Callgirl
fairen Preis für meine Dienstleistungen und habe niemanden übers Ohr gehauen oder übervorteilt. Einige der Frauen bei Peach versuchten, den Mann so schnell wie möglich zum Höhepunkt zu bringen, und gingen dann gleich darauf. Ich blieb immer die volle Stunde, wenn der Kunde es wünschte. Immer. Um meine eigene Würde zu wahren, war es auch wichtig, dass ich die des Kunden nicht verletzte.
Woher kommt also diese verrückte Vorstellung, dass ich, nur weil ich als Prostituierte arbeite, 24 Stunden am Tag für jeden mit der entsprechenden Ausstattung und Bedürfnislage zur Verfügung stehe – und zwar lieber umsonst als gar nicht? Nur weil ich es berufsmäßig betreibe, treibe ich es leidenschaftlich gern und am liebsten ununterbrochen? Glaubt ihr wirklich, dass wir alle Nymphomaninnen sind, die gar nicht genug kriegen können? Ihr habt zu viele Pornos gesehen, Jungs.
Anders ausgedrückt: Kennen Sie viele Psychotherapeuten, die in ihrer Freizeit überall herumfragen, ob jemand eine kostenlose Analyse möchte? Oder Chemielehrer, die auf Dinnerpartys ständig versuchen, den Leuten das Periodensystem einzupauken? Oder einen Web-Designer, der sich erbietet, Ihnen am Samstagabend
ganz umsonst einige umwerfende Internet-Sites zu entwerfen, weil er so gern am Computer sitzt?
Ist die Botschaft kapiert? Sonst kann ich es nur noch in großen Lettern an den Himmel malen.
Es ist ein Job. Es ist ein Job . Die meisten von uns können den Feierabend kaum erwarten und denken erst wieder an die Arbeit, wenn sie es unbedingt müssen.
Es ist ein Job. Wir wissen, dass ihr euch in euren Fantasien eine Frau vorstellt, die nicht genug von euch kriegen kann, und wir erfüllen euch diesen Traum, aber bitte akzeptiert einfach und seid dankbar, dass wir es als Dienstleistung tun wollen. Wir knabbern euch am Ohr und flüstern euch zu, dass all unsere sexuellen Fantasien morgen um euch kreisen werden. Wir schreien vor Lust, wenn wir mitten im vorgespielten Orgasmus stecken, und versichern euch stöhnend, dass wir nichts anderes wollen, als euch zu gefallen, und wir schwören, dass es noch nie so gut war, noch nie in unserem ganzen Leben … und das alles bedeutet nichts anderes, als dass wir gut in unserem Job sind.
Ich habe einmal für ein Software-Unternehmen gearbeitet. Die Informatiker dort, davon war ich fest überzeugt, interessierten sich für nichts anderes als für das Datenbankprogramm, an dem sie arbeiteten. Sie kamen früh in die Firma, sie gingen spät nach Hause. Wenn sie in der Cafeteria saßen, diskutierten sie über Systemarchitektur. Sie machten Witze über Froschaugen in Chipland.
Aber wissen Sie was? Das alles bedeutete nur, dass sie ihren Job gut machten. Denn letzten Endes wussten sie, dass es nur eine Datenbank war, eine Datenbank, die Versicherungspolicen speicherte und verwaltete. Und wenn diese Informatiker nach Hause gingen, dachten sie an ihre Familien, ihre privaten Ziele, an kleine Freuden, an das Buch, das sie gerade lasen, oder den Kinofilm, den sie gern sehen wollten. Sie dachten nicht ans Programmieren oder an Datenbanken oder Konfigurationen. Sie verwechselten ihren Job nicht mit ihrem Leben.
Glauben Sie mir, es ist im Grunde dieselbe Geschichte: Versuchen Sie einmal, mich genauso zu sehen wie diese Software-Spezialisten. Genau wie diesen Computerfreaks hat mir mein Job vielleicht Spaß gemacht, aber ich habe die Rolle, die ich dort spielte, nie mit dem wahren Leben verwechselt.
Nie.
Kapitel 8
Ich hatte angenommen, dass man das Seminar über Prostitution als Wahlkurs im Sommersemester anbieten würde, aber sobald ich den Themenvorschlag beim zuständigen Gremium eingereicht hatte, setzten sie alle Hebel in Bewegung, um den Kurs noch im Nachtrag zum Herbstprogramm unterzubringen. Ich weiß immer noch nicht, warum. Vielleicht war jemand der Ansicht, dass zu wenig feministisch orientierte Kurse im Herbstsemester angeboten wurden; vielleicht brauchten sie einfach etwas Peppiges für die freie Stunde zwischen Allgemeine Weltgeschichte und Elemente der Logik . Oder vielleicht waren sie auch nur geschäftstüchtig und rechneten sich aus, dass ein Kurs mit Geilheitsfaktor eine Menge Studenten, Spender und Aufmerksamkeit anziehen würde. Was immer die Gründe gewesen sein mögen, der Kurs sollte stattfinden, und ich musste mich darauf vorbereiten, um ihn leiten zu können.
Also vertiefte ich mich in das Thema Prostitution. Man könnte sagen, dass ich sowohl theoretische als auch praktische Studien betrieb.
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