Callboys - Die Schönen der Nacht
meinen Kaffee.
Sie nickte und hätte vielleicht noch mehr gesagt, doch das Zimmer schien durch das Eintreten der beiden Männer plötzlich viel kleiner zu werden. In der Tür schlug Sam mit der flachen Hand auf Dans Hinterkopf, und ohne jedes Zögern drehte Dan sich um und boxte Sam so heftig gegen den Arm, dass es ein lautes, dumpfes Geräusch gab. Die beiden wirkten wie zwei sich balgende Welpen, die um die Position des Alphatiers rangelten.
Ich sah Elle an, die ihren Ehemann anstarrte, als hätte sie ihn noch nie in ihrem Leben gesehen. „Das ist mein Dan“, murmelte sie und schaute kurz zur Decke.
Dan straffte sich, strich sich das Haar nach hinten, das Sam durcheinandergebracht hatte, und beugte Elle nach hinten, um sie zu küssen. Ihr Protest klang nicht besonders energisch. Sam, der offensichtlich der Meinung war, dass sein Bruder eine gute Idee gehabt hatte, kam zu mir und gab mir einen warmen, nach Bier schmeckenden Kuss. Er drückte mich ein paar Sekunden zu lange nach hinten, als dass es noch bequem gewesen wäre, und kam fast ins Stolpern, als er mich wieder nach oben zog.
„Flößt ihm Kaffee ein“, schlug Dan vor, während er sich beim Anblick der Torte voller Vorfreude die Hände rieb. „Seht zu, dass er wieder nüchtern wird.“
Ich betrachtete Sam, der sich Kaffee eingoss und ein dickes Stück von der Torte abschnitt. Obwohl er einige Flaschen Bier getrunken hatte, hatte ich nicht geglaubt, dass er betrunken war. Als er den Kopf hob und meinen Blick bemerkte, lächelte er mich an.
„Hört nicht auf meinen Bruder. Der ist doch schon nach einem Glas betrunken.“ Mit der Gabel schob Sam sich ein großes Stück Torte zwischen die Lippen.
Dan und Elle tauschten Blicke, deren Bedeutung ich nicht verstand. Sam bemerkte es nicht oder ignorierte die beiden absichtlich, aber ich hatte es gesehen und fühlte mich unbehaglich genug, um zu bemerken: „Es ist schon spät, Sam.“
Er sah nicht einmal auf die Uhr, nickte nur und stellte seinen Teller ins Spülbecken. Dann schmatzte er Elle einen lauten Kuss auf die Wange, boxte seinen Bruder gegen den Arm und wandte sich mir zu. „Ich bin bereit.“
Ich bedankte mich für das Essen und bot an, noch beim Aufräumen der Küche zu helfen, doch Dan winkte ab. „Nein, du hast recht, es ist schon spät. Geht nur. Es war nett, dich kennenzulernen, Grace. Hoffentlich sehen wir uns bald mal wieder.“
Ich erwiderte die freundlichen Bemerkungen, doch innerhalb weniger Minuten hatten wir das Haus verlassen und eilten den Fußweg entlang. Erst als wir vor dem Auto standen, hielt ich Sam auf. „Ich fahre.“
Er hatte gerade die Beifahrertür aufschließen wollen und hielt mit den Schlüsseln in der Hand inne. Dann richtete er sich wieder auf. „Lass dich von dem, was mein Bruder sagt, nicht beeinflussen.“
„Ich habe nur ein Glas Wein getrunken. Du hattest ein paar Bier. Es hat keinen Sinn, ein Risiko einzugehen. Es gibt hier Polizeikontrollen, und ich glaube nicht, dass du gerne an den Straßenrand gewinkt werden möchtest.“
Ich beobachtete, wie sich eine ganze Reihe verschiedenster Gefühle in seinem Gesicht spiegelten. Er war kein Fremder mehr für mich, aber ich konnte seine Miene nicht deuten. Ohne weiteren Protest gab er jedoch mir die Schlüssel, und ich war froh darüber. Es gab Männer, die in dieser Situation aggressiv wurden.
Nicht so Sam. Sam sang auf dem ganzen Heimweg, laut und ohne die Töne zu verfehlen. Sam öffnete das Fenster und hielt sein Gesicht in den Fahrtwind. Sam erzählte schmutzige Witze, die mich zum Lachen brachten, obwohl ich entrüstet tat.
Als ich auf den Parkplatz hinter dem Beerdigungsinstitut fuhr und Sams Wagen neben Betty parkte, hatte er sich ein wenig beruhigt. Der Wind hatte seine Haare zerzaust, doch das in alle Richtungen abstehende Haar stand ihm gut.
„Nimmst du mich noch mit hoch?“
Ich zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und gab ihn ihm. „Was denkst du?“
„Ich denke, ja.“ Ein winziges Lächeln zog seine Mundwinkel nach oben.
Ich hatte ein breites Grinsen erwartet. Nachdem wir monatelang umeinander herumgeschlichen waren, hatte ich, ehrlich gesagt, erwartet, wir würden es nicht einmal bis ins Haus schaffen. Und plötzlich war ich genauso nervös, wie Sam aussah.
Ohne weitere Lieder und Witze folgte er mir ins Haus und die Treppe hinauf. Ich fummelte mit meinem Schlüssel im Schloss herum, und er wartete geduldig, bis ich schließlich die Tür aufbekam. Drinnen stand er mit den Händen
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