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Callboys - Die Schönen der Nacht

Callboys - Die Schönen der Nacht

Titel: Callboys - Die Schönen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Hart
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zurück in den Balsamierungsraum, wo wir noch aufräumen mussten.
    „Was gibt es da nachzudenken?“
    Als mein Dad die Firma übernommen hatte, hatte es viel weniger Vorschriften gegeben. Nun mussten wir bestimmte Regeln beachten, was Körperflüssigkeiten und Gewebeüberreste anging, oder wir riskierten eine Überprüfung durch das Gesundheitsamt. Dann gab es eine genaue Untersuchung, und wenn wir uns nicht an die Vorschriften gehalten hatten, konnten wir mit einem Bußgeld belegt werden. Die gesetzlichen Hygienevorschriften gehörten zu den wenigen Dingen, mit denen Jared sich nicht auskannte.
    Er half mir, die Laken von der Bahre zu nehmen, und warf sie dann in den Wäschekorb mit dem roten Rand. „Ich bitte dich! Du wirst jeden Tag mit dem Tod konfrontiert. Du kannst mir nicht erzählen, dass du dich nicht fragst, was wirklich dahintersteckt. Strahlend helles Licht, die Himmelspforte, die lodernden Flammen der Hölle. Und du denkst wirklich niemals an solche Dinge?“
    „Was denkst du denn darüber?“, wollte ich von ihm wissen, während ich ein Paar Latexhandschuhe anzog, die auch meine Handgelenke bedeckten, und den vollen Wäschewagen zur Tür schob, die nach draußen führte. „Glaubst du an Himmel und Hölle?“
    „Ich denke schon“, erklärte Jared und folgte mir.
    „Siehst du? Du bist dir auch nicht sicher!“
    „Wenigstens denke ich darüber nach!“
    Mit vereinten Kräften zerrten wir den schweren Wagen in die Waschküche. Dieser Teil des Kellers war nicht ausgebaut. Die Wände und der Fußboden bestanden aus Beton. Nackte Glühbirnen hingen von unbehandelten Deckenbalken. Es gab zwar wenigstens keine Spinnweben, aber es handelte sich dennoch um den einzigen „gruseligen“ Raum im ganzen Haus.
    „Ich glaube nicht, dass wir nach unserem Tod irgendwohin gehen, okay? Ist es das, was du hören möchtest? Das ist keine gern gehörte Meinung, Jared. Nicht in unserem Gewerbe.“
    Er half mir, die schmutzigen Leintücher in die große Industriewaschmaschine zu stopfen. „Also denkst du doch darüber nach.“
    „Ich nehme an.“ Ich fügte das spezielle Waschpulver hinzu, das gesetzlich zum Waschen der Wäsche vorgeschrieben war, die mit Körperflüssigkeiten in Berührung gekommen war, und drehte den Knopf für die Programmwahl. Die Maschine grunzte. Jared und ich wandten gleichzeitig den Kopf und starrten sie an.
    „Hat die Waschmaschine gerade … geredet?“, erkundigte sich Jared irritiert.
    Nichts weiter geschah. Ich drehte den Knopf in die richtige Position. Wieder starrten wir die Maschine an.
    „Wie alt ist das Ding eigentlich?“, erkundigte sich Jared, während wir zur Tür gingen.
    „Wahrscheinlich so alt wie ich.“
    Hinter uns grunzte die Maschine noch einmal, dann fingen die üblichen ächzenden Drehgeräusche an, während das Wasser einlief. Jared nahm mir den Wäschewagen ab, obwohl er in leerem Zustand leichter war, und ich hielt ihm die Türen auf. Aus der Halle waren die leisen Töne des Songs zu hören, der gerade im Balsamierungsraum lief.
    „So alt?“ Jared schenkte mir ein charmantes Lächeln, das ich mit einer unanständigen Geste beantwortete.
    „Wie nett. So damenhaft“, lästerte Jared.
    Ich lachte. „So bin ich eben. Eine echte Prinzessin.“
    „Die sich in nichts auflösen wird, wenn sie stirbt.“ Jared schob den Wäschekorb zurück an seinen Platz und half mir, alle Oberflächen, die wir benutzt hatten, einzusprühen und abzuwischen.
    „Warum beunruhigt dich das so sehr?“, wollte ich von ihm wissen.
    „Ich bin nicht beunruhigt, wirklich nicht.“ Jared zuckte die Achseln. „Ich finde es nur interessant.“
    Aus der Waschküche tönte ein unmissverständliches Brummen. Wir sahen beide in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Ich fand es lustig, dass Jared sich automatisch hinter meinen Rücken stellte. Da er größer und breiter war als ich, verstand ich nicht recht, welchen Schutz er sich von mir erhoffte.
    „Was war das?“ Er klang wie jemand, der in der Hoffnung fragt, eine beruhigende Antwort zu bekommen.
    „Ich weiß nicht. Lass uns …“
    Ein weiteres Brummen, auf das ein Heulen und ein Krachen folgten. Und dann kam das Rauschen von Wasser.
    Wir rannten. Schon wenige Schritte hinter der Tür des Balsamierungszimmers strömten uns die Fluten entgegen. In großen Wellen floss das Schmutzwasser unter der Tür der Waschküche hindurch. Und es sah nicht so aus, als hätte es die Absicht, demnächst aufzuhören.
    Jared und ich wateten hindurch. Das

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