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Calling Crystal

Calling Crystal

Titel: Calling Crystal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joss Stirling
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galt.
    »Gut, danke. Wir haben Contessa Nicoletta auf dem Weg zur Kirche getroffen. Sie sagte, dass sie sich bald melden würde, um ihr Kostüm in Auftrag zu geben.«
    Signora Carriera strich sich leicht fahrig durchs Haar. »Eijeijei, wie sollen wir das nur schaffen?« Ihre Lippen verzogen sich zu einem leisen Lächeln, als sie daran dachte, was am Ende für sie dabei rausspringen würde. »Aber wir kriegen das schon hin. Möchtest du mit mir zu Abend essen? Ich erwarte ein paar besondere Gäste, also habe ich ein bisschen getrickst und Lasagne aus dem Restaurant gegenüber mitgebracht.«
    Mir gefiel die Vorstellung, jemand anderes zum Redenzu haben als die Katze. »Ja, gerne. Wer kommt denn?«
    »Der Regisseur des Films und seine Kostümbildnerin. Sie haben angerufen, kurz nachdem du weg warst.« Sie schnitt bei einem Unterrock aus Goldlamé einen heraushängenden Faden ab.
    Ich dachte an die letzten paar Kostüme, die ich noch ordentlich vernähen musste. »Aber wir sind doch noch gar nicht fertig!«
    Sie zuckte mit den Achseln, als würde sie ›Was soll man machen?‹ sagen. »Ich weiß, aber sie wollen sich ansehen, was wir bisher zustande gebracht haben. Sie wissen, dass wir erst am Samstag liefern können. Sonntag fangen sie mit dem Drehen an, es bleibt also nicht viel Zeit für Änderungen, falls ihnen irgendwas nicht gefallen sollte.«
    Ich bedauerte bereits, ihre Einladung angenommen zu haben. Falls Änderungen nötig wären, war ja wohl klar, wer das machen dürfte, während sich die Signora weiter um ihre Kundschaft kümmerte.
    »Für mehr habe ich jetzt keine Zeit«, sagte Signora Carriera und legte ihre kleine Schere beiseite. »Warum gehst du nicht nach oben und ziehst dich um – das violette Wickelkleid wäre gut, finde ich.« Die Signora musterte mich mit professionellem Blick. »Ja, das bringt deinen Typ am besten zur Geltung. Dramatisch, so wie deine Erscheinung.«
    Ich stieß ein ersticktes Lachen aus. »Ich habe einen Typ, den ich zur Geltung bringen kann?«
    »Ach hör schon auf, Crystal!«, sagte sie knapp. »Ichweiß nicht, wie du immer darauf kommst, du seist hässlich.«
    Indem ich in den Spiegel schaue, dachte ich.
    »Das ist vollkommen lächerlich! Du zählst zu den Mädchen, die ein Gesicht haben, das Eindruck macht und nicht bloß hübsch ist. Hunderte von Frauen sind hübsch, nur wenige sind überwältigend.«
    Mir klappte die Kinnlade runter. Andererseits, eine Rinderherde konnte auch überwältigend sein.
    Jetzt, da sie mit diesem Thema erst mal begonnen hatte, war Signora Carriera nicht mehr zu bremsen. »Sieh dir doch nur mal die Topmodel-Agenturen an, sie interessieren sich nicht für Mädchen, die die Allgemeinheit als schön bezeichnet; sie wählen Gesichter aus, die im Gedächtnis bleiben, Frauen, die die Kleider tragen und nicht von ihnen getragen werden. Und zu dieser Sorte, bella , gehörst du.«
    Also, wow. Einfach nur wow. Nach den letzten paar beschissenen Wochen fühlte ich mich plötzlich hundert Meter groß – im positiven Sinn. »Danke. Ich geh mich mal umziehen.«
    Und mit dem verheißungsvollen Duft der Lasagne in der Nase nahm ich mir Zeit, mich fürs Abendessen anzukleiden. Immerhin würde ich zwei Gäste kennenlernen, die mit den mondänsten Leuten der Welt verkehrten. Ich wollte weder Venedig noch mich blamieren. Ich betrachtete das Gesicht im Spiegel, als ich Mascara auftrug, versuchte, das zu sehen, was Signora Carriera beschrieben hatte.
    Dramatisch? Hm. Ich sah noch immer so aus wieich, dunkle Brauen, komische Augenfarbe, unbändige Haare. Aber wenn ich einfach vorgab, so hübsch zu sein, wie die Signora behauptete, vielleicht würde ich dann anfangen, die Person zu sein, die sie sah, statt derer, die ich sah? Einen Versuch war es wert. Ich legte eine Halskette an, die ich aus Muranoglasperlen selbst gemacht hatte – in knalligen Farben, aufgefädelt auf Silberdraht –, und ein Paar von Nonnas geerbten Ohrringen. Tada: Ich war fertig. Ich konnte noch immer keine Schönheit erkennen, als ich in den Spiegel blickte, aber ich sah etwas, das im Gedächtnis haften bleiben würde.
    Der Regisseur, James Murphy, stellte sich als ein freundlicher Ire heraus, der zurzeit etwas dünnhäutig war, da die Verantwortung für ein millionenschweres Projekt auf seinen Schultern lag. Er war kein Hüne, wie ich bemerkte, als ich ihm die Hand schüttelte, aber er machte seine mangelnde Größe mit Körperumfang wett. Er trug einen Rolli unter seinem Sakko und Jeans – die

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