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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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schaute mich nur stumm an und stiefelte hinauf, um dem Hausbesitzer Ehrfurcht vor Gott beizubringen.
    Sie schlug mehrere Male kräftig gegen die Tür. Sie öffnete sich einen Spalt breit und ich hörte: »Was du willst?«
    Sie forderte ihn auf herauszukommen, um mit ihr zu reden.
    »Geh du weg.«
    »Das werde ich nicht. Wenn ich hier weggehe, dann nur, um die Polizei auf Sie anzusetzen. Jetzt kommen Sie heraus und reden Sie mit mir.«
    Ich hörte Wörter wie »Schande«, »Strafverfolgung«, »Gefängnis« und wie jammernd Armut und Unwissenheit vorgeschoben wurden, doch im Ergebnis wurde das Loch im Dach mit einer stabilen, durch Ziegelsteine beschwerten Plane abgedichtet. Mrs Jenkins freute sich und grinste und kicherte gemeinsam mit Schwester Evie, während sie bei einer starken, süßen Tasse Tee und einem Stück von Mrs B.s hausgemachtem Kuchen beisammensaßen, von dem Schwester Evie nun jedes Mal mitbrachte, wenn sie Mrs Jenkins besuchte.
    Es mag unzureichend erscheinen, ein Loch im Dach mit einer Plane zu reparieren, aber es gab keine Hoffnung auf etwas Solideres oder Dauerhafteres. Das Haus war bereits zum Abriss bestimmt, und dass es überhaupt noch bewohnt war, lag an der akuten Wohnungsknappheit aufgrund der Bombardements Londons im Krieg. Die Menschen waren froh, überhaupt irgendeine Wohnung gefunden zu haben.
    Der Koksofen war noch zu gebrauchen, aber völlig verrußt, und Fred vom Nonnatus House, der König der Heizer, kam, um ihn zu reinigen und zu warten. Schwester Evangelina war entschlossen, dass Mrs Jenkins in ihrer Wohnung bleiben sollte.
    »Wenn die Leute vom Sozialamt zu entscheiden hätten, würden sie sie schon morgen in ein Altenheim stecken. Davon will ich gar nichts wissen. Es würde sie umbringen.«
    Als wir Mrs Jenkins zum ersten Mal untersuchten, machte ihr Herz einen guten Eindruck. Angina ist unter älteren Menschen nichts Ungewöhnliches, mit einem geregelten Tagesablauf, Wärme und Ruhe kann man sie unter Kontrolle bekommen. Ihre größten Probleme waren eine chronische Fehlernährung und ihre geistige Verfassung. Sie war eindeutig eine sehr seltsame alte Dame, aber war sie wirklich verrückt? Würde sie sich selbst oder anderen Schaden zufügen? Wir fragten uns, ob sie einen Psychiater brauchte, aber das konnten wir nicht entscheiden, ohne sie einige Wochen lang zu beobachten.
    Weitere Probleme waren Schmutz, Flöhe und Läuse. Ich erhielt die Aufgabe, Mrs Jenkins gründlich zu reinigen.
    Eine Blechwanne wurde vom Nonnatus House hergebracht und ich machte Wasser auf dem Koksofen heiß. Mrs Jenkins war die Sache noch suspekt, doch ich musste nur erwähnen, Schwester Evangelina wünsche, dass sie bade, und schon entspannte sie sich und kaute kichernd auf ihren Lippen.
    »Sie is ne ganz Liebe. Sag ich auch immer zu meiner Rosie. Wir ham immer viel Spaß zusammen, Rosie un ich.«
    Es war echte Überzeugungsarbeit, sie dazu zu bringen, sich auszuziehen, denn sie hatte große Bedenken. Unter dem alten Mantel trug sie einen groben Wollrock und einen Pullover, aber weder Unterhemd noch Höschen. Ihr zerbrechlicher, zarter Körper war mitleiderregend. Es war kein Gramm Fleisch an ihr und alle Knochen standen kantig hervor. Ihre Haut hing lose herunter, man konnte ihre Rippen zählen. Der Ekel, den sie zuvor in mir hervorgerufen hatte, verwandelte sich in Mitgefühl, als ich ihren abgemagerten Körper sah.
    Doch Mitgefühl ist etwas anderes als ein Schock. Ein echter Schock erwartete mich, als ich ihre Stiefel auszog. Schon vorher waren mir ihre riesigen Männerstiefel aufgefallen und ich wunderte mich, warum sie sie trug. Ich hatte einige Schwierigkeiten, die verklebten Knoten zu öffnen, als ich sie aufschnürte. Sie trug keine Strümpfe und der erste Stiefel rührte sich nicht. Er schien an ihrer Haut festzukleben. Vorsichtig schob ich einen Finger an der Seite hinein, sie zuckte wimmernd zusammen. »Lass es bleiben. Lass es.«
    »Ich muss sie Ihnen ausziehen, bevor ich Sie ins Bad setze.«
    »Lass es«, winselte sie, »meine Rosie macht das schon – Stück für Stück.«
    »Aber Rosie ist nicht da, um uns zu helfen. Wenn Sie mich machen lassen, kann ich sie ausziehen. Schwester Evangelina sagt, dass wir Ihre Stiefel ausbekommen müssen, bevor Sie baden können.«
    Es versprach eine langwierige Sache zu werden und so wickelte ich sie in eine Decke und kniete mich auf den Boden. Etwas Haut klebte tatsächlich am Leder und riss ab, als ich den Stiefel vorsichtig hin und her bewegte. Gott

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