Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Callgirl

Callgirl

Titel: Callgirl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Angell
Vom Netzwerk:
Unschuld mit dem Ersten Weltkrieg verlor. Sie konnte ja nicht ahnen, was der Welt noch bevorstand.
    Doch zurück in die Gegenwart, die schwer zu ignorieren war. Schon das Atmen erwies sich in gewisser Weise als Problem, obwohl alle Fenster heruntergekurbelt waren. Shalimar und Obsession dufteten auf der Rückbank um die Wette. Sie ergaben keine angenehme Mischung. Ich fing an, mit leiser Wehmut an John und seine Klimaanlage und seine alternative Rockmusik zu denken.
    Bis wir bei meinem Ziel ankamen (»Yo, Tia, Chelsea, wa’?«), waren wir von Brookline zur Newbury Street gefahren, wobei wir noch einen kleinen Umweg gemacht hatten, um die Blonde vom Vordersitz vor einem schmiedeeisernen Tor in Beacon Hill
aussteigen zu lassen. Ben beugte sich immer wieder über irgendetwas, das neben ihm lag, und ich hatte den leisen Verdacht, dass es sich bei dem anschließenden Geschniefe nicht um die Vorboten einer schlimmen Erkältung handelte. Ich blieb einen Moment stehen, nachdem ich ausgestiegen war, und beugte mich durch das offene Seitenfenster zu ihm herein: »Ich bin in 35 Minuten fertig.«
    »Nee, das wird nix, Kleine.« Ich konnte ihn jetzt besser erkennen und wenn ich nicht gerade unter Paranoia und Wahnvorstellungen litt, schnupfte er Kokain aus einer Ausgabe des People -Magazins, das neben ihm auf dem Sitz lag. Die erforderliche Kreditkarte und ein aufgerollter Geldschein lagen weithin sichtbar neben ihm. Die Ungeheuerlichkeit des Anblicks machte mich einen Moment lang sprachlos.
    Der Himmel stehe uns bei, wenn wir in eine Polizeikontrolle kommen. Der Himmel stehe mir bei, wenn wir in eine Polizeikontrolle kommen. Leb wohl, Job. Leb wohl, Zukunft. Ich war echt stinksauer.
    Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf das, was er gerade gesagt hatte: »Was meinst du mit ›das wird nix‹?«, fragte ich scharf.
    Er schniefte. »Muss meinen Terminplan einhalten. Tracy ist zwei Stunden drüben in Brookline, aber Tiffanys Stunde ist fast um, und dann ist Lisa dran … Ich bin in’ner Stunde wieder hier.« Er ließ den Motor aufheulen, um mir zu verdeutlichen, wie sehr die Zeit drängte.
    Ich hielt mich weiterhin an der Tür fest. »Der Kunde will nicht, dass ich eine ganze Stunde bleibe«, sagte ich. »Er ist ein Stammkunde, und ich möchte gern, dass er zufrieden ist.«
    »Mein Gott, dann blas ihm halt noch einen, dann wird er schon zufrieden sein.«
    Wenn er vor mir gestanden hätte, wäre er durch meine spontane, physische Reaktion vorübergehend behindert gewesen.
Wie die Dinge standen, gab es nur eine mögliche Handlungsweise. »Ach so, okay, da hast du wohl Recht«, sagte ich heiter. »Hey, wow , du hast ja ein People- Heft dabei! Das ist stark, dann kann ich ein bisschen lesen, wenn ich auf dich warte.« Bevor er reagieren konnte, schnappte ich mir die Zeitschrift und trat vom offenen Fenster zurück, wobei ich mir mit dem Heft Luft zufächelte und praktisch direkt vor seiner Nase alle Seiten aufschlug. Von mir aus sollte ruhig jede Menge Koks ins Auto und auf die Straße fallen. Manche Leute meinen ja, dass Männer solche Sprüche nicht mehr machen. Ich weiß es besser – die meisten Frauen wissen es besser -, aber in diesem Fall musste ich es wenigstens nicht widerstandslos hinnehmen.
    Ich zahlte natürlich dafür. Ben kam nicht zurück. Versuchen Sie mal, in einer heißen Sommernacht ein Taxi in Chelsea zu finden. Und dann noch als Frau. Das ist nicht besonders lustig, wenn Sie verstehen, was ich meine.
    Peach war fuchsteufelswild. »Ben ist stocksauer auf mich«, schnaubte sie. »Was war los? Glaubst du, Fahrer wachsen an Bäumen?«
    »Nein, du holst sie ja anscheinend aus Jauchegruben.« Ich war mindestens genauso giftig. Es war ein Uhr morgens, mein unkomplizierter Termin hatte sich in einen Horrorfußmarsch durch die halbe Stadt verwandelt, es bestand definitiv keine Chance auf einen zweiten Auftrag, und jetzt wollte sie auf mir herumhacken?
    »Er hat zu dir gesagt, du sollst dem Kerl einen blasen. Na gut, er ist also ein Schwein. Ein bisschen Frauenfeindlichkeit musst du schon vertragen können«, schimpfte Peach. »Bei deinen Kunden kriegst du so was ständig zu hören.«
    »Genau, und deshalb muss ich es mir nicht auch noch von einem Typ sagen lassen, der angeblich für mich arbeitet. Die anderen bezahlen mich dafür. Aber das ist ja noch nicht mal das Schlimmste. Du weißt, dass er Koks in seinem Auto spazieren fährt, weithin sichtbar auf dem Beifahrersitz?«

    Schweigen. Sie hatte es nicht

Weitere Kostenlose Bücher