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Callgirl

Callgirl

Titel: Callgirl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Angell
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sich gegen ihn verschworen, um zu verhindern, dass er die Gehaltserhöhungen und Beförderungen erhielt, die ihm
rechtmäßig zustanden. Die Tatsache, dass er ein wehleidiges Wiesel war und, wie er selbst zugab, seine eigene Mutter verkaufen würde, wenn der Preis stimmte, hatte damit natürlich nichts zu tun. Aber für mich spielte das keine Rolle. Ich gab an den entsprechenden Stellen in seinem Monolog pflichtschuldig einige mitfühlende oder zustimmende Laute von mir und überlegte dabei, was ich noch einkaufen musste oder ob es schon wieder an der Zeit war, die Katzenstreu zu wechseln.
    Dann küsste er mich, leidenschaftlich und ein wenig unbeholfen, und wir taten so, als könnten wir es plötzlich keine Sekunde länger aushalten und rissen uns gegenseitig im verdunkelten Wohnzimmer die Kleider vom Leib. Wir schliefen auf dem Teppich miteinander, und unser Gespräch erschöpfte sich darin, dass er »Hast du eins?«, grunzte und ich ihm das Kondom gab. Er bemühte sich, so lange er konnte, kam dann kurz darauf, rollte von mir herunter und strebte unter die Dusche. Vorzeitige Ejakulation mag bei einem Ehemann oder festen Freund frustrierend sein, aber ich kann Ihnen versichern, dass Callgirls überhaupt nicht traurig darüber sind.
    Das andere Extrem (und das erleben wir leider auch häufig) ist eine elende Plackerei.
    Ich zog mich an, und als er zurückkam, stand ich mit meinem Glas Wein auf dem Balkon. »Schöner Ausblick, was?«, fragte er. »Der ganze Abend war wunderschön«, versicherte ich ihm. Dann sagte er: »Wenn du ausgetrunken hast …«, und ich erwiderte: »Oh, ich sollte jetzt wirklich nichts mehr trinken …« Daraufhin bezahlte er mich, und ich ging nach Hause. Alles in allem 35 Minuten. Darauf konnte man sich verlassen. Ja, Mark gehörte zu den Guten.
    »Du weißt, dass ich einen Fahrer brauche?«, fragte ich Peach am Sonntag.
    »Klar, kein Problem. Ich schick dir Ben vorbei. Sag mir noch mal deine Adresse.«

    Ich gab ihr die Anschrift, und sie meinte: »Okay, ich sag ihm, er soll dich anrufen, wenn er vor deinem Haus ist.«
    »Ja, gut, und Peach, denk dran: Mark braucht keine volle Stunde.«
    »Kein Problem. Sag Ben einfach, wann er dich wieder abholen soll. Er kriegt 35.«
    Ich rechnete blitzschnell nach. Mark bezahlte mir 180 Dollar für den Besuch. »Peach, das heißt, dass für mich nur 85 Dollar übrig bleiben.«
    »Oh.« Ich konnte förmlich hören, wie es in ihrem Kopf arbeitete. »Na gut, ruf doch einfach Mark an und sag ihm, dass du einen Fahrer brauchst, und er noch mal 25 drauflegen muss.«
    Nein, Peach. Das ist dein Job. Du kriegst 60 Dollar Anteil pro Kunde, ganz gleich was ich mache, damit ich diese Art von Verhandlungen nicht führen muss.
    Viele – wenn nicht alle – Begleitagenturen in Boston rechnen sozusagen pro Event ab. Die Frau erhält einen Grundpreis von, sagen wir, 60 Dollar für ihre Anwesenheit. Dann handelt sie mit dem Klienten den weiteren Verlauf des Abends aus, so ähnlich wie bei einem Menü à la carte. Für einen Blowjob werden 50 Dollar auf den Grundpreis aufgeschlagen, fürs Vögeln 100 Dollar. Dann kommen die exotischeren Optionen, deren Preise sowohl von der Agentur festgesetzt werden (allgemeine Richtlinien) als auch vom Callgirl (je nach Situation). Man geht davon aus, dass der Klient einen Orgasmus bekommt. Wenn er einen zweiten möchte, wird darüber neu verhandelt. Nichts wird dem Zufall überlassen, und es gibt nichts geschenkt.
    Wenn ich für eine dieser Agenturen gearbeitet hätte, wäre ich in der ersten Woche verhungert. Mir kommt es irgendwie obszön vor, mit einem Mann auf stressige und aggressive Manier über Preise zu verhandeln und dann zwei Minuten später die Beine für ihn breit zu machen.
    Das gehörte zu den großen Vorzügen von Peach – sie kümmerte
sich um all solche Sachen. Wenn der Kunde sich beschwerte, konnte ich schnurren: »Ach, Süßer, du weißt doch, wenn es nach mir ginge, würde ich dir die Kosten am liebsten erlassen, aber ich kann da leider gar nichts machen, das musst du mit Peach bereden.« So konnten er und ich wenigstens so tun, als hätten wir ein wenig Respekt voreinander, als säßen wir im selben Boot. Diese Vorstellung macht es leichter.
    Jedenfalls geht es mir so. Es kann natürlich sein, dass es nur eine persönliche Marotte ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Männer überhaupt keine Probleme damit haben, eine Frau zu vögeln, die sie hassen oder auf die sie wütend sind. Manchmal ist ihnen das sogar

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