, dass ich mit einem Patienten nicht zurechtkam, dann hatte ich sie unvermeidlich bei meinem nächsten Besuch als Begleitung.
    Ihre Reaktion war vorauszusehen gewesen. Sie hörte sich meinen Bericht in bedrückender Stille an und schaute hin und wieder unter ihren dichten grauen

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