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Callgirl

Callgirl

Titel: Callgirl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Angell
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großartig. Jetzt kam er mir auch noch auf die gönnerhafte Tour. Ich überlegte, ob ich einfach auflegen sollte, und hätte es auch fast getan, aber wir waren schon so lange befreundet …

    »Ich dachte, du wärst der einzige Mann, der nicht …«, ich suchte nach den richtigen Worten. Wenn ich wütend bin, lässt meine Redegewandtheit zu wünschen übrig, »in Klischees denkt. Ich dachte, du würdest erkennen, dass das, was ich tue, einen gewissen Stil hat, weil ich Stil habe. Dass ich es nie tun würde, wenn ich es nicht mit meiner Selbstachtung vereinbaren könnte. Wir haben dieses Gespräch schon unzählige Male geführt, Seth. Vor allem nach der Sache mit Peter. Weißt du noch? Damals habe ich mir geschworen, dass ich mich nie wieder so fertig machen lasse, dass ich mich nie wieder so erbärmlich fühlen wollte.«
    »Okay. Okay, du hast ja Recht. Was ich gesagt hab, war völlig daneben.« Ich hatte keine Ahnung, warum er nachgab, aber ich würde dem geschenkten Gaul nicht ins Maul schauen. »Du hast Recht, Kleines, okay? Ich habe nicht darüber nachgedacht, sondern bin automatisch vom Klischee ausgegangen. Aber ich bin ein Produkt der Kultur, die diese Klischees hervorbringt. Also klär mich auf, aber bring mich nicht um. Ich habe einfach reagiert wie ein Kerl, wie die meisten Kerle nun mal reagieren. Du bist wie eine Schwester für mich, das weißt du doch.«
    »Ich bin keine Nutte.« Ich hörte selbst, dass ich bockig klang, wie ein schmollendes Kind. Gut, dass er so weit weg war. Ich konnte es auf die schlechte Verbindung schieben, auf Verzerrungen im Äther oder was immer es war, das unsere Stimmen transportierte.
    »Natürlich bist du das nicht. Du benutzt den Ausdruck ›Callgirl‹? Okay. Dann werd ich das auch tun. Es klingt besser. Hör zu, Jen, ich habe es nicht böse gemeint …« Ich ließ ihn noch eine Weile zu Kreuze kriechen, aber ich musste mich bei Peach melden, um nähere Informationen über den Kunden vom MIT einzuholen. Seth hatte sich genug gewunden, und ich ließ ihn nicht länger zappeln. Wer weiß, vielleicht hatte er ja wirklich so viel Verständnis, wie er behauptete.

    Doch das Gespräch ging mir später am Abend wieder im Kopf herum, als ich ausgestreckt auf dem Schreibtisch des Professors lag und die Fische im Aquarium beobachtete, während er mich von hinten nahm. (Das war im Grunde eine Vorstellung, die ich ziemlich geil fand: Du hast am nächsten Tag ein langweiliges Treffen mit einem Studenten und denkst insgeheim daran, wie du gestern Nacht genau auf diesem Tisch Sex gehabt hast. Das konnte ich gut nachvollziehen. Wie ich später noch herausfinden sollte, dachten viele meiner Kunden in diese Richtung und vögelten mich gern an Orten, die dadurch später sexuelle Assoziationen weckten – ob auf dem Konferenztisch im Vorstandszimmer, dem Rednerpult im Vorlesungssaal oder dem Untersuchungstisch in der Arztpraxis. Ich fragte mich, ob sie am nächsten Tag noch im Ohr hatten, wie meine Lustschreie von den Wänden widerhallten.)
    Seths Worte störten die guten Gefühle, die durch die Begeisterung des Professors in mir ausgelöst wurden. Dazu muss ich sagen, dass manche Männer wirklich ganz aus dem Häuschen geraten: Sie reagieren so hocherfreut auf dich und auf das, was du tust, dass ihre Begeisterung etwas Ansteckendes hat. Dieser Typ war wie ein kleiner Junge unterm Weihnachtsbaum, stieß Freudenschreie über meine Brüste aus, war entzückt, wenn ich ihn berührte, und lachte verschmitzt, als er seinen Schreibtisch frei räumte. In seinen Orgasmen kam eine so reine, ungetrübte Begeisterung zum Ausdruck, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Spielt es eine Rolle, ob diese Freude durch ein Callgirl ausgelöst wurde? Nein, zum Teufel: Man hat so selten im Leben Grund zu echter Begeisterung, dass man jede Gelegenheit beim Schopfe packen und die Freude genießen und auskosten sollte. Bei dem Professor war diese Begeisterung durch eine Frau ausgelöst worden. Es war völlig gleichgültig, wer diese Frau war, wichtig war nur, dass sie diese Empfindungen weckte.
    Aber an diesem Abend spukte Seth in meinem Kopf herum.
Das Problem war, dass er für mich nie ein sexuelles Wesen gewesen war, und jetzt hatte er, um seine eigenen Worte zu gebrauchen, reagiert »wie ein Kerl«. Was wohl sein gutes Recht war. Schließlich war er ja ein Kerl … Außer dass ich ihn nie wirklich als sexuell wahrgenommen hatte … für mich war er einfach Seth. Sex kam in dieser Wahrnehmung nicht vor. Als ich in

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